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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Dietrichstein

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Dietrichstein.

stichsammlung und des Kunstgewerbemuseums ist, durch dessen Mitbegründung er dauernden Einfluß auf die nordische Kunstentwickelung ausgeübt hat. Wiederholte Studienreisen führten ihn nach Italien (1862-65 fungierte er als Konsulatssekretär in Rom), Griechenland, Kleinasien, Ägypten, Rußland etc. Von seinen Werken verdienen namentliche Hervorhebung: "Indledning i Studiet af Sveriges Litteratur i vort Aarhundrede" (Kopenh. 1862); "Omrids af den norske Poesies Historie" (das. 1866-69, 2 Bde.); "Det Skönas Verld. Estetikens och Konsthistoriens Hufvudläror" (Stockh. 1860-70); "Från min Vandringstid" (das. 1873-75, 3 Bde.); "Christusbilledet" (Kopenh. 1880); "Antinoos, eine kunstarchäologische Untersuchung" (Christiania 1884); "Fra Kunsten's Verden" (Kopenh. 1885). Außerdem verfaßte er Monographien über Runeberg (Stockh. 1864) und Tidemand (1878-79), mehrere Schauspiele ("En Arbetare", "Karl Folkunge" etc.), die Dichtung "Kivleslåtten" (1879) und zahlreiche kritische und kunsthistorische Aufsätze in norwegischen, schwedischen und deutschen Zeitschriften. 1875-76 gab er eine "Tidskrift for Konst och Konstindustri" in Stockholm heraus. D. ist seit 1862 mit der norwegischen Malerin Mathilde Bonnevie (geb. 12. Juli 1837 zu Christiania) verheiratet, die ihn auf seinen Reisen begleitete.

Dietrichstein, altes freiherrliches, später gräfliches, in der Hauptlinie seit dem 17. Jahrh. fürstliches Haus, stammt aus Kärnten, wird 7. Jan. 1003 zum erstenmal urkundlich genannt, erscheint seit dem 12. Jahrh. deutlicher als bischöflich bambergisches Dienstmannengeschlecht und besaß Güter in Innerösterreich, Mähren und Böhmen. Zu Ende des 15. Jahrh. zerfiel die Familie in zwei Linien, die Weichselstätt-Rabensteinische und die Hollenburg-Finkensteinische, deren erstere sich in eine ältere und eine jüngere schied und 1859, bez. 1861 erlosch, während die Hollenburg-Finkensteinische, vielfach abgezweigte Linie (s. unten) als jüngere Nikolsburger 1769 die Fürstenwürde erhielt, endlich eine andre Linie durch Erbanfall das Prädikat Proskau und 1802 nach Aussterben der Grafen von Leslie letzteres Prädikat erwarb und somit sich D.-Proskau-Leslie schrieb. Die Nikolsburger Linie erlosch 1864 (s. unten, D. 6), worauf durch kaiserliches Diplom 1869 der fürstliche Titel D.-Nikolsburg auf den Grafen Mensdorff-Pouilly (s. d.), den Gemahl der Gräfin Alexandrine von D., Tochter des Fürsten Joseph von D., übertragen wurde. Vgl. "Rerum gestarum gentis Dietrichsteinianae", Bd. 1 (Olmütz 1621); Benedikt, Die Fürsten von D. ("Schriften des Historischen Vereins für Innerösterreich", Graz 1848); Feyfar, Die erlauchten Herren auf Nikolsburg (Wien 1879). Bemerkenswert sind:

1) Pankraz von, 1480-97 als Pfleger und Landrichter zu Hartnidstein bei Wolfsberg (bambergisch) genannt, verteidigte 1483 seine Stammburg lange gegen das siegreiche Heer des ungarischen Königs Matthias Corvinus und übergab sie erst gegen das Versprechen, daß keine Feindseligkeit darin verübt werden solle; trotz des Vertrags wurde aber die Feste gänzlich geschleift. Kaiser Maximilian I. verlieh ihm 1506 für sein ganzes Geschlecht das Erbmundschenkenamt in Kärnten. Er starb 4. Sept. 1508.

