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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Deutschland

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Deutschland (Seen, Kanäle, Sümpfe, Mineralquellen, Seebäder).

gehende Salza stammen aus den Alpen; es sind reißende Gebirgsströme, welche dem größten Strom Zentraleuropas eine unermeßliche Menge Wassers zuführen. Die wichtigsten Nebenflüsse der Donau auf der linken Seite in D. sind: die Wörnitz, Altmühl, Nab und der Regen.

[Landseen.] Nach den nordischen Reichen Schweden und Norwegen und Rußland ist kein Land Europas reicher an Landseen als D. Es hat zwei Zonen, die durch eine Reihe von Seen ausgezeichnet sind, im S. und im N. In der Mitte Deutschlands finden sich nur wenige Seen und nur von geringem Umfang. Die südliche Seezone zieht sich längs des Nordfußes der Alpen hin, indem ihre Seen teils noch innerhalb des Gebirges, teils an seinen Ausgängen, teils schon in der Hochebene gelegen sind. Wie jene in der Schweiz, sind es Thalkessel, welche das Wasser ausfüllte; daher ihre beträchtliche Tiefe. Man zählt ihrer im südlichen Bayern gegen 70. Der größte aller deutschen Seen ist der Bodensee, der schönste der Königssee bei Berchtesgaden. Zu den größern der Bayrischen Hochebene und der dahinterliegenden Bayrischen Alpen gehören noch der Walchen-, Kochel-, Ammer-, Staffel-, Würm- (Starnberger), Tegern-, Schlier- und Chiemsee. Die nördliche Seezone umgibt die Ostsee auf ihrer ganzen Erstreckung von Schleswig bis zur äußersten Ostgrenze gegen Polen. Sie bildet nur einen Teil und zwar den westlichen des langgezogenen Gürtels von Seen, der sich durch Norddeutschland und Rußlands Ostseeprovinzen bis über Petersburg hinaus nach Finnland erstreckt. Die Seen, deren Zahl außerordentlich groß ist (die beiden Mecklenburg allein zählen 223), liegen auf einem verhältnismäßig höhern Boden als die benachbarten Stromthäler; ihr Niveau bezeichnet die Scheitelfläche des Norddeutschen Landrückens. Die wichtigsten Seen westlich von der Oder sind: der Plöner und Selenter See in Schleswig-Holstein, die Müritz und der Schweriner See in Mecklenburg, die Ukerseen in Brandenburg; zwischen Oder und Weichsel: der Drazigsee auf dem Landrücken, die Madüe am Fuß desselben und unter den Strandseen der Lebasee, alle drei in Pommern, der Wdzydzesee in Westpreußen und der Goplosee an der obern Netze in Posen; endlich im O. von der Weichsel: der Geserichsee auf der Grenze von West- und Ostpreußen, der Mauer-, Löwentin- und Spirdingsee im ostpreußischen Masurenland. Außerdem sind noch zu bemerken: der Salzige und der Süße See bei Eisleben in der Provinz Sachsen, das Steinhuder Meer östlich und der Dümmersee westlich von der Weser im Flachland der Provinz Hannover und der Laacher See in der Rheinprovinz.

[Kanäle.] Unter den Kanälen haben eine allgemeine Wichtigkeit: die Verbindung zwischen Memel und Pregel (Gilge, Seckenburger Kanal, Großer Friedrichsgraben und Deime); der Elbing-Oberländische Kanal zwischen den Seen auf der Grenze von Ost- und Westpreußen wegen seiner geneigten Ebenen; der Bromberger Kanal (26,5 km) zwischen Brahe und Netze, Verbindungsglied zwischen Weichsel- und Odergebiet; der Müllroser oder Friedrich-Wilhelmskanal (24 km) zwischen Oder und Spree und der Finowkanal (69,5 km) zwischen Oder und Havel, beide eine Verbindung zwischen dem Oder- und Elbgebiet vermittelnd; der Plauesche Kanal (57,5 km) zwischen Havel und Elbe; der Eiderkanal (32 km) zwischen Ostsee und Eider (Nordsee), für kleine Seeschiffe fahrbar; der Ludwigskanal (176 km) zwischen Regnitz und Altmühl (Main und Donau) verbindet Rhein- und Donaugebiet; der Rhein-Rhône- (350 km, davon 132 in D.) und der Rhein-Marnekanal (311 km, davon 104 in D.) in Elsaß-Lothringen mit Fortsetzungen weit nach Frankreich hinein. Die übrigen Kanäle, besonders zahlreich in Brandenburg und Hannover, haben nur ein örtliches Interesse. Eine Anzahl von größern Kanälen (Nord-Ostsee-, Berlin-Dresdener, Rhein-Elbekanal) ist projektiert.

