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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Draht

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Draht.

der Ziehbank hergestellt, welche den D. nicht aufwickelt, sondern ihn geradlinig durch das Zieheisen zieht. Bei sehr dünnem D. benutzt man statt des stählernen Zieheisens durchbohrte harte Steine, wie Korund, Rubin, Saphir, durch welche der D. gezogen wird. Die Durchmesserabnahme der Ziehlöcher, der sogen. Verdünnungskoeffizient, beträgt durchschnittlich 0,97. Zum Pressen von Blei- und Zinndraht dient eine hydraulische Presse (Fig. 3), deren Kolben P eine Stange und auf derselben einen Kolben K trägt, der in den über ihm befindlichen, mit geschmolzenem Metall gefüllten Raum a tritt und, indem er sich hebt, das Metall durch die enge Öffnung d herauspreßt.

Zur Messung der Stärke des Drahts dienen die Drahtlehren (s. Lehren) und zur Benennung derselben die sogen. Drahtnummern, welche bisher nach Ländern, Provinzen, Ortschaften, selbst nach Fabriken verschieden waren und einen Vergleich verschiedener Nummern untereinander sowie eine Kontrolle der Nummern unmöglich machten. Deutsche und österreichische Fabriken beschlossen daher die Einführung der auf metrisches Maß basierten Kraftschen Drahtlehre, bei welcher jede Nummer zugleich den Durchmesser des Drahts in Zehntelmillimetern angibt. Bei den feinern Drahtsorten, bei welchen die Differenz keine ganzen Zehntelmillimeter zwischen je zwei aufeinander folgenden Sorten beträgt, ist das Maß von Hundertstelmillimetern zur Unterscheidung der Drähte eingeführt u. zwar in der Weise, daß die Zehntelmillimeter als Zähler, die Hundertstel als Nenner des Bruches geschrieben werden.

Nr. Dicke in Millimeter Differenz

100 10 -

94 9,4 0,6

88 8,8 0,6

82 8,2 0,6

76 7,6 0,6

70 7,0 0,6

65 6,5 0,5

60 6,0 0,5

55 5,5 0,5

50 5,0 0,5

46 4,6 0,4

42 4,2 0,4

38 3,8 0,4

34 3,4 0,4

31 3,1 0,3

28 2,8 0,3

25 2,5 0,3

22 2,2 0,3

20 2,0 0,2

18 1,8 0,2

16 1,6 0,2

14 1,4 0,2

13 1,3 0,1

11 1,1 0,1

10 1,0 0,1

9 0,9 011

8 0,8 0,1

6 0,6 0,1

5/5 0,55 0,05

5 0,5 0,05

4/5 0,45 0,05

4 0,4 0,05

3/7 0,37 0,03

3/4 0,34 0,03

3/1 0,31 0,03

2/8 0,28 0,03

2/6 0,26 0,02

2/4 0,24 0,02

2/2 0,22 0,02

2 0,20 0,02

Eisendraht wird in großer Menge zu Telegraphen- und Telephonleitungen, zu Drahtseilen und zur Fabrikation von Drahtstiften, zu Drahtgeweben, in der Blumenfabrikation und zu zahlreichen andern Zwecken benutzt. Bisweilen wird der D. in schwache Kupfervitriollösung gelegt und dadurch dünn verkupfert, um ihn vor Rost zu schützen. Von Eisendraht, der 1 mm dick ist, gehen etwa 162 m auf 1 kg. 50 kg Materialeisen liefern 45-46 kg Walzdraht und 50 kg von diesem 42-45 kg gezogenen D. Stahldraht hat erst in neuester Zeit und besonders seit Einbürgerung des Gußstahls eine bedeutendere Rolle übernommen; am wichtigsten ist seine Benutzung zu Klaviersaiten, welche die bis dahin gebräuchlichen Saiten aus Eisendraht fast ganz verdrängt haben. Die Darstellung der Saiten geschieht ganz wie die des Eisendrahts, erfordert aber eine außerordentliche Sorgfalt in Auswahl und Behandlung des Materials. Die ersten brauchbaren Gußstahlsaiten kamen von Webster in Birmingham; seit 1850 liefert aber Wien mindestens ebenso gute, und auch in Nürnberg werden dergleichen gemacht. Auch zu Bürsten wird viel Stahldraht verbraucht. Der englische Stahldraht kommt, 0,33-5,8 mm dick, für Uhrmacher und Mechaniker gewöhnlich in fußlangen, geraden Stücken unter dem Namen Rundstahl im Handel vor; stärkere Sorten, bis 12 mm dick, sind gewalzt. Eigentümlich geformte Arten von Stahldraht sind: der gezogene viereckige, auf dem Querschnitt teils quadratische, teils flache Stahl, der Triebstahl und der Sperrkegelstahl. Der Triebstahl wird von den Uhrmachern zur Verfertigung der Getriebe angewendet und hat im Querschnitt die Gestalt eines Getriebes mit 6, 7, 8, 10 oder 12 Zähnen. Bei Verfertigung desselben wird runder Stahldraht durch Zieheisen gezogen, welche kreisrunde Löcher und am Rande derselben eine angemessene Anzahl schneidiger Spitzen enthalten; diese gleich Messern wirkenden Spitzen werden nach jedem Zug mittels Schrauben weiter gegen den Mittelpunkt vorgeschoben, bis die von ihnen eingeschnittenen Furchen die gehörige Tiefe erlangt haben. Die Vollendung erhalten die Stangen durch ein gewöhnliches Zieheisen mit in der erforderlichen Weise gestalteten Löchern. Kupfer- und Messingdraht wird aus gegossenen und geschmiedeten Stücken oder aus schmalen Streifen gezogen, die man von entsprechend dicken Blechtafeln mittels einer Kreisschere oder eines Walzschneidewerkes abschneidet und, ehe sie auf den Drahtzug kommen, in einem Walzwerk mit gefurchten Cylindern rundet. Auch streckt man auf dem Walzwerk runde Kupferstangen, um sie für den Drahtzug vorzubereiten. Man benutzt den Kupferdraht hauptsächlich für elektrische Apparate, Messingdraht zu Drahtgeweben, Kratzbürsten etc. Von 1 mm dickem Kupferdraht wiegen etwa 142 m 1 kg. Messingdraht wird von 8-10 mm Dicke an auf dem Leierwerk gezogen, von 1 mm dickem D. wiegen etwa 148 m 1 kg. Neusilber- und Zinkdraht wird wie Messingdraht dargestellt, hat aber wenig Bedeutung. Der Gold- und Silberdraht wird teils aus Gold und Silber gefertigt (echter), teils ist er eine wohlfeile Nachahmung echter Drähte aus unedlen Metallen (unechter oder leonischer [lyonischer]). Ersterer, sowohl rund als geplättet (Lahn) und von mancherlei andern Formen, wird zumeist von Gold- und Silberarbeitern zur Verfertigung von Schmucksachen (Ringen, Uhr- und Halsketten, Nadeln, Filigranarbeiten etc.) verwendet und in der Regel auch von denselben im kleinen gezogen. Man schmiedet einen gegossenen Stab dünn aus und zieht ihn dann auf einer Schleppzangenziehbank, zuletzt mit einer Zange aus freier Hand. Die Drähte aus legiertem Gold und Silber müssen während des Ziehens oft geglüht werden. In größerer Menge werden fast nur die feinen Gold- und Silberdrähte zu Tressen, Gold- und Silbergespinsten etc. dargestellt. Man unterscheidet echten Silberdraht, aus feinem

^[Abb.: Fig. 3 Drahtpresse. Vertikalschnitt.]