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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Esquirol; Esquiros; Esra; Esrar; Esrog; Esromsee; ; Essäer

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Esquirol - Essäer.

ausgedehnt auf die höhern Staats- und Hofbeamten, auf Offiziere vom Kapitän aufwärts, auf Doktoren, Barristers, Sheriffs und Friedensrichter (solange sie im Amt blieben). Bürgerliche konnten den Titel durch Verleihung eines Wappenbriefs erwerben. Nach und nach gewöhnte man sich daran, jeden Gentleman E. zu betiteln. Gegenwärtig ist es allgemein gebräuchlich, auf Briefadressen hinter dem Namen ein Esq., wie bei uns etwa "Wohlgeboren", zu setzen, wobei aber vor dem Namen Mr. (Mister, Herr) wegbleiben und statt dessen der Taufname angebracht werden muß. Vgl. Adel und Squire.

Esquirol, Jean Etienne Dominique, Irrenarzt, geb. 4. Jan. 1772 zu Toulouse, kam 1794 als Gehilfe in das Militärlazarett zu Narbonne, wurde 1811 Arzt an der Salpétrière in Paris, hielt seit 1817 klinische Vorträge über Seelenkrankheiten und Seelenheilkunde und veranlaßte 1818 die Ernennung einer Kommission zur Untersuchung und Abstellung der Mißbräuche in den Irrenanstalten. Er wurde 1823 Generalinspektor der Universität und 1825 erster Arzt am Maison des aliénés, während er gleichzeitig die von ihm organisierte Privatirrenanstalt zu Charenton leitete. Infolge der Julirevolution verlor er seine öffentlichen Ämter, worauf er sich allein seiner Privatanstalt widmete, die er zu seltener Vollkommenheit erhob. Er starb 12. Dez. 1840. E. war einer der bedeutendsten Irrenärzte aller Zeiten und trug zur Förderung der Kenntnis und Behandlung der Geisteskrankheiten als Lehrer und durch seine Werke sehr wesentlich bei. Er schrieb: "Des illusions chez les aliénés" (Par. 1832) und "Des maladies mentales" (das. 1838, 2 Bde.; deutsch von Bernhard, Berl. 1838, 2 Bde.). Hille gab eine Bearbeitung der Werke von E. unter dem Titel: "Praktisches Handbuch zur Erkenntnis und Kur der Seelenstörungen" (Leipz. 1827).

Esquiros (spr. eskiros), Henri Alphonse, franz. Dichter und radikaler Politiker, geb. 24. Mai 1814 zu Paris, trat als Schriftsteller zuerst mit der Gedichtsammlung "Les Hirondelles" (1834) auf, der er die Romane: "Le Magicien" (1837) und "Charlotte Corday" (1840) sowie die "Chants d'un prisonnier" (1841) nachfolgen ließ; letztere die Frucht einer achtmonatlichen gerichtlichen Haft, die er sich durch sein "Évangile du peuple" (1840), einen Kommentar des Lebens Jesu, zugezogen hatte. Auch einige sozialistische Schriftchen, wie: "Les vierges folles", "Les vierges martyrs" und "Les vierges sages", fallen in jene Zeit (1841-42). 1848 zum Mitglied der Legislative erwählt, wo er seinen Sitz auf dem neuen "Berg" hatte, wurde er nach dem Staatsstreich vom 2. Dez. 1851 aus Frankreich verbannt und lebte nun lange Jahre in England, bis ihm die von Napoleon III. erlassene Amnestie die Rückkehr nach Frankreich eröffnete. Hier wurde er 1869 von den Radikalen als Kandidat für den Gesetzgebenden Körper durchgebracht, dann nach dem Sturz des Kaiserreichs von der provisorischen Regierung als Generaladministrator des Departements der Rhônemündungen nach Marseille gesandt, um die daselbst herrschende Anarchie zu unterdrücken, und bei den Wahlen 8. Febr. 1871 vom genannten Departement in die Nationalversammlung gewählt, wo er seinen Platz wieder auf der äußersten Linken nahm. Im J. 1875 wurde er zum lebenslänglichen Senator ernannt, starb aber bald darauf (12. Mai 1876) in Marseille, wo sein Andenken in hohen Ehren steht. Von seinen übrigen Schriften wollen wir die anziehende Schilderung "L'Angleterre et la vie anglaise" (1859-70, 5 Bde.) und "L'histoire des Montagnards" (neue Ausg. 1875) hervorheben.

