Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Deutschland

823

Deutschland (Hopfenbau und Bierbrauerei; Viehzucht).

Doppelzentner Schaumwein in Flaschen und 50,287 Doppelzentner sonstiger Weine in Flaschen ausgeführt.

[Hopfenbau und Bierbrauerei.] Hopfen wird in vielen Gegenden Deutschlands gebaut, nirgends aber besser und mehr als in Bayern; 1884 nahm er 46,689 Hektar (davon 26,815 in Bayern) ein. Das Produkt der Gegend von Spalt und Hersbruck in Mittelfranken wird nicht allein über D., sondern auch ins ferne Ausland versandt. In der Provinz Posen hat die Hopfenkultur ihren Mittelpunkt bei Neutomischel, in Elsaß-Lothringen bei Hagenau und Bischweiler; hier und ebenso in Baden und Württemberg nimmt dieselbe zu. Das Hauptland der Bierproduktion, sowohl in Rücksicht auf die Menge als auf die Qualität des Erzeugnisses, ist Bayern; daselbst produzierten (nur im Gebiet diesseit des Rheins) 1882: 5482 Bierbrauereien (die größten in München, Regensburg, Nürnberg, Augsburg, Kulmbach) nahe an 12,5 Mill. hl Bier. Es spielt daher der Malzaufschlag in diesem Land in den Staatseinnahmen eine ähnliche Rolle wie die Branntweinsteuer in Preußen. Obgleich die bayrische Bierbrauerei gegenwärtig über ganz D. verbreitet ist, führt dieses Land selbst doch noch das meiste Bier aus. Im ganzen Reichssteuergebiet waren im J. 1884/85: 11,537 Brauereien vorhanden, welche über 24,6 Mill. hl Bier erzeugten und eine Steuer von über 19,5 Mill. Mk. entrichteten (s. Bier); die gesamte Einfuhr von Bier ins deutsche Zollgebiet betrug 1884: 136,451 Doppelzentner, die Ausfuhr dagegen 1,433,267 Doppelzentner, letztere war seit 1880 um nicht weniger als 367,659 Doppelzentner gestiegen.

Viehzucht.

Im innigsten Verband mit dem Landbau steht die Viehzucht. Der Wiesenreichtum der deutschen Berg- und Thallandschaften, der Wiesen- und Weidereichtum seiner Hochgebirge, die fetten Wiesgründe seiner Marschen im N., fleißiger Anbau von Klee, Luzerne und andern Futterkräutern machen D. zu einem Land ausgedehntester Zucht des Rindviehs. Für Ostfriesland, die Marschländer an der Nordsee, Mecklenburg, Pommern, das Frankenland, insbesondere Unter- und Mittelfranken, für das jenseit des Rheins gelegene Glanthal, für die Alpenreviere, vor allen den Algäu, aber auch für Württemberg, die Berglandschaften Thüringens und Hessens ist Rindviehzucht ein Haupterwerb. Von hier aus wird nicht allein das Binnenland, sondern werden auch Großbritannien und Frankreich mit Schlachtvieh versehen, ersteres vor allem über Hamburg und Tönning. Aus den Nordseeländern und Mecklenburg geht Butter nicht allein nach England, sondern auch nach überseeischen Ländern, namentlich Südamerika, aus dem Algäu Schweizerkäse ins Binnen- und Ausland. Am preußischen Niederrhein deckt die Viehzucht des Landes nicht den Bedarf der dichten Fabrikbevölkerung. Von den 15,785,322 Stück Rindvieh Deutschlands mit einem Verkaufswert von 3074 Mill. Mk. kommen auf Preußen nach der Viehzählung von 1883: 8,737,199, Bayern 3,037,098, Königreich Sachsen 651,329, Württemberg 904,139, Baden 593,526, Elsaß-Lothringen 428,650, Hessen 289,105, Oldenburg 211,147 etc. Die Ziege ist überall, vor allem in Berggegenden, das Milchvieh des Armen. Auch die Schweinezucht ist überall zu Hause, aber in Westfalen und Pommern berühmt. Ziegen gab es 1883 in D. 2,639,994, Schweine 9,205,791. Pommern und Mecklenburg liefern die besten Gänse. Die Pferdezucht Deutschlands ist ebenfalls ein wichtiger Gegenstand der deutschen Landwirtschaft: Ostpreußen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg, Oldenburg, Hannover, Braunschweig, Lippe im N., Elsaß-Lothringen, Württemberg und Bayern im S. züchten nicht bloß ihren Bedarf, die östlichen und nördlichen Gestüte liefern sogar den Heeren Frankreichs und Italiens Remontepferde; auch die Ausfuhr von Wagen- und Luxuspferden ist nicht gering. Von den (1883) 3,522,316 Pferden in D. besitzt Preußen 2,417,138, Bayern 356,316, Königreich Sachsen 126,886, Württemberg 96,885, Mecklenburg-Schwerin 88,146, Baden 66,607, Hessen 47,546, Oldenburg 35,977, Elsaß-Lothringen 138,725. Unter den Gestüten erfreut sich besonders das zu Trakehnen in Ostpreußen eines europäischen Rufs. In D. kommen auf 1 qkm 6,5 Pferde, 29,2 Stück Rindvieh, 17 Schweine und 4,9 Ziegen; auf 100 Einw. entfallen 7,7 Pferde, 34,5 Stück Rindvieh, 20,1 Schweine und 5,8 Ziegen.

