Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Edelmetalle

311

Edelmetalle (Preis und Wertrelation).

Edelmetallverbrauch für kunstgewerbliche und industrielle Zwecke (nach Soetbeer):

Länder Gold Silber

Bruttoverbrauch Kilogr. fein Abzug für verwendetes altes Material Nettoverbrauch Kilogr. fein Bruttoverbrauch Kilogr. fein Abzug für verwendetes altes Material Nettoverbrauch Kilogr. fein

Vereinigte Staaten von Amerika 15000 10 Proz. 13500 120000 15 Proz. 102000

Großbritannien 20000 15 " 17000 90000 20 " 72000

Frankreich 21000 20 " 16900 100000 25 " 75000

Deutschland 14700 20 " 11760 100000 25 " 75000

Schweiz 15000 25 " 11250 32000 25 " 24000

Österreich-Ungarn 2900 15 " 2465 40000 20 " 32000

Italien 6000 25 " 4500 25000 25 " 19000

Rußland 3000 20 " 2400 40000 20 " 32000

Zusammen: 97600 - 79775 547000 - 431000

Alle übrigen Kulturländer 5000 20 Proz. 4000 53000 - 40000

Insgesamt: 102600 - 83775¹ 600000 - 471000²

¹ D. h. 233,7 Mill. Mk. - ² D. h. 84,8 Mill. Mk.

IV. Preis der Edelmetalle und Wertrelation.

Der Preis der E. hängt einerseits, wie der Preis andrer Marktwaren, von Angebot und Nachfrage innerhalb der durch Gestehungskosten und Gebrauchswert gezogenen Grenzen ab, anderseits wird er, wie viele Nationalökonomen annehmen, von jenem spezifischen Einfluß berührt, welchen die gesetzliche Funktion der E. als Währungsgeld auf deren Kaufkraft ausübt. Jedenfalls sind die primären, in Angebot und Nachfrage gelegenen Elemente des Preises auch bei den Edelmetallen die eigentlich relevanten Ursachen ihrer Schwankung. Es kann vorkommen, daß sowohl beide E. zugleich als auch eins von beiden solchen Schwankungen unterliegt. Werden beide E. oder wird dasjenige teurer, welches ausschließlich in einem bestimmten Verkehrsgebiet und zu gewisser Zeit als Geld funktioniert, so bemerken wir dies an einem allgemeinen Sinken der Güterpreise, wie es beispielsweise am Ende des 7. Jahrh., im 14. und 15. Jahrh. und 1820-48 in Europa der Fall war, denn in solchen Zeiten steigt die Kaufkraft der E. Werden die E. hingegen billiger, so zeigt sich deren Entwertung durch ein Steigen der Warenpreise ("allgemeine Teurung"), wie es z. B. in Griechenland nach den Alexanderzügen, im Römerreich nach dem Einströmen der ägyptischen Kriegsbeute, im karolingischen Reich nach der Eroberung der Avarenschätze, in der Zeit von 1550 bis 1640 infolge der aus Peru und Mexiko nach Europa gelangenden Massen von Silber und endlich in unsrer Zeit, von 1849 angefangen, zu beobachten ist. Die Entwickelung der Weltwirtschaft hat jetzt eine im allgemeinen größere Ausgleichung zwischen den Preisen des Geldes und der Gütermenge herbeigeführt; aber um so intensiver treten die Veränderungen der gegenseitigen Preise von Gold und Silber untereinander, die Schwankungen der sogen. Wertrelation, auf. Für frühere Zeiten berechnet man sie nur annäherungsweise aus den in Gold und Silber ausgedrückten Güterpreisen oder aus dem Gewicht von Münzen der betreffenden Epoche; heute beziffert man sie genau nach den Notierungen des Gold- und Silberpreises auf den großen Edelmetallmärkten (besonders London, Hamburg und San Francisco) und zwar aus dem Preis der Unze Standardsilber (= 444 grains) gegenüber dem Sovereigngold (= 113 grains) in London, resp. nach den Münzgesetzen, internationalen Wechselkursen und der Parität der Metallpreise auf den übrigen großen Märkten. Die Wertrelation schwankte in älterer Zeit gewaltig und zwar nicht bloß zeitlich, sondern auch örtlich. So wird sie für das oströmische Reich im 4. Jahrh. n. Chr. auf 1:14,4, für das Merowingerreich im 4. und 5. Jahrh. mit 1:8,5 bis 1:9 berechnet; nach der Lex Salica war sie 1:10, und Soetbeer nimmt als Durchschnitt für das 5. Jahrh. 1:12 als allgemein, dagegen Schwankungen von 1:10 bis 1:14,4 als lokal vorkommend an. In den zwischenliegenden acht Jahrhunderten schwankt sie um 1:10 bis 1:11. Im 13.-15. Jahrh. finden wir Angaben von 1:10 bis 1:13,7, und die deutschen Münzgesetze des 16. Jahrh. nehmen 1:11 bis 1:11 3/7 als Grenzen an. Zu Anfang des 17. Jahrh. sinkt die Kaufkraft des Silbers, denn die Wertrelation geht auf 1:13,5 und bald auf 1:14,5 herab; für die ganze Periode vom Ende des 17. bis ins 19. Jahrh. sind Relationen zwischen 1:15 und 1:15,5 normal, denn es stand die Wertrelation der beiden Metalle in der Zeit von

^[Liste]

1701-1750 wie 1:15,10

1751-1800 " 1:14,84

1801-1850 " 1:15,65

1851-1860 " 1:15,36

1861-1870 " 1:15,48

1871-1875 " 1:15,98

Mit dem Beginn der 70er Jahre tritt die schon aus dem Durchschnitt ersichtliche Verschiebung der Wertrelation zu ungunsten des Silbers ein, welche sich in den einzelnen Jahren wie folgt gestaltet:

Jahre Pence und 1/16 pro Unze St.¹ Wertrelation

1871 60,9 15,57

1872 60,4 15,65

1873 59,4 15,92

1874 58,5 16,17

1875 56,7 16,58

1876 52,9 17,88

1877 54,9 17,22

1878 52,10 17,92

1879 51,4 18,40

1880 52,4 18,05

1881 51,11 18,24

1882 51,10 18,27

1883 50,9 18,65

1884 50,10 18,60

1. Sem. 1885 49,4 19,15

¹ Durchschnittlicher Silberpreis in London.

Während in frühern Jahren der Preis von 60 13/16 Pence pro Unze als derjenige, welcher der gesetzlichen Wertrelation des französischen Münz- und Währungssystems (1 kg Gold 9/10 f. oder 3100 Frank = 15½ kg Silber 9/10 f. oder 200 Fr.) entspricht, normal war, zeigt derjenige der Jahre 1879-84 einen Rückgang um 16 Proz., derjenige von 1885 sogar um 19 Proz. Die Erklärung dieser in keinem frühern Zeitalter vorgekommenen Entwertung des Silbers oder des Steigens des Goldpreises liegt in den oben mitgeteilten thatsächlichen Veränderungen und zwar insbesondere a) der namhaften Zunahme der Silbergewinnung, b) gleichzeitiger Abnahme des Ertrags der Goldfelder, c) der bedeutenden Verminderung der Abflüsse von Silber nach dem Orient, besonders in-^[folgende Seite]