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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Dänemark

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Dänemark (Geschichte: Mittelalter).

suchte, bis er von König Heinrich I. besiegt und genötigt wurde, die Herstellung der alten deutschen Mark bis zur Eider und die Wiedereinrichtung des Christentums zu gestatten. Er starb 936. Sein Sohn Harald Blauzahn mußte sein Reich vom Kaiser Otto I., der bis zum Ottensund (Limfjord) vordrang, zu Lehen nehmen und sich taufen lassen. Haralds Sohn Sven Gabelbart und sein Enkel Knut (Kanut, 1014-35), der größte mittelalterliche Herrscher des skandinavischen Nordens, eroberten England und Norwegen; Knut gewann auch Schleswig zurück und bildete so ein großes skandinavisch-englisches Reich, das er staatlich zu einigen und zu zivilisieren versuchte. Er war ein eifriger Freund des Christentums, das unter ihm das Heidentum völlig überwand. Nach seinem Tod fielen die drei Reiche wieder auseinander. Doch begründete Knuts Schwestersohn Svend Esthridson (1047-76) nach Besiegung Magnus' des Guten von Norwegen eine Dynastie, die Ulfinger, welche 400 Jahre lang die Herrschaft behielt. Er mußte die Oberhoheit des deutschen Kaisers Heinrich IV. anerkennen und ordnete die kirchlichen Verhältnisse des Reichs, dessen Bistümer sämtlich dem Erzstift Bremen untergeordnet waren. Seine fünf Söhne bestiegen nacheinander den Thron: Harald Hein (1076-80), Knut der Heilige (1080-86), Olaf Hunger (1086-1095), Erich Eingod (1095-1103) und Niels (Nikolaus, 1103-34). Unter ihnen befestigte sich die Kirche und wurde die Herrschaft über die Wenden in Mecklenburg und Pommern ausgedehnt. Erich Eingods Sohn Knut Laward war vom Kaiser Lothar zum König der Abotriten gekrönt. Als Niels' Sohn Magnus 1131 Knut ermordete, wurde er 1134 von Knuts Bruder Erich besiegt und getötet, darauf Niels vertrieben. Nach dem Tod Erich Emunds (1137) wüteten innere Kämpfe, bis dessen Sohn Svend 1152 von Kaiser Friedrich I. mit D. belehnt wurde. Aber auch er geriet mit Verwandten in Streit und wurde 1157 auf der Gratheheide von Knut Lawards Sohn Waldemar I. geschlagen und auf der Flucht getötet.

