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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Dalmatien

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Dalmatien (Industrie, Handel und Verkehr; Verwaltung).

deihen Weichseln (die den Maraskino liefern), Mandeln, Melonen, Feigen, Granatäpfel ohne alle Pflege. Zur Bereitung von Insektenpulver wird Chrysanthemum gebaut (Jahresertrag über 10,000 metr. Ztr.). Das Grasland liefert 250,000 metr. Ztr. Heu und Grumt und die wenigen Wälder etwa 300,000 Festmeter Holz. Der Wert des Realbesitzes und des Kulturbodens wird auf 37,5 Mill. Gulden geschätzt. Die Viehzucht kann sich bei dem Mangel an Futterbau und dem geringen Ertrag des Graslandes nicht heben. Pferde (20,256 Stück) dienen als Reit- und Saumtiere, so auch Maultiere (7732 Stück) und Esel (19,082 Stück). Bei dem geringen Stande des Rindviehs (89,728) und seiner Verwendung beim Ackerbau sind Milch, Butter, Kalbfleisch nur Nebenprodukte und zu Leckerbissen geworden. Zahlreich sind nur Schafe (824,191 Stück) und Ziegen (217,155 Stück), daher Hammelfleisch die gewöhnlichste Nahrung. Schweine (29,432 Stück) trifft man nicht häufig. Die Jagd findet nur an dem zahlreichen Wassergeflügel (namentlich im Narentadelta) einen ergiebigen Ertrag. Auf den Inseln wird Bienenzucht betrieben (Honig von Solta). Von hoher Bedeutung für D. ist die Fischerei, namentlich auf Sardellen, deren Fang die Einwohnerschaft einer Anzahl von Dörfern ausschließlich beschäftigt. Die Fische (22 genießbare Gattungen) bilden gesalzen und gedörrt einen wichtigen Handelsartikel. Bei Sebenico werden auch Korallen gewonnen. Der Boden Dalmatiens birgt wenig mineralische Schätze. Braunkohlen (bei Siveric) geben einen Ertrag von 220,000 metr. Ztr. Dagegen sind Kalkstein- und Marmorbrüche ergiebiger, den größten Wert aber liefert das Meer mittels der Salinen auf den Inseln Arbe und Pago und zu Stagno (1883: 75,000 metr. Ztr.).

