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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Deutschland

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Deutschland (Fischerei, Waldkultur, Bergbau).

zentner, 1884: 10,423 Doppelzentner wieder ausgeführt wurden. Die Bienenzucht ist für viele Gegenden von nicht geringer Wichtigkeit, Hannover mit seinen Heiden besitzt allein 172,000 Bienenstöcke. Im ganzen hatten die Bienenstöcke in D. 1883 einen Bestand von 1,911,748, darunter 368,174 mit beweglichen Waben; gegen 1873 hat die Gesamtzahl um 421,736 abgenommen, diejenige der beweglichen Waben aber um 74,351 zugenommen, so daß die Bienenzucht in D. im ganzen einen Rückschritt, die Technik derselben aber einen Fortschritt gemacht hat. Die Bienenzucht wird am stärksten in Norddeutschland gepflegt; in Lüneburg kommen mehr als 15 Stöcke auf 100 Einw., während in einigen sächsischen und rheinischen Bezirken nur 1-2, im Kreis Mannheim nur 0,9 Bienenstöcke auf 100 Einw. entfallen. Aus Schlesien gingen bekanntlich Dzierzons Verbesserungen in der Bienenzucht hervor.

[Fischerei.] Auch die Fischerei, einst für die nördlichen Küsten und Flüsse wichtiger noch als gegenwärtig, hat neuerdings dank den Bemühungen des Deutschen Fischereivereins wieder an Ausdehnung zugenommen. Trotzdem bleibt die Beteiligung Deutschlands an der Hochseefischerei in der Nordsee sehr gering und ist auf Emden (Heringe), Norderney (Schellfische) und einzelne Orte an der Unterelbe (Blankenese) beschränkt. Umfangreicher ist der Fischfang (besonders auf Dorsche) an der Ostseeküste, wo Eckernförde und Travemünde die bedeutendsten Fischereiplätze sind. Austernfang wird bei den Inseln Sylt, Föhr und Amrum betrieben und bringt eine jährliche Ausbeute von 3-5000 Ton. München, dessen Fischmarkt im ganzen Binnenland der reichste und interessanteste ist, hat auch eine bedeutende Anstalt für die jetzt überall im deutschen Bergland Eingang findende künstliche Fischzucht; eine andre von gleichem Ruf befindet sich bei Hüningen im Oberelsaß. Vor allem erscheint die Zucht der Forellen überall sehr lohnend. Die Einfuhr von frischen Fischen und Flußkrebsen betrug 1884: 139,139, die Ausfuhr 53,928 Doppelzentner.

Waldkultur.

