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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Deschamps - Desertion.

Deschamps (spr. däscháng), 1) Emile, franz. Dichter, geb. 20. Febr. 1791 zu Bourges, erregte schon 1812 durch einen Gesang: "La paix conquise", die Aufmerksamkeit Napoleons I. und brachte 1818 ein mit Latouche gemeinsam gearbeitetes Lustspiel in Versen: "Le tour de faveur", mit Beifall zur Aufführung. In dem damals ausbrechenden Streite der Klassiker und Romantiker schloß sich D. mit Begeisterung den letztern an, gründete mit Victor Hugo 1824 das Journal "La Muse française", für das er unter dem Namen "der junge Moralist" Gedichte und Novellen wie auch kritische Abhandlungen schrieb, und erwies sich bald als einer der kühnsten und geschicktesten Vertreter der neuen Richtung. Seit 1848 zurückgezogen in Versailles lebend und zuletzt erblindet, starb D. 23. April 1871. Von seinen Werken sind weiter hervorzuheben: "Ètudes françaises et étrangères" (1828-33), mit Übertragungen Goethescher und Schillerscher Gedichte; "Poésies" (1842); Bearbeitungen von Shakespeares "Macbeth" und "Roméo et Juliette" mit Kommentar (1844); "Poésies des crêches" (1854); ferner eine Reihe von Dramen ernster wie heiterer Natur, welche von namhaften Komponisten (Bellini, Halévy, Rossini, Auber) in Musik gesetzt wurden, und "Contes philosophiques" (1854). Eine Gesamtausgabe seiner Werke erschien 1872-74 (6 Bde.).

2) Antony, franz. Dichter, geb. 12. März 1800 zu Paris, Bruder des vorigen, begann seine poetische Laufbahn mit einer Übersetzung von Dantes "Divina Commedia" (1829); zwei Jahre später erschienen seine "Satires politiques", welche sich durch feste, männliche Sprache auszeichnen und doch auch dem poetischen Element sein Recht gönnen. In diesen Jahren kam bei ihm eine Geisteskrankheit zum Ausbruch, deren Keime er von frühster Jugend her in sich trug; in seinen Schmerzen und in der Verzweiflung über sein unheilbares Leiden findet der gequälte Dichter in den "Dernières paroles" (1835) oft Töne echter Poesie und von erschütternder Wahrheit. Er starb 29. Okt. 1869 in Passy. D. gehörte ebenfalls zum engsten Kreis der Romantiker und hat diese Richtung in zahlreichen Journalartikeln eifrig vertreten, besonders auch in seinen Reisestudien über Italien.

Deschanel (spr. däschanell), Emile, franz. Schriftsteller, geb. 14. Nov. 1819 zu Paris, besuchte hier die Normalschule, wurde Professor zu Bourges, später zu Paris, bekam aber infolge seiner Schrift "Catholicisme et socialisme" (1850) den Abschied. D. widmete sich nun völlig der Verbreitung republikanischer Ideen durch die Presse und als glänzender Redner. 1851 aus Paris flüchtig, hielt er in Brüssel sehr besuchte litterarische Vorlesungen und wurde, 1859 nach Paris zurückgekehrt, Mitarbeiter des "Journal des Débats". Seit 1876 republikanisches Mitglied der Deputiertenkammer, ward er 1881 zum Professor der neuern Litteratur am Collège de France und zum Senator auf Lebenszeit ernannt. Seine hauptsächlichsten Schriften sind: "Les courtisanes grecques" (Par. 1859); "Histoire de la conversation" (1857); "Le mal et le bien qu'on a dit des femmes" (7. Aufl. 1867); "La vie des comédiens" (1860); "Causeries de quinzaine" (litterarische, durch Originalität der Charakteristik anziehende Kritiken, 1861); "Christophe Colomb et Vasco de Gama" (1862); "Physiologie des écrivains et des artistes" (1864); "Études sur Aristophane" (neue Ausg. 1877); "A bâtons rompus" (eine Sammlung moralischer und litterarischer Aufsätze, 1868); "Le peuple et la bourgeoisie" (1881); "Le romantisme des classiques" (1882).

