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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Elektromagnetismus

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Elektromagnetismus.

Eisen anzuziehen und festzuhalten, wenn man einen elektrischen (galvanischen) Strom durch die Drahtwindungen leitet; er verliert aber seine magnetischen Eigenschaften sogleich und läßt das angezogene Eisen wieder los, wenn man den Strom unterbricht. Ein solcher mit Drahtwindungen umgebener Eisenkern, den man durch Schließen und Öffnen des galvanischen Stroms nach Belieben magnetisch und wieder unmagnetisch machen kann, heißt ein Elektromagnet. Statt den Draht unmittelbar auf den Eisenkern zu wickeln, erscheint es zweckmäßiger, denselben auf einer Holzspule (Magnetisierungsspirale, Fig. 1) aufzuwinden, in deren Höhlung man den Eisenstab hineinschiebt. Dabei wird dasjenige Ende des Stabes zu einem Südpol, d. h. es würde sich, wenn man den Elektromagnet beweglich aufhängte, nach S. richten, welches, dem Beschauer zugewendet, von dem Strom in der Richtung des Uhrzeigers umkreist erscheint (Fig. 2), das entgegengesetzte zu einem Nordpol. Will man eine große Tragkraft erzielen, so gibt man dem Elektromagnet die Gestalt eines Hufeisens (abc, Fig. 3), auf dessen Schenkel die Drahtspulen a und c aufgeschoben sind; an dem eisernen Anker de, auf welchen jetzt beide Pole, sich gegenseitig unterstützend, wirken, wird die zur Aufnahme der Gewichte bestimmte Wagschale angehängt. Durch Elektromagnete kann man Tragkräfte erzielen, welche alles durch gewöhnliche Stahlmagnete in dieser Hinsicht Geleistete weit übertreffen. Diese kräftigen Wirkungen legten den Gedanken nahe, den E. als bewegende Kraft zum Betrieb von Arbeitsmaschinen zu benutzen. Die Fig. 4 zeigt eine kleine, von Ritchie angegebene elektromagnetische Maschine. Auf einem Brettchen ist ein hufeisenförmiger Stahlmagnet mit aufwärts gerichteten Polen (Nordpol N, Südpol S) befestigt; in der Mitte zwischen seinen Schenkeln ist eine lotrechte, in Spitzen laufende Achse angebracht, welche einen wagerechten Elektromagnet AB trägt, dessen Endflächen bei der Drehung über die Pole des Stahlmagnets hinweggehen. Leitet man den Strom nun derart durch die Drahtwindungen des Elektromagnets, daß sein Ende A zu einem Südpol, B zu einem Nordpol wird, so wird A von N, B von S angezogen, und es tritt Drehung in der Richtung des Pfeils ein. Diese Drehung würde aber ihr Ende erreichen, sobald A über N und B über S angekommen ist, wenn nicht dafür gesorgt wäre, daß in diesem Augenblick die Stromrichtung in den Drahtwindungen umgekehrt und sonach A zu einem Nordpol und B zu einem Südpol gemacht wird; da alsdann A von N, B von S abgestoßen wird, so setzt sich die Drehung in dem einmal begonnenen Sinn fort. Die Umkehrung des Stroms im geeigneten Augenblick wird aber durch den Stromwechsler, Stromwender oder Kommutator hi selbstthätig bewirkt. Derselbe besteht aus einem auf der Drehungsachse isoliert sitzenden Metallring, welcher an zwei gegenüberliegenden Stellen durch isolierende Zwischenräume in zwei getrennte Hälften zerlegt ist, deren eine h mit dem einen Ende o, die andre i mit dem andern Ende der Drahtwindungen verbunden ist. Auf dem Umfang des Metallringes schleifen zwei Messingfedern f und g, deren äußere Enden Klemmschrauben zur Aufnahme der Poldrähte der Batterie tragen. In der in der Figur dargestellten Lage geht der positive Strom durch die Feder g zum Halbring h und durch das Drahtende o in die Windungen, tritt aus diesen auf den Halbring i über, um durch die Feder f nach dem negativen Pol der Batterie zu gelangen. In dem Augenblick aber, in welchem A über N und B über S weggeht, gehen die isolierenden Zwischenräume zwischen h und i unter den Federn weg, die positive Feder f kommt auf i, die negative g auf h zu liegen, der positive Strom durchfließt die Drahtwindungen in umgekehrter Richtung, und die Pole des Elektromagnets kehren sich um. Der Stahlmagnet N S kann durch einen feststehenden Elektromagnet ersetzt werden, dessen Windungen von dem nämlichen Strom wie diejenigen des beweglichen durchflossen werden (vgl. Magnetelektrische Maschinen). Dies ist z. B. der Fall bei einem von Helmholtz konstruierten elektromagnetischen Motor (s. Tafel "Elektromagnetische Kraftmaschinen", Fig. 1). Der mittels Fußschrauben C, C, C vertikal zu stellende Rahmen AABB trägt zwei feststehende Elektromagnete XY, deren Drahtwindungen durch den Metallstreifen G miteinander in Verbindung stehen. Die Eisenkerne derselben übertragen ihren Magnetismus auf den mit ihnen in unmittelbarer Berührung stehenden eisernen Ring NS, innerhalb dessen der an der Achse a befestigte Elektromagnet HK mit letzterer um die Achse dd' drehbar und durch die Schraube e fixierbar ist. Diese Achse trägt bei f eine Schnurscheibe mit drei Rinnen von verschiedenem Radius, von welcher aus nach Bedarf die drehende Bewegung vermittelst der Rollen J auf die Schnurscheibe f' mit horizontaler Achse übertragen werden kann. Als Kommutator dient ein Quecksilbernapf b mit isolie-^[folgende Seite]

^[Abb.: Fig. 1. Magnetisierungsspirale. Fig. 2. Stromrichtung an den Polen. Fig. 3. Hufeisenförmiger Elektromagnet. Fig. 4. Elektromagnetisches Maschinchen von Ritchie.]