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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Eiche

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Eiche (Botanisches).

sehr kurzen Fruchtstiel (daher Traubeneiche); sie blüht mit Entfaltung der Blätter, schlägt aber etwa 14 Tage später aus als die vorige Art. Die Blätter haben 6-8 regelmäßigere Einschnitte und sind zierlicher. Der Baum bleibt meist niedriger, erscheint gedrungener, erreicht kein so hohes Alter und verbreitet sich nicht so weit nach O. und N. wie die Sommereiche; im Bayrischen Wald steigt er bis 714, in den südlichen Alpen bis 1359 m. Sonst gilt von ihm, was von der vorigen Art gesagt ist. Auch von der Wintereiche werden mehrere Formen kultiviert. Die Färber- oder Galleiche (Q. infectoria Oliv.), meist strauchartig, sehr buschig, 2 m hoch, mit kurzgestielten, länglich verkehrt-eiförmigen Blättern, trägt auf einem kurzen Stiel 1-3 untereinander stehende, walzige, 4 cm lange Früchte. Sie wächst in Rumelien, Griechenland, Cypern, Kleinasien, Syrien, Persien und liefert besonders die Galläpfel. Die weichhaarige E. (Weiß- oder Schwarzeiche, Q. lanuginosa Thuill., Q. pubescens Willd.) hat deutlich gestielte, in der Jugend auf beiden Flächen grau behaarte, später fast kahle Blätter, bleibt kleiner als unsre Eichen, wächst in ganz Südeuropa, auch diesseit der Alpen, in Süddeutschland, im Orient bis an das Kaspische Meer, wahrscheinlich auch in Nordafrika und liefert Eichenrinde.

B. Eichen der Neuen Welt mit im Herbst abfallenden Blättern und grauweißer, in breiten, dünnen Stücken sich lösender Rinde (Weißeichen). Die Blätter verfärben sich nicht im Herbst. Die Kastanieneiche (Q. Prinus L.), mit langgestielten, länglichen, jederseits 10-16zähnigen, in der Jugend behaarten, später meist nur oberseits kahlen Blättern und an einem kurzen, allgemeinen Stiel sitzenden Früchten, bildet in Nordamerika große Wälder und liefert in beiden Varietäten (Q. P. acuminata Dec. und monticola Mchx.) die meiste Gerbrinde in den Vereinigten Staaten (s. Tafel "Gerbmaterialien liefernde Pflanzen"). Die weiße E. (Q. alba L.), mit fiederspaltigen, selten buchtig gelappten, in einen deutlichen Stiel verschmälerten, in der Jugend behaarten, später fast kahlen Blättern und ziemlich großen Früchten, ein schöner, bis 25 m hoher Baum, bildet in den Vereinigten Staaten große Wälder und liefert viel Gerbrinde. Die großfrüchtige E. (Q. macrocarpa Mchx.), mit ziemlich lang gestielten, 36 cm langen, tief, aber ungleich fiederspaltigen, im Alter nur auf der Unterfläche, aber meist bleibend behaarten Blättern und 5 cm langen Früchten, die zu zwei Dritteln oder fast ganz von der breiten, am obern Ende mit haarförmigen Schuppen besetzten Fruchthülle umschlossen sind und mild schmecken, ist ein großer Baum, der in den Vereinigten Staaten sehr verbreitet ist und große Wälder bildet.

C. Eichen mit immergrünen Blättern. Die immergrüne E. (Q. Ilex L.), mit gestielten, rundlichen oder länglichen, am Rand ganzen oder buchtig gezahnten, fast kahlen oder, besonders auf der Unterfläche, filzigen Blättern, wächst meist als sparriger, 2,5-3,8 m hoher Strauch in den Mittelmeerländern und auf den Inseln, liefert viele Kulturformen. Die meist langen Früchte der immergrünen E. werden in Spanien, Südfrankreich und Nordafrika ganz allgemein gegessen und heißen Ballota (daher Q. Ballota Desf.), die Rinde wird zum Gerben benutzt. Die Korkeiche (Pantoffelbaum, Q. Suber L.), ein 10-16 m hoher Baum, dessen ältere Stämme und Äste mit glattem, rostbraunem Kork bedeckt sind, der sich zuletzt in großen, dicken Platten ablöst. Die Blätter sind elliptisch bis länglich, meist scharf bis dornig gezahnt, in der Jugend graufilzig, später oberseits kahl. Die Eichel ist zwei- bis dreimal länger als der Becher und reift im ersten Jahr. Sie findet sich in Südostfrankreich, Spanien, Portugal, Sardinien, Corsica, Istrien, Italien, am häufigsten in Algerien. Eine Form dieser E. ist Q. occidentalis Gay, mit jährlichem Blattwechsel und im zweiten Jahre reifenden Früchten. Sie bildet in Westfrankreich große Bestände und liefert wie die vorige Kork und Gerbrinde. Auf der Scharlacheiche (Zwerg-, Kermeseiche, Q. coccifera L.), in Südeuropa bis Istrien und in Nordafrika, wohnt die als Kermesbeeren in den Handel kommende Schildlaus (Coccus Ilicis Fabr.). Die Wurzelrinde (Garouille, Rusque) wird wie die weniger wertvolle Stammrinde zum Gerben benutzt.

