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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Eisen

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Eisen (schmiedbares Eisen).

desgleichen einen Schwefelgehalt, während Phosphor zum größten Teil in das Roheisen geht. Die Manganreduktion wird durch einen Überschuß von Brennmaterial, stark erhitzten Wind und kalkreiche Schlacke begünstigt. In Wirklichkeit sind die angedeuteten Vorgänge nicht scharf auf diese Ofenzonen beschränkt; je nach Beschaffenheit der Erze, z. B. der leichtern oder schwierigern Reduzierbarkeit, findet die Reduktion schon in höhern oder erst in tiefern Ofenteilen vollständig statt, und die Zonen gehen ineinander über.

Als Kennzeichen zur Beurteilung des Ofenganges dienen hauptsächlich die Beschaffenheit des Roheisens und der Schlacken, das Schmelzverhalten der Massen vor der Form und die Beschaffenheit der dem Ofen entströmenden Flamme (Gichtflamme), wenn die Gicht offen ist. Gargang charakterisiert sich durch Roheisen von der gewünschten Beschaffenheit (grau, halbiert, weiß etc.), ohne daß sich E. verschlackt. Die saurere Schlacke vom Holzkohlenofenbetrieb fließt dabei zäh, erstarrt langsam, erscheint nach dem Erkalten glasig und emailartig und von verschiedener (grauer, gelber, blauer etc.) Färbung, nur nicht grün von Eisenoxydul. Die kalkreichere, basischere Kokshochofenschlacke fließt dünner, erstarrt rascher, kann bei viel Kalk nach dem Erstarren zerfallen und zeigt auch verschiedene, bei einem Mangangehalt z. B. erbsengelbe Färbung, welche bei einem größern Eisengehalt braun bis schwarz erscheint. Die Gichtflamme zieht lebhaft aus, raucht und ist bei Holzkohlen violett gefärbt. Bei zu niedriger Temperatur im Ofen tritt Rohgang ein, das E. wird kohlenstoffärmer, die Schlacke eisenreich und die Gichtflamme bei Holzkohlen gelb gefärbt. Steigt die Temperatur zu sehr (übergarer Gang), so entstehen graphitreiche dunkle Roheisensorten. Als Hauptmittel zur Änderung des Ofenganges, wenn derselbe abnorm geworden, dienen das Abnehmen oder Zulegen an Beschickung auf dieselbe Brennstoffmenge, die Windstellung und Winderhitzung, die Veränderung der Beschickung u. a.

Das im Herd angesammelte Roheisen wird bei Sumpföfen mit Vorherd entweder direkt aus diesem oder aus einem damit kommunizierenden Schöpfherd mittels Kellen gleich in die Gießformen geschöpft, meist aber, und immer bei Öfen mit geschlossener Brust, abgestochen, indem man eine mit Sand oder Thon verstopfte Öffnung (Stich) unmittelbar über dem Bodenstein aufsticht, worauf man das flüssige Metall in Gießpfannen, Sand- oder Eisenformen etc. abfließen läßt, nach dem Abfluß den Stich schließt und den Herd sorgfältig bei Ofen mit offener Brust reinigt. Die Schlacken gelangen über dem Wallstein auf die Schlackentrift und werden, wenn sie zäh fließen (Holzkohlenofenschlacken), von hier nach einigem Erkalten abgeworfen; die dünnflüssigen Kokshochofenschlacken fließen in Eisenkasten, welche auf Schienenbahnen aus der Hütte entfernt werden. Neuerdings bringt man auch dem Eisenabstich gegenüber eine von Wasser gekühlte Form an, durch welche die Schlacke aus Koksöfen kontinuierlich abfließt (Lürmannsche Schlackenform). Läßt sich infolge zu starker Abnutzung des Hochofens ein regelmäßiger Betrieb nicht mehr durchführen, fehlt es an Schmelzmaterialien (Erz, Kohlen), hat man keinen Absatz an Produkten etc.: so schreitet man zur Beendigung der Schmelzkampagne durch das Ausblasen des Ofens, insofern man nicht bei sonstiger guter Beschaffenheit ein Dämpfen desselben, eine nur zeitweilige Sistierung des Betriebes, vorzieht. Letztere Operation besteht darin, daß man anfangs unter Einbringung der Brennmaterialgichten wie gewöhnlich die Erzgichten teilweise durch gare Eisenhochofenschlacken, dann ganz durch Schlacken ersetzt, hierauf wieder Schlacken mit steigendem Erzsatz gibt, bis die letzten noch Roheisen liefernden Schichten im Herd angekommen sind. Dann sticht man alles Flüssige ab, verschließt alle zum Herd führenden Öffnungen, bedeckt die Gicht mit einer Thonlage und kann so den Ofen wochen-, ja monatelang liegen lassen, indem durch die Fugen etc. immer so viel Luft eindringt, daß die Koks im Herd glühend bleiben; wenn nicht, so muß der Herd zu diesem Zweck zeitweilig geöffnet werden. Soll der Ofen wieder in Betrieb gesetzt werden, so braucht man nur vorsichtig den Wind wieder anzulassen. Beim Ausblasen zur völligen Beendigung der Kampagne verfährt man ganz ähnlich, füllt nur den Ofen zuletzt ohne Brennmaterial ganz mit Kalk, Eisenstein etc. und räumt die Massen, welche durch die Abhitze gebrannt werden und eine Schonung des Gemäuers gegen die Flamme gestatten, nach einigem Erkalten aus. Die Schmelzkampagnen können bei Öfen mit frei stehendem Herde, dessen Steine beim Schadhaftwerden leicht ersetzt werden können, bis 25 Jahre dauern, gewöhnlich 1-10 Jahre.