D. umfaßte damals mit Einschluß Schleswigs, der Inseln und des jetzt zu Schweden gehörenden südlichen Teils der skandinavischen Halbinsel etwa 100,000 qkm, war aber größtenteils von Wäldern bedeckt. Der frühere Fürstenstand hatte sich ganz unter die Macht der Könige beugen müssen; dagegen bildete sich aus der Leibgarde, den "Hauskerlen", der Könige ein neuer Adel. Noch aber beruhte die Kraft des Staats vornehmlich auf der Zahl seiner freien Männer, deren im 11. und 12. Jahrh. gegen 15,000 gewesen sein sollen, und neben denen es zahlreiche Unfreie und Sklaven gab. Waldemar I., d. Gr. (1157-82), der nicht von der Volksgemeinde zu Isöre, sondern auf einem Herrentag in Roeskilde zum König ausgerufen und vom Erzbischof von Lund gekrönt wurde, mußte zwar 1162 Kaiser Friedrich I. huldigen, unterwarf aber Rügen und erlangte auch eine Oberhoheit über Norwegen. Ihm folgte sein schon bei seinen Lebzeiten als Thronfolger anerkannter und gekrönter Sohn Knut VI. (1182-1201). Derselbe, ein Schwiegersohn Heinrichs des Löwen, verweigerte Friedrich I. die Huldigung, unterdrückte einen Aufstand der Bauern und erhob Adel und Klerus zu den bevorzugten Ständen im Reich im Gegensatz zum dritten Stand. Er zwang die Herzöge von Pommern und Mecklenburg, ihre Lande von ihm zu Lehen zu nehmen, und nannte sich König der Dänen und Slawen. 1201 unterwarf er auch Holstein und Hamburg. Sein Bruder und Nachfolger Waldemar II., "der Sieger" (1202-41), gewann, begünstigt durch die Thronstreitigkeiten im Deutschen Reich, Lauenburg und erhielt 1215 die Reichslande nördlich der Elbe und an der Ostsee von Friedrich II. als Preis eines Bündnisses förmlich abgetreten. Der Kreuzzug, den er 1219 gegen die Esthen unternahm, fügte die Ostküste des Baltischen Meers dem Reich hinzu. Hamburg und Lübeck gehorchten ihm, Stralsund wurde 1209 zur Sicherung der dänischen Herrschaft über Pommern und Rügen angelegt. Waldemars Ostseeflotte soll 1400 Schiffe, seine Kriegsmacht 160,000 Mann stark gewesen sein. Doch brach diese schnell erworbene Macht noch rascher zusammen, als Graf Heinrich von Schwerin den König durch einen kühnen Handstreich in seine Gewalt brachte (1223) und die vertriebenen oder unterworfenen Fürsten sich erhoben. Auch Kaiser Friedrich II. wollte diese Gelegenheit benutzen, die verlornen Reichslande wiederzugewinnen, und brachte nach langen Unterhandlungen einen Vertrag zu stande, in welchem Waldemar seine Freiheit durch Verzichtleistung auf alles Land im Süden der Eider erkaufte (1225). Als er bald darauf versuchte, Holstein wiederzuerobern, wurde er von den Grafen von Holstein und dem Herzog von Sachsen bei Bornhövede 22. Juli 1227 entscheidend geschlagen. Damit war das dänische Übergewicht auf lange Zeit gebrochen. Waldemar sah sich genötigt, die Eroberungsgedanken aufzugeben, und widmete die letzten Jahre seiner Regierung den innern Angelegenheiten. Er brachte viele königliche Güter und Gerechtsame, die der Adel für seine Kriegsdienste zu gewinnen gewußt hatte, an die Krone zurück, ließ ein neues Gesetzbuch abfassen und erleichterte die Lasten des Volkes. In Esthland, das ihm von allen Eroberungen allein geblieben war, stiftete er das Bistum Reval.

Unter seinen Nachfolgern folgte für D. eine Zeit der Bürgerkriege und innerer Zerrüttung. Sein Sohn Erich Pflugpfennig (1241-50) wurde von seinem Bruder Abel (1250-52) getötet, nach dessen Ermordung der dritte Bruder, Christoph (1250 bis 1259), folgte. Dessen Sohn Erich Glipping (1259-85) behauptete sich nur mit Mühe auf dem Thron und wurde endlich ermordet. Unter seinem unmündigen Nachfolger Erich Menved (1285-1320) wurde das Land von den Norwegern furchtbar verheert und durch unglückliche Kriege ausgesogen. Der Klerus erlangte zuletzt eine ganz unabhängige Stellung, und der Adel beschränkte bei der Thronbesteigung des schwachen Christoph II., Erichs Bruder (1320), durch eine Wahlkapitulation, welche die Rechte der vier Stände, des Klerus und Adels, der Bürger und Bauern, festsetzte, die königliche Macht; Fünen und Falster wurden erbliche Lehen und entzogen sich dem königlichen Einfluß, in Schleswig begründete das Haus Schauenburg eine fast unabhängige Macht, andre Landesteile mußten an Schweden abgetreten werden. Da Christoph trotz der Wahlkapitulation willkürlich regierte, ward er 1326 abgesetzt und der Schauenburger Waldemar III. zum König gewählt, der jedoch schon 1330 abdankte. Nun wurde wieder Christoph II. König, nach dessen Tod 1332 acht Jahre lang kein König herrschte und das Reich durch innere Wirren der Auflösung nahe war. Erst Christophs Sohn, der staatskluge Waldemar IV., "Atterdag" (1340-75), stellte, auf deutsche Söldner gestutzt, in energischer Weise die Ordnung wieder her und brachte die entfremdeten Glieder an das Reich zurück, so daß D. 1360 wieder denselben Umfang hatte wie zu den Zeiten Gorms des Alten und Waldemars I. Die Rechte der Stände erkannte er durch die