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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Chivasso; Chivilcoy; Chiwa

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Chivasso - Chiwa.

fernt, vorfinden und zahlreiche Besucher anziehen. Am interessantesten davon sind: das sogen. Porsennagrab im NO., ein Riesentumulus von 250 m im Umfang (1870 entdeckt); die Tomba della Scimia, mit Darstellungen gymnastischer Spiele; das Deposito del Colle im SO. (im Innern eines Hügels, 1833 entdeckt); das Deposito delle Monache im NW. (1826 entdeckt), mit zwei Sarkophagen und acht alabasternen Aschenkisten, und die Camera della Paccianese, mit gewölbter Travertindecke und acht Urnen. Vgl. Liverani, Le catacombe di C. (Siena 1872).

Chivasso (spr. kiw-, Clevasium), Stadt in der ital. Provinz Turin, am linken Ufer des Po, von welchem hier der Cavourkanal abgeleitet ist, und an der Eisenbahn Turin-Mailand mit Zweigbahn nach Ivrea, hat ein Gymnasium, eine technische Schule, Industrie, Korn- und Viehhandel und (1881) 4375 Einw. C. war eine alte feste Stadt von Montserrat, deren Befestigungen 1804 von den Franzosen geschleift wurden.

Chivilcoy (spr. tschiwilkoi), Stadt der Argentinischen Republik, Provinz Buenos Ayres, 150 km westlich von der Hauptstadt, in ungesunder Gegend, aber mit vier Dampfmühlen, Schafzucht, Maisbau und (1882) 8100 Einw.

Chiwa (Charesm, Choarizm, Chowarezm, "Land der Niederung", auch Urgendsch, s. Karte "Zentralasien"), ein Chanat und jetzt russ. Vasallenstaat in Westturkistan, im S. des Aralsees, zwischen 41 und 43¾° nördl. Br. Die Grenzen bilden östlich der Amu Darja gegen die nach ihm benannte russische Provinz, gegen S. die Sandwüste Karakum, gegen W. das russische transkaspische Gebiet. C. umfaßt ca. 57,800 qkm (1050 QM.) und besteht hauptsächlich aus Sandwüsten; nur im Delta des Amu Darja (Oxus) zieht sich ein auf dem linken Ufer breiterer Streifen bewässerten und fruchtbaren Landes hin. Im ganzen ist höchstens ein Drittel des Areals produktives Land. Landesprodukte sind: Weizen und andres Getreide, Früchte (berühmt sind die Melonen), Flachs, Krapp und viel Baumwolle. Die Viehzucht ist (mit Ausnahme der Schafzucht) unbedeutend, das Rindvieh klein; Kamele und Dromedare werden viele, aber noch immer nicht genug gehalten. Die Bevölkerung, deren Zahl jetzt, nach Abtretung des Amu Darja-Bezirks an Rußland, immerhin noch 700,000 Köpfe beträgt, setzt sich aus nomadisierenden und angesessenen Stämmen zusammen. Zu den erstern gehören: 1) Die Kirgisen (s. d.), die, etwa 10,000 Seelen, hauptsächlich in der Umgegend des Dankarasees nomadisieren. An diese schließen sich nach Herkunft und Lebensweise 2) die Karakalpaken (s. d.), welche sich in den nördlichen Teilen des Chanats, in der Nähe des Aralsees, des Dankarasees, der Städte Kungrad, Chodsheili und Kiptschak aufhalten (nach Vambéry 10,000 Kibitken oder 50,000 Seelen zählend) und, in verschiedene Distrikte verteilt, Abgaben zahlen und zum Kriegsdienst verpflichtet sind.; 3) die Turkmenen (s. d.), von denen hier der zweite Hauptzweig des Jomudenstammes, die Bairam Schaly (15-20,000 Kibitken), dann der Stamm der Tschoudoren (etwa 12,000 Kibitken) zwischen erstern und den Uzbekenniederlassungen, und etwa 2000 Kibitken der Goklanen in den Grenzstrichen der Oase wohnen. Als angesessene Stämme sind hervorzuheben: 1) Die Uzbeken (s. d.), welche als herrschende Bevölkerung im Chanat auftreten (ihnen gehört der Chan an) und auf die Reinheit ihrer Nationalität stolz sind. Dessenungeachtet sind ihnen iranische Elemente beigemischt, was speziell sich in dem Barte dokumentiert. Hinterlist, Lügenhaftigkeit und Grausamkeit sind ihre Charaktereigenschaften. Sie zählen ungefähr 90-100,000 Seelen und konzentrieren sich hauptsächlich in C., Gurien, Chafar Asp, Mangyt, Kiptschak und in der Umgegend dieser Orte. 2) Die Sarten (s. d.) oder die chiwesischen Tadschik, welche türkisch sprechen und dasselbe Leben wie die Uzbeken führen, von denen sie indessen nicht sehr geliebt sind. Ihre Zahl mag 20,000 Familien betragen. 3) Perser, welche vor dem Krieg mit Rußland als Sklaven hier lebten. Der Handel hat in Urgendsch und Chiwa seinen Mittelpunkt und erstreckt sich vorzugsweise auf Baumwolle, Seide, Schaffelle und Getreide. Im ganzen war er bisher unbedeutend und infolge der allgemeinen Unsicherheit in starkem Rückgang begriffen; mit Persien erschwert den Verkehr die wasserlose Turkmenenwüste. Die Regierung des Chans ist erblich und despotisch. Seine regulären Truppen bestehen aus wenigen Mann Leibgarde, der übrige Teil des Heers aus schlecht bewaffneten und berittenen Uzbeken und Turkmenen. Nur letztere haben den Russen 1873 zähen Widerstand geleistet und traten ihnen in den Tagen vom 21.-29. Juli in der Stärke von 10,000 Mann entgegen; Führung fehlte ihnen vollständig. Die Einnahmen des Chans sind sehr gering (die Turkmenen sind steuerfrei), sie beziffern sich im Jahr auf 350-400,000 Rubel. Die Familien- und Handelssteuer wird in Geld bezahlt, die Grundabgaben (etwa ein Dritteil) werden in Naturalien entrichtet; sie sind hoch und werden durch die Habgier der Beamten und durch Frondienste noch drückender. - Die Hauptstadt C. liegt an dem von Schurachan ausgehenden Bewässerungskanal Palwanata und wird von Vambéry einer persischen Stadt niedrigster Stufe gleichgestellt. Sie ist von einer Lehmmauer umgeben, hat eine Citadelle, einen großen Bazar, im übrigen meist Hütten und zählt 6000 Einw. Nächst C. ist der bedeutendste Handelsplatz Neu-Urgendsch, mit 3000 Einw., am Kanal Schawat.

