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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Doris - Dorn.

dessen Leitung er die großen Shakespeareschen Rollen: Richard III., König Lear, Shylock u. a., sowie Nathan und Mephistopheles studierte und spielte. 1838 trat D. an Seydelmanns Stelle in Stuttgart, 1841 kam er ans Hoftheater in Hannover; 1845 folgte er einem Ruf nach Berlin, Seydelmann zu ersetzen, und feierte hier 25. Jan. 1875 sein 50jähriges Schauspielerjubiläum. Er starb 17. Aug. 1878 in Berlin. D. war eine für die Bühne großartig begabte Natur, aber seine Triumphe wurden ihm zu leicht. Sein Spiel hatte viel Extemporiertes: nur die Umrisse standen ihm fest, die Details belebte erst der Augenblick, wie sich dies bei wiederholten Darstellungen desselben Charakters zeigte. Unerschöpflich war er in Masken und Tonarten, die fast immer die Erscheinung des Charakters deckten; seine mittelgroße Figur und die unausgesprochene Klangfarbe seiner eben nicht großen Stimmmittel unterstützten seine Wandlungsfähigkeit. Aus dem reichen Verzeichnis seiner Schöpfungen nennen wir noch: Jago, Franz Moor, Carlos ("Clavigo"), Tartüffe, Elias Krumm, Malvolio, Frosch, Adam ("Der zerbrochene Krug"), Alter Magister, Herzog Karl ("Karlsschüler"), Just, Lindenwirt, Hans Lange, Leberecht Müller ("Störenfried"), Tischlermeister Anton ("Maria Magdalena"). Vgl. Wexel, Th. D. als Mensch und Künstler (Berl. 1878).

Doris, kleine Gebirgslandschaft im alten Hellas (s. Karte "Altgriechenland"), etwa 220 qkm (4 QM.) groß, zwischen dem Öta und Parnassos gelegen und von dem Oberlauf des böotischen Kephisos (Mavroneri) nebst dessen Nebenfluß Pindos (jetzt Kagenitza) bewässert. Dies kleine Bergland erkämpften sich die aus ihren ältesten Sitzen in Thessalien verdrängten Dorier, indem sie die Dryoper, welche es vor ihnen innehatten, überwältigten, und gründeten daselbst vier kleine Städte: Böon, Kytinion, Erineos und Pindos, welche die sogen. dorische Tetrapolis bildeten. Das arme Ländchen, dessen Bewohner den Spottnamen "Hungerdorier" führten, wurde doch als Ursitz und Metropolis des gesamten dorischen Stammes angesehen und geachtet und darum mehrmals von den verwandten Spartanern gegen seine feindlichen Nachbarn geschützt. Im persischen Krieg schlossen sich die Bewohner an die Perser an und wurden deshalb geschont. Unglücklicher war ihr Los in den phokischen und makedonischen Kriegen, in welchen ihre Städte wiederholt zerstört wurden. D. hießen auch im weitern Sinn alle die dorischen Kolonien, welche auf der Südwestküste von Kleinasien (Karien) und den benachbarten Inseln Kos, Rhodos, Nisyros, Kalymna, Karpathos, Syme u. a. gegründet wurden; im engern nur die sechs Städte Jalysos, Lindos, Kamiros (auf Rhodos), Knidos, Halikarnassos (in Kleinasien) und Kos (auf der gleichnamigen Insel). Sie bildeten eine Hexapolis und standen als solche in einer losen politisch-religiösen Verbindung, welche in dem gemeinsamen Kultus des triopischen Apollon auf dem Triopischen Vorgebirge bei Knidos ihren Ausdruck fand. Nachdem später das vorwiegend ionische Halikarnassos aus dem Bund gestoßen worden, bestand derselbe als Pentapolis fort. Die übrigen dorischen Städte der Nachbarschaft standen meist in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dem Bund. Im Heer des Xerxes dienten die Dorier der Hexapolis gegen Griechenland mit 30 Schiffen; später wurden sie von den Athenern abhängig und diesen tributpflichtig. Nach dem Peloponnesischen Krieg von der Herrschaft der Athener befreit, blühten die dorischen Städte durch großen Wohlstand; aber die politische Wichtigkeit des Bundes war dahin. Von dem frühern Flor der dorischen Hexapolis zeugt die große Zahl ihrer Kolonien in Kleinasien, Sizilien und Spanien. Vgl. Dorier.