Als Hauptprodukt vom Eisenhochofenbetrieb erfolgt Roheisen von der früher angegebenen Beschaffenheit, für Zwecke der Gießerei und zur Darstellung von Stabeisen und Stahl verwendbar.

Die sauren, zähflüssigen Schlacken vom Holzkohlenofenbetrieb werden zuweilen in Formen eingedrückt und zu Bausteinen (Schlackensteinen) verwandt, oft auch gepocht und gewaschen, um mechanisch beigemengte Eisenkörner (Wascheisen) wiederzugewinnen, oder zuweilen in Wasser abgelassen, um die erfolgten Granalien als Formsand oder Sand zur Mörtelfabrikation zu benutzen. Die basischern, bei der Abkühlung zuweilen zerfallenden kalkreichen Kokshochofenschlacken werden entweder abgesetzt, oder granuliert zum Chausseebau, zu künstlichen Steinen, Zement etc. benutzt. Die Gichtgase, welche immer noch beträchtliche Mengen brennbares Kohlenoxydgas enthalten, werden für Heizzwecke verwandt, wobei auch noch die Wärme, welche sie mit aus dem Ofen bringen, nutzbar gemacht wird.

Die Tabelle auf S. 413 gibt ein Bild von der Zusammensetzung der verschiedenen Roheisensorten.

II. Darstellung von schmiedbarem Eisen.

Wie bereits erwähnt, wurden früher Schmiedeeisen und Stahl direkt durch Reduktion aus den Erzen hergestellt (Rennarbeit), während man gegenwärtig fast ganz allgemein zunächst Roheisen aus den Erzen erzeugt und letzteres als Ausgangsprodukt für die Herstellung von schmiedbarem E. benutzt; der dabei gemachte Umweg wird dadurch reichlich aufgewogen, daß die zur Erzeugung des Roheisens ausreichende Temperatur auch zur Schmelzung desselben und zur Abscheidung der Gangarten in Form einer flüssigen und eisenfreien Schlacke genügt, während man bei der Rennarbeit das E. im festen, teigartigen Zustand gewinnt und außerdem einen großen Teil von E. durch Verschlackung verliert. Zur Erzeugung von schmiedbarem E. aus dem Roheisen wird dem letztern durch Oxydation ein Teil des Kohlenstoffs entzogen. Häufig wird die Entkohlung so weit fortgeführt, daß das erzeugte Produkt genau den Kohlenstoffgehalt des gewünschten schmiedbaren Eisens besitzt (Frisch- und Puddelprozeß); in vielen Fällen wird aber auch die Entkohlung weiter getrieben und das kohlenstoffarme Produkt durch erneute Hinzufügung von Koh-^[folgende Seite]