Geschichte.

Aus der Zeit des persischen Königsgeschlechts der Achämeniden (5. Jahrh. v. Chr.) kennen wir von Choarizm nicht viel mehr als den Namen des Landes. Nach Herodot bildeten die Choaresmier mit den Parthern, Sogdiern und Ariern den 16. Distrikt des Perserreichs; im Heer des Herxes kämpften sie unter eignen Feldherren, und ihr König stellte sich Alexander vor, als dieser 327 an den Oxus gelangt war. Die Herrscher des Landes gehörten wohl den Nomadenvölkern an, welche die Oase damals wie jetzt umgeben. Im 6. Jahrh. n. Chr. war ihr König von dem östlich davon residierenden Chakan der Türken abhängig, aber noch im 11. Jahrh. hatte Choarizm seine eignen Herrscher; die Seldschukken eroberten C. in der ersten Hälfte des 11. Jahrh. Ende desselben Jahrhunderts erhielt Kuthb Eddin Mohammed, der Sohn eines türkischen Sklaven, die Statthalterschaft mit dem Titel eines Charezm-Schahs. Er strebte nach Macht, gewann die Anhänglichkeit der Bewohner des Landes und versammelte viele Gelehrte an seinem Hof. Diese Charezm-Schahs wurden den Seldschukken-Sultanen bald gefährlich und zuletzt die Erben ihrer Macht, büßten sie aber mit dem Einfall Dschengischans ein. In dieser Zeit des Ruhms und der Blüte erstreckte sich C. im Westen vom Kaspischen Meer hinab bis Bagdad und umfaßte fast ganz Persien, Teile von Afghanistan und die Oxusländer bis zum Sir Darja. Dschengischans Sohn Tolui eroberte und verwüstete C. um 1220, zog aber wieder ab. Als Timur im Frühjahr 1372 seinen ersten Feldzug nach

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