Die Schafzucht ist vorzüglich in den Gebieten des großen Grundbesitzes bedeutend; sie leidet aber gegenwärtig durch die starke Einfuhr von Wolle aus überseeischen Ländern und nimmt infolgedessen immer mehr ab. Von Sachsen aus hat sich zuerst außerhalb Spaniens die Zucht der edlen Merino- (Eskorial-) Rassen in D. Eingang verschafft; später verbreiteten sich die ebenfalls spanischen Negretti vornehmlich von Böhmen aus. Aber erst durch die Kreuzung dieser Rassen, die nach 1820 in Schlesien zu Kuchelna bei Ratibor zu stande kam und die Eskorial-Negrettirasse hervorbrachte, ward die Einführung der edlen Schafe allgemein. Von den 19,185,362 Schafen, welche man 1883 in ganz D. zählte, kommen auf Preußen 14,747,975, Bayern 1,178,270, Königreich Sachsen 149,037, Württemberg 550,104, Baden 131,461, Hessen 101,663, Mecklenburg-Schwerin und -Strelitz 939,097, bez. 188,078, Sachsen-Weimar 145,442, Oldenburg 160,937, Braunschweig 243,935, Anhalt 130,610, Elsaß-Lothringen 129,433. Im Anfang der 60er Jahre waren in D. noch ca. 28 Mill. Schafe vorhanden, 1873 war ihre Zahl auf nicht mehr ganz 25 Mill. und 1883 auf nur wenig über 19 Mill. gesunken. Zu Anfang der 60er Jahre kamen in D. auf 1 qkm noch 52 und auf 100 Einw. 73 Schafe, 1883 dagegen auf 1 qkm nur noch 35,5 und auf 100 Einw. nur 42 Schafe. Die Einfuhr von Schafwolle ist von 687,555 Doppelzentner (1880) auf 1,056,661 Doppelzentner (1884) gestiegen. Die wichtigsten Verkaufsplätze der ausländischen Wolle sind: Hamburg, Bremen und Berlin; im übrigen konzentriert sich der Verkauf der deutschen Wollen auf den alljährlichen Wollmärkten, von denen diejenigen zu Breslau und Berlin die wichtigsten sind; auf beiden werden alljährlich noch gegen 50,000 Doppelzentner Wolle umgesetzt. Die Zahl der Maultiere, Maulesel und Esel in D. ist unbedeutend, sie belief sich 1883 auf 9795, davon 7038 in Preußen, 1511 in Elsaß-Lothringen, 287 in Hessen, 235 in Bayern etc. Die Ein- und Ausfuhr von Vieh im freien Verkehr des deutschen Zollgebiets betrug 1872 und 1884:

Einfuhr (Stück): Ausfuhr (Stück):

1872 1884 1872 1884

Pferde, Esel 59403 74666 26713 19077

Rindvieh 224722 110602 248784 235889

Schafe, Ziegen 264751 77801 1243595 [???]

Schweine 988701 894152 227496 [???]

Von nur geringer Bedeutung ist die Seidenweberei in D., die wichtigen Seidenwebereien der preußischen Rheinlande müssen daher ihren Bedarf an Rohseide aus dem Ausland einführen. Der Import von Rohseide in das deutsche Zollgebiet betrug 1880: 29,038 Doppelzentner und ist 1884 auf 37,763 Doppelzentner gestiegen, während davon im erstern Jahr 8832 Doppel-^[folgende Seite]