Doris, die Mutter der Nereiden, s. Nereus.

Dorischer Baustil, s. Baustil u. Baukunst, S. 486.

Dorischer Dialekt, s. Griechische Sprache.

Dorische Tonart, s. Griechische Musik und Kirchentöne.

Dorische Wanderung, die Eroberung des Peloponnes durch die Dorier (s. d.), in der Sage der Zug der Herakliden, die mit den Doriern in den Peloponnes zogen, um die von ihrem Ahnherrn Herakles früher unterworfenen Lande, wie Argos, Lakedämon, das messenische Pylos etc., wiederzuerobern. S. Herakliden.

Dorismus, die Eigentümlichkeit des dorischen Volkscharakters; auch s. v. w. dorischer Dialekt.

Dorking, Stadt in der engl. Grafschaft Surrey, am Mole, der sich hier durch die nördlichen Downs einen Weg bahnt, hat Obstbau (Kirschen) und ist bekannt wegen ihrer fünfzehigen Hühner. Sie hat (1881) 6325 Einw. Dabei Box Hill, beliebter Aussichtspunkt, und Deepdene, Landsitz der Frau Hope.

Dorlisheim, Flecken im deutschen Bezirk Unterelsaß, Kreis Molsheim, an der Eisenbahn Schlettstadt-Zabern, mit evangelischer und kath. Pfarrkirche, Papierfabrik, Wein- und Obstbau und (1880) 1889 Einw.; 3 km westlich liegt Altdorf, an einem Arm der Breusch, mit (1880) 858 kath. Einwohnern und schöner Kirche einer ehemaligen berühmten Benediktinerabtei, die 968 vom Grafen Hugo von Dagsburg gegründet wurde und 1789 einging.

Dorlotieren (franz.), verhätscheln, verzärteln.

Dorlotine (franz.), Ruhebett.

Dormant (franz., spr. -mang), s. v. w. Tafelaufsatz.

Dormant partner (engl., spr. dórment), im Gegensatz zu Ostensible partner in England s. v. w. stiller Gesellschafter (s. Handelsgesellschaft).

Dormént (lat.), s. v. w. Dormitorium.

Dormeuse (franz., spr. -möhs'), zum Schlafen eingerichteter Reisewagen; auch Schlaf- oder Negligeehaube.

Dormitiv (lat.), Schlafmittel.

Dormitor, gigantische Berggruppe an der Nordecke von Montenegro, aus kahlen dolomitischen Nadeln und Pyramiden gebildet, 2400 m hoch.

Dormitorium (lat., Dorment), Schlafsaal, besonders in Klöstern.

Dorn (Spina), in der ältern Botanik starre, an der Spitze stechende Gebilde, welche umgewandelte Zweige darstellen, werden besser als Kaulomstacheln (s. Stacheln) bezeichnet. Bei der Metallbearbeitung versteht man unter D. cylindrische oder kegelförmige Stahlstäbchen zur Erweiterung von Löchern, zur Bearbeitung hohler Gegenstände auf ihrer Oberfläche etc.; auch der feste Kern bei Darstellung dünnwandiger Röhren etc. Bei der Gewehrfabrikation heißt D. der eiserne Stab, über welchen die Gewehrläufe geschmiedet werden; an deutschen Schlössern der eiserne Cylinder, welcher in die Schlüsselröhre eingeht.

Dorn, 1) Heinrich Ludwig Edmund, Komponist, geb. 14. Nov. 1804 zu Königsberg, studierte von 1823 an hier und in Berlin die Rechtswissenschaft, widmete sich aber dann der Tonkunst und bildete sich unter Berger und Klein zum Klavierspieler und Komponisten aus. Schon 1826 kam seine erste Oper, "Rolands Knappen", zu der er selbst den Text gedichtet, in Berlin mit Beifall zur Aufführung. Nachdem er vorübergehend eine Lehrerstelle an einem Musikinstitut zu Frankfurt a. M. bekleidet, dann als Musikdirektor in Königsberg fungiert hatte, wo er 1828 seine zweite Oper, "Die Bettlerin" (Text von Holtei),