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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Dürfen; D'Urfey; Durgâ; Durham

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Dürfen - Durham.

der die Lyra erfindet, eine goldene Medaille. Das Werk befindet sich jetzt im Palais Royal. Im J. 1833 schuf er den neapolitanischen Fischer, die Tarantella tanzend, eine Arbeit voll höchster Lebendigkeit, von vollendeter Eleganz und von feinster Durchbildung des Körpers, welche sein Hauptwerk blieb (Louvre zu Paris), dann den Chactas am Grab Atalas und 1836 den Improvisator, ein Liebesliedchen singend, (Louvre, Wiederholung im städtischen Museum zu Leipzig; s. Tafel "Bildhauerkunst X", Fig. 2). Für das Museum zu Versailles führte er die Statuen von Molière, Dunois und Richelieu aus, für die Kirche Ste.-Madeleine einen Christus und St. Gabriel; den Saal der sept cheminées im Louvre schmückte er mit den Viktorien, und für das Foyer des Théâtre français schuf er die Statuen der Tragödie und Komödie und der Schauspielerin Rachel. 1860 vollendete er die monumentale Fontäne mit dem heil. Michael als Drachentöter auf dem Platz St.-Michel in Paris. Als Professor an der École des beaux-arts hat er mehr durch seine Lehrthätigkeit als durch seine Arbeiten gewirkt. Er starb 1865.

Dürfen ist dem Sollen (s. d.) in dem Sinn verwandt, daß beide eine gewisse Beschaffenheit des Wollens, dagegen in dem Sinn entgegengesetzt, daß das letztere alle diejenigen Eigenschaften umfaßt, wodurch das Wollen unbedingt beifällig (wertvoll), dagegen das D. alle diejenigen, wodurch dasselbe nicht unbedingt mißfällig (verwerflich) wird. Letzteres heißt erlaubt, ersteres dagegen (sittlich) geboten, das Gegenteil beider unerlaubt oder verboten.

D'Urfey (spr. dorfi), Tom, engl. Lustspieldichter, geboren um 1630 zu Exeter als Sprößling einer alten französischen Protestantenfamilie, widmete sich den Rechtsstudien, trieb aber mit größerm Eifer schöne Wissenschaften, schrieb Schauspiele, Opern, Gedichte und sang und musizierte den Großen vor. Er starb in hohem Alter 26. Febr. 1723. Unter seinen Bühnenstücken, die (im ganzen 32) wie seine sämtlichen Produktionen, dem Zeitgeschmack entsprechend, möglichst frivol sind, werden "The siege of Memphis" (1672), "Madam Fickle" (1677), "The plotting sisters" und "Bassy d'Ambois" (1691) vor andern genannt. Seine übrigen Gedichte (Satiren, Elegien, Oden) und Erzählungen erschienen in mehreren Ausgaben, die jetzt ziemlich selten sind.

Durgâ, ind. Göttin, s. Pârwati.

Durham (spr. dorräm), Hauptstadt der nach ihm benannten engl. Grafschaft, liegt malerisch am Wear und wird von zwei bewaldeten Hügeln überragt, deren einer die 1093-1320 aufgeführte Kathedrale, größtenteils normännischen Stils, und das von Wilhelm dem Eroberer erbaute Schloß trägt, während den andern eine Sternwarte krönt. Den Marktplatz mit dem 1555 erbauten Rathaus ziert ein Reiterstandbild des Marquis von Londonderry. Zwei alte Brücken führen über den Wear nach der Vorstadt Elvet, wo sich ein großartiges Gefängnis befindet. D. hatte 1881: 14,930 Einw. Die Industrie ist nur wenig entwickelt, dahingegen hat die Stadt zahlreiche Bildungsanstalten, vor allen eine Universität (1657 von Cromwell gegründet, 1831 erneuert), die im alten Schloß ihren Sitz hat, aber trotz reicher Mittel, großer Bibliothek und guten Museums doch nur wenig besucht wird; außerdem zwei anglikanische Lehrerseminare. Ein katholisches Seminar (St. Cuthbert's) liegt bei Ushaw, 6 km nordwestlich der Stadt. In derselben Richtung liegt das Schlachtfeld von Neville's Croß, wo König David Bruce von Schottland 20. Okt. 1346 besiegt und gefangen wurde.