D. besitzt prachtvolle Laub- und Nadelwälder, die nicht bloß den regen Natursinn des deutschen Volkes gefördert haben, sondern auch eine wesentliche Quelle seines Nationalwohlstandes geworden sind. Der eigentliche Waldboden findet sich in den Binnenländern, wo Gebirge und Berglandschaften für den Ackerbau oft nur wenig oder gar nicht geeignet sind, in viel größerm Umfang als in den Küstengegenden. Die Waldungen beanspruchen in Schleswig-Holstein nur 6,3, in Hannover 16, Pommern 19,8, Posen 20,2, dagegen in Brandenburg 32,5, Hessen-Nassau 40, im preußischen Staat überhaupt 23,4 Proz., ferner in Bayern 33, Sachsen 27,4, Württemberg 30,8, Baden 37, Hessen 31,3, Oldenburg 9,2, in ganz D. 25,8 Proz. von der Gesamtfläche, d. h. für das ganze Reich 13,900,000 Hektar; 4,800,000 Hektar sind mit Laubwald bestanden. Die Kiefer hat ihre Hauptheimat in dem Tiefland östlich von der Elbe, wo aber auch die Buche auf fruchtbarem Boden sich erhalten hat; auf dem Sandboden des bayrischen Franken, in der Rheinebene, in der süddeutschen Hochebene, soweit Kiesboden, herrscht gleichfalls die Kiefer. Die Buche dagegen ist der herrschende Waldbaum der Höhen des deutschen Berglandes, aber auch des Unterharzes und der Küstenländer der Ostsee, während die Eiche, zwar überall auch einzeln zwischen der Buche verbreitet, ihre Hauptheimat auf dem kieseligen Boden der niederrheinischen Gebirge, in Westfalen, am Solling, Spessart, Odenwald und in Oberschlesien hat; mächtige Eichen beherbergen auch die gemischten Waldungen der süddeutschen Hochebene und das Norddeutsche Tiefland. Während der Spessart die herrlichsten "Holländer" für den Schiffbau liefert, ist der Wald auf dem Orber Reisig (Hessen-Nassau) und auf vielen rheinländischen Gebirgen Niederwald und als solcher wichtig für die Lohgerbereien durch die Eichenlohe, die er als Schälwald liefert. Von größter Wichtigkeit für D. sind aber seine herrlichen Bestände von Fichten und Tannen in den Alpen, im Böhmerwald, auf dem Schwarzwald, Wasgenwald, Thüringer Wald und Frankenwald, auf dem Oberharz und Riesengebirge. In den Alpen gesellt sich dazu die Lärche; die den höchsten Alpen angehörige Zirbelkiefer findet sich nur noch in einzelnen Beständen. Der Nadelwald vor allem gibt Tausenden der Waldbewohner durch Holzschlag und den Transport des Holzes Nahrung. 1883 zählte man in der deutschen Forstwirtschaft 91,630 Erwerbsthätige, und insgesamt fanden 427,000 Personen in diesem Beruf ganz oder teilweise ihren Lebensunterhalt. Zahlreiche Schneidemühlen beleben die einsamsten Waldgründe. Ansehnliche Dampfschneidemühlen gibt es besonders am Finowkanal und an der Alten Oder in Brandenburg, woselbst stets von Oderberg bis Liepe für Berlin, Hamburg etc. bestimmte, aus den Ostprovinzen, aus Polen und Galizien kommende Bauhölzer im Wert von 20 Mill. Mk. lagern; andre große Holzplätze, die das Holz zum Export zubereiten, sind Memel und Danzig. Viele Hände finden Beschäftigung in der Verarbeitung des Holzes zu den mannigfachsten Gegenständen, wie zu Weißbüttnerwaren, Kisten und Schachteln, Küchengeräten, zu Holzschuhen, Sieben und Peitschenstielen (Rhön), allerlei Tischlerarbeiten, Spielwaren bis zu den kunstreichsten Schnitzereien, wie sie vornehmlich aus Zirbelholz im bayrischen Ammergau, gegenwärtig aber auch in Sachsen im Erzgebirge und zwar auch aus Bein und Elfenbein verfertigt werden. Hervorzuheben sind die Möbelfabriken von Mainz; die Tischlerwaren von Berlin, München, Stuttgart, Hanau, Nürnberg, Koburg etc.; die Drechslerwaren von Berlin, Hamburg, Danzig (aus Bernstein), Ruhla (Pfeifenköpfe aus Meerschaum), Waltershausen, Frankenhausen (aus Perlmutter), Nürnberg, Fürth, Stuttgart, Geislingen, Freiburg i. Br. etc.; die Spielwaren von Sonneberg, für welche jedoch das Papiermaché immer mehr in Aufnahme kommt, und die einen besonders großen Absatz nach Amerika finden. Im Schwarzwald ist die Fabrikation der ursprünglich hölzernen Schwarzwälder Uhren fortgeschritten zur Fabrikation von Taschen-, Stand- und Spieluhren. Wie Sonneberger Spielwaren, so erzeugt das Sächsische Erzgebirge auch Schwarzwälder Uhren.

VII. Industrie.

Bergbau und verwandte Industrien.

Berg- und Hüttenbau blühen gegenwärtig vor allem in Schlesien, am Niederrhein, in Sachsen, am Harz. Die edlen Metalle, Gold und Silber, sowie daneben Blei und Kupfer treten freilich gegen Steinkohlen, Eisen, Zink erheblich zurück. Die ganze jährliche Ausbeute von Gold in D. beträgt 460 kg; wichtiger ist die Silbergewinnung, die sich auf Sachsen, den Harz, das mansfeldische Kupferschiefergebirge und die Regierungsbezirke Oppeln, Aachen, Wiesbaden und Arnsberg vorzugsweise beschränkt; 1884 wurde sie auf 248,000 kg angegeben, davon entfielen auf Preußen 182,095, Sachsen 60,309 und auf die übrigen deutschen Staaten ca. 5711 kg. Ganz besonders tritt