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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Cochin; Cochinchina; Cochläus; Cochlea; Cochlearia

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Cochin - Cochlearia.

bon erzogen, besuchte dann die Rechtsschule und ließ sich als Advokat in Paris nieder. Nach der Februarrevolution ward er zum Kabinettschef des Justizministers ernannt, dann Substitut des Generalprokurators, legte indes diesen Posten bald nieder und kehrte zur Advokatur zurück; um besonders in politischen und Preßprozessen zu plaidieren. Bei den Neuwahlen zum Gesetzgebenden Körper 1869 trat er als unabhängiger Kandidat auf und trug in engerer Wahl den Sieg über seine offiziellen Mitbewerber davon. Er nahm in der Kammer seinen Sitz auf der Linken. Am 5. Juli 1870 gab er durch seine Interpellation über die spanische Thronkandidatur Gramont zu der kriegerischen Rede vom 6. Juli Gelegenheit, stimmte aber dann gegen den Kriegskredit. Am 4. Sept. versuchte er vergeblich eine Vermittelung zwischen dem Gesetzgebenden Körper und der provisorischen Regierung im Stadthaus und begab sich sodann nach Orléans, wo er zum Generalkommissar der Verteidigung des Departements Loiret ernannt wurde. Ende Oktober begleitete er Thiers nach Versailles zu den Waffenstillstandsverhandlungen, erwarb sich dabei durch seine Geschicklichkeit dessen Beifall und blieb fortan sein treuer Anhänger und Freund. In die Nationalversammlung gewählt, trat er dem linken Zentrum bei. Seit 1876 Mitglied der Deputiertenkammer, ward er 1877 zum Mitglied des Weltausstellungskomitees ernannt und bei der Errichtung eines neuen Ministeriums für Posten und Telegraphen 6. Febr. 1879 mit diesem Amt betraut, das er bis zum April 1885 mit Erfolg verwaltete.

Cochin, ind. Vasallenstaat, s. Kotschin.

Cochin (spr. koschäng), Charles Nicolas, franz. Kupferstecher, geb. 1688 zu Paris, arbeitete nach alten und neuen Meistern, wurde 1731 Mitglied der Akademie und starb 1754. Seine Zeichnungen sind mit Geist und Geschmack ausgeführt, doch war er in kleinern Blättern glücklicher als in großen. - Sein Sohn und Schüler Charles Nicolas, geb. 22. Febr. 1715 zu Paris, bereiste Italien, über dessen Kunstschätze er ein Buch: "Voyage d'Italie, etc." (Par. 1758, 3 Bde.), schrieb, wurde 1752 Inspektor des königlichen Kupferstichkabinetts und 1757 geadelt. Er starb 29. April 1790 in Paris. Er war der gewandte und rasch fertige Illustrator des damaligen französischen Buchhandels. Er lieferte an 2000 Blätter. Doch gibt es auch viele Stiche von ihm, welche mit größern Ansprüchen auftreten, so die von ihm nach Vernet geätzten zwölf Prospekte französischer Seehäfen und verschiedene Blätter aus der heiligen Geschichte, zumeist nach zeitgenössischen französischen Künstlern. Mit Gravelot gab er "Iconologie par figures, ou traité complet des allégories, emblèmes" (Par., 4 Bde.) heraus.

Cochinchina, Land, s. Kochinchina. ^[richtig: Kotschinchina.]

Cochläus (eigentlich Dobeneck), Johann, Gegner Luthers, geboren um 1479 zu Wendelstein bei Nürnberg, war Rektor der Schule zu St. Lorenz in Nürnberg, dann Dechant an der Frauenkirche zu Frankfurt a. M. und Kleriker in Mainz, 1527-39 Domherr zu Meißen und endlich Kanonikus am Dom in Breslau, wo er 1552 starb. Er bot Luther in Worms einen theologischen Zweikampf an und erfuhr von diesem eine scharfe Abweisung in der Schrift "Wider den gewappneten Mann C." (1523); später war er Mitarbeiter an der Augsburger Konfutation, auch auf dem Regensburger Kolloquium von 1546 thätig und schrieb unter anderm: "Martin Luther, das ist kurze Beschreibung seiner Handlungen und Inschriften der Zeit nach vom 1517. bis auf das 1546. Jahr seines Ableibens" (a. d. Lat. ins Deutsche übersetzt von Hüber, Ingolst. 1582). Vgl. Otto Johann C., der Humanist (Bresl. 1874).

