Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Dünger

220

Dünger (Stallmist).

Mangelhafte Surrogate bilden Torfgruß, Sägespäne, Gerberlohe und gut getrocknete thonige Erde. Der Mist der Pferde (Esel, Maultiere) ist reich an Stroh, trocken und entwickelt bei seiner Zersetzung große Wärme, daher er vorzüglich zu Treibbeeten und für bindige, kalte, thonige Felder sich eignet. Er ist relativ reicher an Stickstoff als der der andern Haustiere. Der Schweinemist ist meistens wässeriger, kalt, langsam sich zersetzend, reich an Unkrautsamen; er findet vorzugsweise auf trocknem, lockerm Boden und auf Wiesen und Futterfeldern Verwendung, paßt aber, gut behandelt, überallhin. Der Schafmist (Ziegenmist) ist trocken, reich an Stickstoff und Aschenbestandteilen und enthält die am feinsten zerkleinerten Pflanzenreste. Da man den Schafen weniger einstreut als den andern Tieren, so enthält er mehr Fäces bei gleichem Volumen, ist also auch wirksamer. Er zersetzt sich aber sehr ungleich im Stall und sehr rasch im Boden, ist also nicht nachhaltig. Man verwendet ihn am liebsten zu Ölpflanzen und auf feuchtem, thonig-kaltem Boden; gut verrottet eignet er sich für alle Pflanzen und jeden Boden. Man will von ihm Nachteile für die Güte des Weins, des Leins, der Zuckerrüben, der Gerste und andrer Pflanzen, bei welchen die Güte des Produkts mehr als die Menge in Betracht kommt, beobachtet haben. Am geschätztesten ist der Rindviehmist, obwohl er ärmer an Stickstoff ist. Die breiigen Exkremente des Rindes mischen sich am gleichartigsten mit der Streu zu einem homogenen Ganzen mit langsamerer, aber nachhaltiger Zersetzung, so daß er auf allen Feldern anwendbar ist und in seinem gesamten Verhalten dem gemischten Mist am nächsten steht.

Die Brauchbarkeit des Mistes hängt jedoch wesentlich von seiner Behandlung ab; frisch gibt er das größte Volumen und wirkt am nachhaltigsten, ist aber auch im gegebenen Volumen oder Gewicht am ärmsten an Nährstoffen und nur für bindigen Boden, welchen er lockert, vorzuziehen. Halb verrottet wird er am meisten angewendet, weil er dann gleichartiger, reicher und doch noch nachhaltig und lockernd genug ist. Ganz verrottet (speckig) ist er am konzentriertesten, am raschesten wirksam, bindend für Sandboden, aber auch am wenigsten geeignet, den Boden zu erwärmen, zu lockern und mit zersetzenden Gasen zu bereichern. Man verwendet ihn frisch, entweder direkt aus dem Stall, oder nach längerm Liegenlassen im Stall oder auf den Dungstätten. Hier ist er der Luft, der Sonne und dem Regen ausgesetzt (wenn nicht ein Dach angebracht wird, was viele vorziehen, andre verwerfen) und muß deshalb vor Verlusten geschützt werden. Das geschieht durch gute Anlage der Gruben, in welche kein Tagwasser fließen darf, und von deren Boden die Jauche gut in die besondern Behälter abfließen muß, durch dichtes Übereinanderschichten, Festtreten, Bestreuen mit Gips oder ähnlich wirkendem Material, durch Bedecken mit Erde, durch fleißiges Bespritzen mit der Jauche und durch Anlage von Abteilungen, damit nicht zuviel Mist übereinander geschichtet und ungleiches Material benutzt werden muß. Bei der Aufbewahrung im Stall bedarf es weniger Vorkehrungen für die Konservierung des Mistes, wohl aber solcher für das Vieh, damit nicht die vermehrte Wärme, Ausdünstung und Ammoniakentwickelung demselben schade, vor allem also guter Ventilation und außerdem noch der beweglichen Krippen und Raufen, um diese bei der allmählichen Anhäufung des Mistes höher stellen zu können, zumal auch die Streu reichlicher gegeben werden muß. Gemischter Mist enthält bis 75 Proz. Wasser, frisch etwa 24 Proz. organische Stoffe und bis 2 Proz. Aschenbestandteile; in ganz verrottetem Mist vermindern sich jene bis auf 16 Proz. und darüber und vermehren sich diese bis auf 8 Proz. und darüber. Der Verlust betrifft hauptsächlich den Kohlenstoff und Wasserstoff, welche größtenteils unter Aufnahme von Sauerstoff zu Kohlensäure und Wasser verbrennen; der Stickstoff kann ganz erhalten werden, wenn täglich Gips, schwefelsaure Magnesia etc. angewendet werden.