2. Gruppe. Eichen mit im zweiten Jahre reifenden Früchten.

Die weidenblätterige E. (Q. Phellos L.), mit kurzgestielten, schmal elliptischen, in der Jugend behaarten, später kahlen, meist ganzrandigen, abfallenden Blättern, ist einer Silberweide ähnlich, wird 20 m hoch, ist auf der Westseite Nordamerikas verbreitet. Die Wassereiche (Q. nigra L.), mit gestielten, an jungen Pflanzen buchtig gelappten, an großen Bäumen keilförmigen, ganzrandigen, meist zwei und mehrere Jahre ausdauernden Blättern, wächst an feuchten Stellen in Nordamerika, besonders im W., liefert Gerbrinde. Die Färbereiche (Q. velutina Lam., Q. tinctoria Barts., s. Tafel "Färbepflanzen") hat langgestielte, tief fiederspaltige, auf der Unterfläche behaarte, im Herbst sich braunrot färbende, bis 30 cm lange Blätter und eine dicke, sehr gefurchte Rinde, wird 30 m hoch, bildet in den Vereinigten Staaten große Wälder und liefert die Quercitronrinde. Die sehr ähnliche Scharlacheiche (Q. coccinea Wangenh.) hat einen roten Blattstiel und roten Mittelnerv, wird im Herbst scharlachrot, bildet in den Vereinigten Staaten große Wälder; ihr Holz wird vielfach nach England ausgeführt und ihre Rinde zum Gerben benutzt. Die Roteiche (Q. rubra L.), mit langgestielten, fiederspaltigen, nur in der Jugend behaarten, 20-30 cm langen Blättern und großen, eirunden Früchten, ein schöner, großer Baum, bildet vom Huronensee bis Florida und Texas ausgedehnte Wälder und liefert viel Gerbrinde. Dasselbe gilt von der sehr schnellwüchsigen Sumpfeiche (Q. palustris Dur.), mit sehr langgestielten, tief fiederspaltigen Blättern und kleinen Früchten. Die kastanienblätterige E. (Q. castaneaefolia C. A. Mey.), mit gestielten, schmal länglich lanzettförmigen, mit zehn sehr oberflächlichen, in eine borstenförmige Spitze auslaufenden Abschnitten auf jeder Seite versehenen, den Winter über ausdauernden, im Frühjahr abfallenden Blättern, ist der Kastanie ähnlich, wird 20-25 m hoch und bildet in Rumelien, Kleinasien und Nordpersien bis zum Kaspischen Meer große Wälder. Die Knopperneiche (Valoneneiche, Q. vallonea Kotschy), mit gestielten, länglich elliptischen, groß und ungleich gezahnt-gesägten, an den Zähnen spitzen bis stachelspitzigen, den Winter ausdauernden, im Frühjahr abfallenden, auf der Unterfläche behaarten Blättern, einzeln sitzenden, von der Fruchthülle ganz oder fast eingeschlossenen Fruchthüllen u. abstehenden oder zurückgekrümmten, schmal länglichen Schuppen auf den letztern, ist ein ziemlich hoher Baum in Rumelien, Griechenland und Kleinasien, dessen Fruchthüllen als Valonen in den Handel kommen (vgl. Dodona). Die Eicheln dieser Art nährten die ältesten Bewohner Griechenlands. Valonen liefern auch einige andre Eichen,