Des Chapelles (spr. dä schapäl), Le Breton, berühmter Schachspieler und, obwohl einarmig, gleichzeitig Koryphäe des Billards, franz. General, geb. 7. März 1780, gest. 27. Okt. 1847.

Deschnaer Koppe, s. Böhmische Kämme.

Des Cloizeaux (spr. dä klŏasoh), Alfred, Mineralog, geb. 17. Okt. 1817 zu Beauvais (Oise), wurde nach Beendigung seiner Studien Repetent an der Kunst- und Gewerbeschule, dann an der Normalschule in Paris und später Professor an der Sorbonne. Er ermittelte mit großer Sorgfalt die kristallographischen und optischen Verhältnisse zahlreicher Mineralien und zeigte, wie die letztern zur Feststellung der Kristallsysteme benutzt werden können. Er machte grundlegende Beobachtungen über die Dispersion der optischen Achsen in ihren verschiedenen Modalitäten und entdeckte die Zirkularpolarisation des Zinnobers und den Mikroklin. Er schrieb: "Manuel de minéralogie" (Par. 1862, Bd. 1) und "Nouvelles recherches sur les propriétés optiques des cristaux" (das. 1867).

Descoudres (spr. däkuhdr), Ludwig, Maler, geb. 1820 zu Kassel, ging mit 19 Jahren nach München, wo er Schüler von Schnorr wurde. 1844 und 1845 bereiste er Italien und trat 1845 bei Sohn in Düsseldorf als Schüler ein, um von ihm und Schadow die Porträtmalerei zu erlernen. Seinen Ruf begründete er 1850 durch das nach Dante gemalte Bild: Francesca von Rimini, dem die büßende Magdalena, die Grablegung Christi (Galerie in Karlsruhe) u. a. folgten. Als Schirmer 1854 die Kunstschule in Karlsruhe gründete, wurde er von diesem dorthin berufen, bewies sich als Lehrer tüchtig und machte sich um die Blüte der Anstalt sehr verdient. Neben dieser Lehrthätigkeit schuf er eine Reihe größerer Werke, teils Genrebilder, teils biblische Gemälde. Er starb 23. Dez. 1878.

Des dur, s. Des.

Deseado (Puerto, Port Desire), Fjord an der Ostküste Patagoniens, in 47° 42' südl. Br., an welchem Spanien 1780 ein bald darauf wieder verlassenes Fort anlegte, bildet einen vorzüglichen Hafen und ist von gutem Weideland umgeben. Einige Felseneilande in ihm sind mit Guano bedeckt.

Desenchantement (franz., spr. desangschangt'māng), das Freimachen oder Freiwerden von einer Bezauberung oder Leidenschaft; desenchantieren, entzaubern, von einer Leidenschaft heilen, nüchtern machen.

Desennuyieren (franz., spr. desanüji-), einem oder sich die Langeweile vertreiben, zerstreuen.

Desenrollieren (franz., spr. desang-), aus der Liste ausstreichen, einen Soldaten verabschieden.

Desenzāno (D. sul Lago), Marktflecken in der ital. Provinz Brescia, am westlichen Ufer des Gardasees und an der Eisenbahn von Venedig nach Mailand gelegen, hat ein Gymnasium, 3 Kirchen, ein Spital, Theater, Ruinen eines Minervatempels und (1881) 3105 Einw., welche Weinbau (Vino santo), Fischerei, Gerberei und bedeutenden Getreidehandel treiben. Der Hafen von D. ist der wichtigste italienische Hafen am Gardasee und vermittelt einen lebhaften Verkehr mit Südtirol und der Schweiz.

Deserierte Güter, verlassene Güter, s. Herrenlose Sachen.

Desertas (Deserters), Gruppe von drei kleinen Felseninseln an der Westküste Afrikas, südöstlich von Madeira, zuzeiten von Hirten und Fischern besucht.

Deserteur (franz., spr. -tör), s. Desertion.

Desertion (lat., "Verlassung"), die eigenmächtige Entfernung eines Soldaten von seiner Truppe oder von seinem dienstmäßigen Aufenthaltsort. Das deutsche Militärstrafgesetzbuch (§ 64 ff.) unterscheidet