Sümpfe, Moore und Brücher gibt es besonders auf der Schwäbisch-Bayrischen Hochebene: Erdinger und Dachauer Moos östlich und westlich von der Isar, Donauried und Donaumoos an der Donau zwischen Ulm und Donauwörth und bei Ingolstadt; sodann in den nördlichen Küstenländern, hier vorzüglich als Hochmoore auf der Grenze der Marsch und Geest in Hannover, Oldenburg und Schleswig-Holstein, aber auch weit landeinwärts zu beiden Seiten der Ems, Hunte und Weser (das Bourtanger Moor auf der Grenze gegen die Niederlande); ferner in der Nähe der Ostsee die Moore in Hinterpommern, namentlich am Haff und am Lebasee, und in Ostpreußen am Kurischen Haff zwischen Deime und Ruß. Weiter im Innern gibt es große Moorstrecken noch in Posen (Netze- und Obrabruch, Brandenburg (Havelländisches und Rhinluch, Warthebruch, Spreewald), in der Provinz Sachsen (Drömling an der Aller und Ohre), Westfalen etc. Einige von diesen Mooren erscheinen als unkultivierbar, wie das Große Moorbruch in Ostpreußen, andre aber gehen durch Anlage von Kanälen einer Kultur entgegen, besonders in Hannover, wo bereits seit längerer Zeit blühende Moor- (bei Bremen) und Fehnkolonien (in Ostfriesland) bestehen.

[Mineralquellen.] Nur in Kürze gedenken wir der so reichlich über D. verbreiteten Mineralquellen, von denen viele zu den heilkräftigsten Europas gehören. Die an Mineralquellen reichsten Gegenden Deutschlands sind: der Schwarzwald, das Niederrheinische Schiefergebirge, das Wesergebirge, die Sudeten, das Riesengebirge. Ungemein groß ist die Zahl der kohlensäurereichen Quellen des Niederrheinischen Gebirges, von denen die berühmtesten Selters und Geilnau diesseits, Tönnisstein in der Nähe des Laacher Sees jenseits sind; aber es erstreckt sich dieser Kohlensäurereichtum noch weit nordostwärts bis ins Gebiet der untern Weser; dort sind die Stahlquellen von Driburg, Pyrmont, Rehburg und die mit 697 m Tiefe erbohrte warme Solquelle von Rehme (Öynhausen) zu bemerken, zu denen am Südostfuß des Rheinischen Gebirges der warme Strudel von Nauheim hinzukommt. Wie die Kohlensäureexhalation, so steht wohl auch der Reichtum an Thermen im Gebiet des Niederrheinischen Gebirges in Verbindung mit der frühern vulkanischen Thätigkeit in den Rheingegenden. Wiesbaden, Schlangenbad, Ems, Bertrich, die Quellen im Ahrthal, die Schwefelquellen von Aachen und Burtscheid gehören zu den besuchtesten des Reichs. Auch der Schwarzwald besitzt in Baden-Baden und dem lange verschollenen Römerbad Badenweiler berühmte Thermen; ebenso haben Sudeten und Riesengebirge (Warmbrunn) ihre Thermen. Über ganz D. sind Solquellen (Kreuznach u. v. a.), Eisensäuerlinge (Langenschwalbach, Pyrmont), Schwefelquellen u. a. zerstreut, aber keine davon so besucht und verschickt wie die Wässer von Kissingen. - Unter den Seebädern sind die wichtigsten an der Nordsee: Borkum, Norderney, Wangeroog, Wyck auf Föhr und Westerland auf Sylt; an der Ostsee: Borby bei Eckernförde, Kiel, Travemünde, Warnemünde, Saßnitz, Putbus, Heringsdorf, Swinemünde, Misdroy, Kolberg, Zoppot, Kahlberg, Pillau, Kranz und Schwarzort.