Cochlea (lat.), die Schnecke im innern Ohr.

Cochlearia L. (Löffelkraut), Gattung aus der Familie der Kruciferen, ausdauernde oder einjährige Kräuter mit abwechselnden, ganzen oder fiederteiligen Blättern, meist weißen Blüten in endständigen Trauben und oblongen oder kugeligen Schötchen. Etwa 25 Arten in den gemäßigten und kalten Klimaten der nördlichen Erdhälfte. C. officinalis L. (Scharbocksheil, Skorbutkraut), eine ein- oder zweijährige Pflanze mit 15-30 cm hohem, einfachem oder ästigem Stengel, dicken, gestielten, breit eiförmigen, stumpfen, am Grund herzförmigen Wurzelblättern, länglichen, gezahnten und etwas buchtigen Stengelblättern, weißen Blüten und fast kugeligen Schötchen, wächst wild, besonders an den Küsten von Mittel- und Nordeuropa, findet sich noch auf Grinnelland unter 80° nördl. Br. und ist überhaupt eine der am weitesten gegen den Pol gehenden Phanerogamen. Im Binnenland findet sie sich hier und da an Salzquellen und an einzelnen Stellen der Voralpen Berns, mehr als 1000 m ü. M. Sie wird zum medizinischen Gebrauch kultiviert. Beim Zerreiben riecht das Kraut schwach senfartig und schmeckt nicht unangenehm scharf und salzig, beim Trocknen büßt es Geruch und Geschmack ein. Das frische, blühende Kraut liefert ¼-½ Proz. ätherisches Öl, welches zum Senföl in naher Beziehung steht und auf ähnliche Weise wie dieses sich bildet. Es ist gelblich, schwerer als Wasser und bildet mit Ammoniak eine kristallisierbare Verbindung. Beim Verbrennen hinterläßt Löffelkraut 1,6 Proz. Asche. Es enthält viel an Salpetersäure und organische Säuren gebundenes Alkali, dient als Heilmittel gegen Skorbut und wurde als solches zuerst 1557 durch Wier empfohlen. Man benutzt es als Salat, Infusum oder genießt den frischen Saft. Der Spiritus Cochleariae (Löffelkrautspiritus), durch Destillation von Spiritus über blühendem Löffelkraut gewonnen, dient als Zusatz zu Mundwassern, bei skorbutischer Affektion des Zahnfleisches. Im übrigen ist der Gebrauch des Löffelkrauts vollständig obsolet. C. armoracia L. (C. rusticana Lam., Armoracia rusticana Flor. Wetter., gemeiner Meerrettich, in Mecklenburg Marettig, in der Oberpfalz und Österreich Green oder Kren, im Oberelsaß Fleischkraut) ist eine ausdauernde Pflanze mit sehr großen, oblongen, gekerbten, grundständigen Wurzelblättern, 0,6-0,9 m hohem Stengel, fiederspaltigen untern und lanzettlichen, gekerbt-gesägten obern Stengelblättern, weißen Blüten und elliptischen Schötchen, in Osteuropa und dem Orient heimisch, findet sich verwildert an Flußufern durch ganz Europa und wird vielfach kultiviert. In den ersten Tagen des Aprils werden die Würzlinge reihenweise 0,30 m voneinander gesetzt, indem man schief laufende Löcher bohrt und in jedes derselben einen Würzling, von allen Nebenzweigen gereinigt, legt und diesen bis auf das Kronenende zudeckt. Man sorgt für Lockerung und Reinigung des Bodens, legt die Wurzeln um Johannis bloß und reinigt sie von allen Seitenwurzeln. Im November hebt man die Wurzeln heraus und läßt den nicht verwendbaren Vorrat über Winter bis zum folgenden Frühjahr im Boden stehen. Von den herausgegrabenen Wurzeln werden die dicken, 60 cm langen und längern Hauptwurzeln (Stangen) zum Gebrauch aufbewahrt, die dünnen Wurzeln sowie die Nebenwurzeln zu künftigen Setzlingen bestimmt. Die

^[Artikel, die unter C vermißt werden, sind unter K oder Z nachzuschlagen.]