2) Siegmund, Sohn des vorigen, geb. 1484, kam früh an den Hof Maximilians I., kämpfte 1514 gegen die Venezianer und 1515 gegen die aufrührerischen Bauern bei Rann, 1525 in Steiermark, besetzte Schladming, wurde aber von den aufständischen Bauern des Salzburger Bundes unter Führung Grubers 3. Juli frühmorgens überfallen und gefangen nach Werfen abgeführt, indem er nur mit Not durch seine Landsknechte der Hinrichtung entging, ward jedoch wegen seiner Bemühungen um Herstellung des Friedens bald wieder freigegeben. 1514 Freiherr geworden, ein Liebling Maximilians I., den ein Gerücht zu seinem Vater macht, genoß er auch das Vertrauen Ferdinands I. Er starb 19. Mai 1533 auf Finkenstein und wurde zu Villach in der St. Jakobskirche bestattet. Nach dem Testament Kaiser Maximilians I. von 1519 sollte er in Wiener-Neustadt zu den Füßen des Kaisers beigesetzt werden. Er stiftete den Innern Mäßigkeitsbund und die St. Christophsbrüderschaft. Seine Söhne Siegmund Georg, welcher Protestant wurde, und Adam teilten den Hollenburgischen Stamm in zwei Äste, den österreichischen, welcher 1651 in den Reichsgrafenstand und 1684 in den Reichsfürstenstand erhoben wurde und 1825 im Mannesstamm erlosch, und den Nikolsburger oder fürstlichen Ast.

3) Adam, Sohn des vorigen, geb. 7. Okt. 1527 zu Graz, kam noch jung als Truchseß an Kaiser Ferdinands I. Hof und war schon 1548 Mundschenk des Erzherzogs Maximilian, der ihn mit mehreren ehrenvollen Sendungen beauftragte. Er wirkte zum Abschluß des Passauer Vertrags und des Religionsfriedens zu Augsburg mit, bemühte sich als Gesandter Maximilians II. vergeblich, 1561 vom Papst Pius V. das Abendmahl unter beiderlei Gestalt, die Priesterehe und die Aufhebung der Ordensgelübde der Malteserritter zu erlangen, und beseitigte als Gesandter am spanischen Hof seit 1563 die zwischen dem Kaiser und Philipp II. vornehmlich wegen der den österreichischen Ständen bewilligten freien Religionsübung und wegen der niederländischen Unruhen entstandene Mißstimmung. Seine Aufzeichnungen über Don Karlos sind wichtige Zeugnisse. 1572 erwarb er die von den Liechtensteinern 1560 für 60,000 böhm. Thaler dem reichen Ungarn Ladislaus v. Kerecsényi verkaufte Schloßherrschaft Nikolsburg in Mähren als kaiserliches Lehen, 1575 als erbeignen Besitz. 1572 erwirkte er als kaiserlicher Kommissar von den Ständen Ungarns noch die Krönung seines Zöglings Rudolf II. Seine letzten Jahre verlebte er auf seinem Schloß Nikolsburg unter wissenschaftlichen Beschäftigungen. Er starb 5. Febr. 1590.

4) Franz, Fürst von D., Kardinalbischof von Olmütz, geb. 22. Aug. 1570 zu Madrid, Sohn des vorigen, erhielt seine Bildung in Wien und Prag, seit 1588 im Collegium germanicum zu Rom, wurde 1591 schon Olmützer Domherr, dann Kanonikus zu Breslau und Passau, 1597 Propst zu Leitmeritz und, 1597 zum Priester geweiht, 3. Mai 1599 Kardinal und 23 Tage später, auf Andringen des Papstes, durch kaiserliche Intervention trotz des anfänglichen Sträubens der Olmützer Domherren Bischof daselbst. Als päpstlicher Legat hielt er 9. Aug. 1600 seinen Einzug in sein Bistum. Trotzdem, daß damals in Mähren der Protestantismus herrschte und die Mähren ihm sowohl als Fremden wie als Papisten mit Mißtrauen entgegentraten, ebneten ihm sein Talent und Ehrgeiz, gepaart mit zäher Ausdauer und Geschäftsgewandtheit, die Wege, und bald galt er als Seele der katholischen Gegenreformation und Regierungspartei, so daß er es bald zum Landeshauptmann-Stellvertreter brachte und, obschon 1602 dieser Stelle enthoben, in seinem Einfluß nach oben und unten zunahm. Auch als Kriegsmann war er thätig, indem er 1605 gegen die nach Mähren streifenden Insurgentenscharen Bocskays ein Aufgebot befehligte und die ungarische Grenzstadt Skalitz einnahm. In der Gunst des Prager Hofs Kaiser Rudolfs II. war er bereits derart gestiegen,