Durham (spr. dörren), 1) John George Lambton, Graf von, engl. Staatsmann, geb. 12. April 1792 aus dem schon seit alter Zeit in der Grafschaft Durham ansässigen Geschlecht Lambton, erzogen zu Eton und Cambridge, trat 1813 ins Unterhaus und that sich bald als Parlamentsredner hervor. Am 17. April 1821 legte er einen Parlamentsreformplan vor, dessen Grundzüge später bei der vor das Haus gebrachten Wahlreformbill benutzt wurden, und worin er namentlich Aufhebung des Wahlrechts der verrotteten Flecken, Übertragung desselben auf die größern Städte, Ausdehnung des Stimmrechts und dreijährige Parlamente forderte. Bei Auflösung des Kabinetts Goderich (1828) warb er zum Baron D. und Mitglied des Oberhauses ernannt, und nach dem Sturz des toryistischen Ministeriums Wellington-Peel (1830) trat er als Geheimsiegelbewahrer ins Kabinett seines Schwiegervaters, des Grafen Grey. In dieser Stellung nahm D. 1831 und 1832 bedeutenden Anteil an der Durchführung der Reformbill; als aber Grey sich in der Folge den Tories zu nähern schien, schied D., der an der Spitze der vorgeschrittenern Liberalen stand, 1833 aus dem Ministerium und wurde zum Viscount Lambton und Grafen von D. erhoben. Nachdem er in den nächsten Jahren verschiedene diplomatische Posten in Paris und Petersburg, wo er früher schon einmal außerordentlicher Botschafter gewesen war, bekleidet hatte, ward er 1838 nach dem Ausbruch der kanadischen Unruhen zum Generalgouverneur, Vizeadmiral und Generalkapitän aller britischen Kolonien in Nordamerika mit höchst ausgedehnter, fast diktatorischer Vollmacht ernannt und wußte durch ebenso energische wie kluge Maßregeln den Sturm in Kanada zu beschwören. Da er aber eine Anzahl Rädelsführer des Aufstandes durch Ordonnanz nach der Insel Bermuda verbannte, so wurde er, obgleich dieser Spruch im Einverständnis mit einem aus Kanadiern gebildeten Beirat erfolgt war, von den ihm mißgünstigen Tories angegriffen, und eine von Lord Brougham, mit dem D. persönlich verfeindet war, 7. Aug. 1838 im Oberhaus eingebrachte Bill bewog das schwache Ministerium, jene Ordonnanz außer Kraft zu setzen. D. legte sofort sein Amt nieder und kehrte ungeachtet der Sympathiebezeigungen des kanadischen Volkes, das in einer Menge Adressen sein Bedauern über Durhams Entschluß ausdrückte und Broughams Bild verbrannte, 30. Nov. 1838 nach England zurück. Er verteidigte seine Politik durch eine Denkschrift, zog sich aber, empört über die ihm widerfahrene Unbill, von den Geschäften zurück und starb 28. Juni 1840 in Cowes auf der Insel Wight. Die in Durhams Denkschrift vorgeschlagene Reform der Kolonialpolitik ist nach seinem Tod nicht nur für Kanada, sondern später auch für die meisten andern britischen Besitzungen durchgeführt worden.

2) Joseph, engl. Bildhauer, geb. 1821 zu London, erlernte von 1837 an seine Kunst unter John Francis und arbeitete nachher unter Leitung von Baily. 1845 debütierte er glücklich mit einer Büste von Jenny Lind, die in zahlreichen Kopien verbreitet wurde. Ebenso großen Beifall fand 1856 die Büste der Königin Viktoria (im Mansion House). Unter seinen übrigen Werken, von denen manche poetisch aufgefaßt und voll Anmut sind, nennen wir als die bedeutendsten: Hermione und Alastor (ägyptische Halle im Mansion House), das Bilderbuch (1867), Paul und Virginie, Leander (1871), das Denkmal zum Andenken an die erste große Londoner Ausstellung von 1851 (im botanischen Garten), die Statuen des Prin-^[folgende Seite]