Der Mist enthält zwar alle Aschenbestandteile der Pflanzen, der auf irgend einem Gut gewonnene aber nicht die Gesamtheit der den Feldern entzogenen Mengen, wenn nicht von außerhalb Futter im großen erworben oder nur, wie z. B. bei Brennereimastbetrieb, vorzugsweise organische Bestandteile verkauft werden. Hinsichtlich der Felder muß der Mist in der Summe seiner Wirkungen für unersetzlich erklärt werden. Er lockert und erwärmt den Boden, bindet den losen Sand und verhindert die zu große Einwirkung der Sonnenstrahlen; er erhält die Feuchtigkeit und befördert die Verdunstung; er entwickelt Kohlensäure und Ammoniak, welche zersetzend auf den Mineralbestand des Bodens wirken; er liefert im Maße seiner fortschreitenden Verwesung den Pflanzen die Nährstoffe und begünstigt die Aneignung der atmosphärischen Dungstoffe durch dieselben; vor allem aber kommt in Betracht, daß er die Witterungsextreme minder fühlbar macht und, entsprechend angewendet, die gegebenen Bodenzustände korrigieren läßt (vgl. Humus im Artikel Boden). Seinen physikalischen Eigenschaften gebührt unbedingt der Vorzug, da die chemischen (die Nahrungszufuhr) auch durch andre Dungmittel zu beschaffen sind, jene aber nur je einzeln durch spezielle Kulturmittel und doch nie mit gleicher Sicherheit des Erfolgs. Mit Recht hält ihn daher der Landwirt trotz des hohen Erzeugungspreises und trotz des großen Aufwandes für Transport und Unterbringung hoch in Ehren; mit nicht minderm Recht aber bestrebt sich die Technik, Mittel aufzufinden, um ihn möglichst zu ersetzen, und lehrt die Chemie, daß er in weitaus den meisten Fällen für sich allein nicht genügt, wenn man ihm nicht die ihm fehlenden Quantitäten der wichtigsten Nährstoffe (Kali, Phosphorsäure, auch oft Magnesia) zusetzt oder ihn mit anderm D. ergänzt. Es liefern pro Jahr ein Stück Rindvieh 10-14, ein Pferd 8, ein Schwein 1-2, ein Schaf ½-1 Fuder Mist, das Fuder zu 20 Ztr. gerechnet. Bei seiner Anwendung hat man hauptsächlich für möglichst gleichmäßiges Ausstreuen über das Feld zu sorgen; ob er am besten gleich untergeackert oder breit liegen gelassen wird bis zum Unterackern, hängt von dem Boden ab; letzteres Verfahren hat den Vorzug da, wo Neigung zum Krustieren gegeben ist, und bei gutem Thongehalt der Krume, da dieser der Auslaugung entgegenwirkt. Das Liegenlassen des Mistes in kleinen, unbedeckten Häufchen ist zu verwerfen. Stark heißt eine Düngung von 800 Ztr. und darüber pro Hektar; man gibt sie nur zu Wurzelfrüchten, Raps u. dgl., zu Hopfen, Hanf, Bohnen, Tabak, Futterwicken, Mais, seltener auch zu Kartoffeln und stets für mehrere Jahre, resp. Pflanzen nach diesen Früchten. Mittlere Düngung mit bis 600 Ztr. pro Hektar lieben die Getreidearten, Wein und Obst, Lein, Erbsen, Zuckerrüben, Möhren, Kartoffeln, Mohn; schwache bis mit 400 Ztr. wendet man nur für Getreide, auf Wiesen, auf Kleeumbruch und als Nachdüngung an. Je nach der Zahl der Jahre, für welche eine Mistdüngung gegeben wird, spricht man von der Stellung der Früchte in erster, zweiter, dritter Tracht etc.