[Industrie, Handel und Verkehr.] Die Industrie ist in D. mit Ausnahme der Likörfabrikation (Maraskino, Zaratiner Rosoglio) und der Erzeugung der Flaschen für dieselbe, der Kalk- u. Ziegelbrennerei, der Seifenfabrikation und der Ölpressen kaum halb entwickelt; sogar die Mahlmühlen sind noch im primitivsten Zustand. Die Seidenindustrie ist seit einigen Jahrzehnten im Betrieb, ohne jedoch bisher einige Bedeutung erlangt zu haben. Dagegen sind die Landbewohner äußerst geschickt in der Verfertigung alles dessen, was sie zu ihrem häuslichen Bedarf brauchen, als: Tuch, grobes Leinen, Schuhzeug, Seilwerk, Körbe, Hüte etc. Sehr wichtig ist der Schiffbau; kleinere Schiffe werden an mehreren Orten gebaut, große Werften sind bei Ragusa und zu Milna auf der Insel Brazza. Schiffahrt ist ein Hauptgewerbe der Dalmatiner, welche seit Jahrhunderten für die geübtesten Seefahrer im Adriatischen Meer gelten. Die Handelsmarine von D. umfaßt 510 Schiffe mit 77,285 Ton. und einer Bemannung von 14,042 Personen. Schiffe weiter Fahrt sind darunter 102 mit 53,725 T. Der Schiffbau liefert jährlich 180-200 neue und 100 umgebaute und ausgebesserte Fahrzeuge, meist Barken. Der Schiffsverkehr in den 54 dalmatischen Häfen beläuft sich jährlich auf ca. 20,000 Schiffe mit 3,200,000 T. Der Handel Dalmatiens besteht zum großen Teil im Transit der Waren aus und nach Bosnien und der Herzegowina. Der Warenverkehr kann zu etwa 16 Mill. Gulden angenommen werden, wovon auf die Einfuhr zur See (Schaf- und Baumwollwaren, Mehl, Faßdauben) 33 Proz., auf die Einfuhr zu Lande (Getreide, Tabak, Schlachtvieh) 8½ Proz., auf die Ausfuhr (Olivenöl, Insektenpulver, Schaf- und Ziegenfelle, Wein, Likör, Fische, Seesalz) über 36 Proz., auf den Transitverkehr 22 Proz. kommen. Als besonderes Zollgebiet hat D. seit 1880 zu existieren aufgehört, es wurde gleichzeitig mit dem Hinterland Bosnien-Herzegowina dem allgemeinen österreichisch-ungarischen Zollgebiet einverleibt. Mit Bosnien und der Herzegowina findet der Verkehr wegen Mangels an Straßen durch Saumtiere statt, und die Waren müssen zu diesem Behuf in kleine Kolli von höchstens 75 kg Gewicht abgeteilt werden. Als Marktplätze dienen Ragusa, Cattaro u. a. O. Seit 1877 ist eine Staatsbahnlinie von Spalato zum Kohlenbecken von Siveric mit Abzweigung nach Sebenico (105 km), dann seit 1885 eine solche von Metkovic nach Mostar in der Herzegowina (43 km) im Betrieb. Kunststraßen erhielt D. erst durch die österreichische Regierung. Die wichtigsten sind die Strada mediterranea, welche das Land der Länge nach durchzieht, und die Strada littoral, welche von Zara bis Almissa führt. Seit 1831 ist die Straße über den Vellebit (s. oben) eröffnet, welche die kürzeste Linie zwischen Zara und Karlstadt herstellt. Nach der Herzegowina führt die Straße im Narentathal von Metkovic nach Mostar. Insgesamt besitzt D. 2522 km Landstraßen. Die Häfen Dalmatiens bedürfen selten künstlicher Nachhilfe; in militärischer Beziehung wichtig ist der am offenen Meer liegende Hafen von Rogosnica. Einer der ausgezeichnetsten Häfen ist Porto di San Giorgio auf der Nordseite der Insel Lissa. Die beste Zuflucht im Winter für ganze Geschwader bietet der Canale di Calamotta. Der Hafen von Ragusa selbst ist klein und dem Scirocco ausgesetzt; dagegen ist die etwas nördlicher gelegene Bucht von Gravosa für die größte Marine geräumig genug und sicher. Ausgezeichnet ist die Bocche di Cattaro, die selbst gegen die heftigste Bora sichert. Kriegshäfen sind: Lissa, Zara und Cattaro. Den größten Handelsverkehr haben die Häfen von Spalato, Zara, Sebenico und Gravosa.

[Verwaltung etc.] Die politische Einteilung in Bezirkshauptmannschaften, deren Größe und Bevölkerung sind aus folgender Tabelle zu ersehen:

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Bezirkshauptmannschaften QKil. Einw. 1880 Bezirkshauptmannschaften QKil. Einw. 1880

Benkovac 1581 31003 Metkovic 377 10509

Cattaro 678 33757 Ragusa 775 36307

Curzola 590 21812 Sebenico 961 39176

Imoski 641 27443 Sinj 1335 40103

Knin 1411 41884 Spalato 1886 91151

Lesina 413 22911 Zara 1636 60161

Macarsca 548 19884

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Die politische Oberbehörde ist die Statthalterei. Zu Zara fungieren ein Oberlandes- u. ein Landesgericht; zu Spalato, Ragusa, Cattaro sind Kreisgerichte; dazu bestehen 33 Bezirksgerichte. In Zara, Spalato und Ragusa bestehen Handels- u. Gewerbekammern. Der Landtag von D. ist zusammengesetzt aus dem kath. Erzbischof und dem griechisch-orientalischen Bischof von Zara und 41 Abgeordneten (10 aus den Höchstbesteuerten, 1 der Landeshauptstadt, 7 der Städte, 3 aus den Handelskammern und 20 der Landgemeinden). In den Reichsrat wählt D. 9 Deputierte: 1 die Höchstbesteuerten, 2 die Städte und Handelskammern und 6 die Landgemeinden. D. trägt an direkten Steuern kaum volle 600,000 Gulden ein, an indirekten 1,6 Mill., wovon über die Hälfte auf das Salz- und Tabaksmonopol kommt. Im Wappen (s. Tafel "Österreich.-ungar. Landeswappen") führt D. drei gekrönte goldene Leopardenköpfe, Ragusa drei blaue rechte Schrägbalken, Zara einen geharnischten Reiter und Cattaro (Österreichisch-Albanien) einen roten Löwen. Die Flagge ist die der österreichischen Marine. Hauptstadt ist Zara.