Esra, jüd. Priester und Schriftgelehrter, Restaurator des jüdischen Staats. Begünstigt und ausgestattet vom König Artaxerxes Longimanus, zog er 458 v. Chr. an der Spitze von etwa 1800 israelitischen Männern von Persien nach Palästina, um der in Verfall geratenden Kolonie Serubabels in Jerusalem aufzuhelfen und eine Reinigung des Volkes nach priesterlich-mosaischer Rechtsanschauung vorzunehmen. Die Heiden wurden rechtlos gemacht, die fremden Weiber vertrieben; ein stetiger Synagogengottesdienst wurde errichtet, dessen Mittelpunkt die Vorlesung und Erklärung des von E. redigierten, wenn nicht geradezu verfaßten Gesetzes bildete, endlich auch behufs der Auslegung und Handhabung des letztern ein besonderer Stand der Schriftgelehrten begründet. E. ist als der eigentliche Schöpfer des Judentums im engern Sinn zu betrachten. Unter seinem Namen befindet sich ein Buch im Alten Testament, welches ursprünglich bloß die Fortsetzung der Bücher der Chronik (s. d.) bildete und mit diesen denselben Verfasser gemein hat; es hebt mit der Wiederherstellung von Stadt und Tempel an, um in eine Schilderung der Wirksamkeit des E. auszulaufen, von dessen Hand ohne Zweifel die 7, 27 bis 9, 15 im Fragment mitgeteilte und Kap. 10 sowie auch Neh. 7, 73 bis 9, 3 ausgezogene Denkschrift ist. Das Buch Nehemia, lediglich Fortsetzung des Esrabuches, gilt im jüdischen Kanon als zweites Buch E. Unter dem dritten Buch E. versteht man eine freie griechische Übersetzung des ersten Buches E., mit selbständigen Legenden über Serubabel bereichert. Das vierte Buch E. endlich gehört in die Reihe der Apokalypsen (s. d.).

Esrar (türk.), Berauschungsmittel, welches man in der Türkei aus den Blättern und Spitzen des indischen Hanfs gewinnt und entweder als Pulver unter den Tabak gemischt raucht, oder als Latwerge (Madschun) genießt.

Esrog (jüd.), s. Adamsapfel.

Esromsee, Landsee im nordöstlichen Teil der dän. Insel Seeland, im Amt Frederiksborg, 18 qkm groß, im Mittel 10-12 m tief, durch einen 8,5 km langen, 1805 zur Beförderung des Holztransports aus diesen waldreichen Gegenden angelegten Kanal mit dem Kattegat verbunden. Am Nordende desselben das ehemals berühmte Kloster Esrom (gestiftet 1153), dessen altes Gebäude jetzt Verwaltungszwecken dient. Vgl. Nielsen, Codex Esromensis (Kopenh. 1881).

, Leander (eigentlich Johann Heinrich) van, namhafter kathol. Theolog, geb. 15. Febr. 1772 zu Warburg bei Paderborn, ward Pfarrer zu Schwalenberg im Fürstentum Lippe, 1812 zu Marburg und zugleich außerordentlicher Professor an der Universität. 1822 siedelte er nach Darmstadt, 1835 nach Alzey über; er starb 13. Okt. 1847 zu Affolderbach bei Darmstadt. Seine in Gemeinschaft mit seinem Vetter Karl van E. (geb. 1770, gest. 1824) unternommene Übersetzung des Neuen Testaments (Braunschw. 1807) sowie seine 1822 bewerkstelligte Verdeutschung des Alten Testaments (deutsche Gesamtausgabe der Bibel, Sulzb. 1840) fanden trotz päpstlicher Verbote Zugang zum Herzen des katholischen Volkes. Der Nutzen des Bibellesens war der Gegenstand mehrerer kleiner Schriften. Außerdem besorgte er Ausgaben der Vulgata (Tübing. 1822), der Septuaginta (Leipz. 1824) u. des griechischen Neuen Testaments (Tübing. 1827).

Essäer (Essener, nach Philo vom griech. hósios, heilig, nach andern vom chald. asia, Arzt), eine von Josephus und Philo ausführlich erwähnte, seit der Makkabäerzeit nachzuweisende religiöse Partei, eine Art Ordensgesellschaft im Judentum. Sie suchten