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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Evolute - Evora.

für zahlreiche Berg- und Gletscherpartien, die von hier aus unternommen werden: zum Glacier de Ferpècle und de Vouasson, zu den Gorges d'Agueillon und verschiedenen Felshörnern.

Evolute (lat.) einer ebenen krummen Linie ist die stetige Folge der Krümmungsmittelpunkte derselben. Die E. einer gemeinen Cykloide ist wieder eine der ersten gleiche Cykloide.

Evolution (lat.), Abwickelung, Entwickelung, allmähliche Entfaltung; insbesondere in der Mathematik die Abwickelung einer ebenen krummen Linie, wodurch man deren Evolvente (s. d.) erhält; in der Musik die Umkehrung der Stimmen im doppelten Kontrapunkt (ital. Rivolgimento); im Militärwesen die Bewegung geschlossener Truppenkörper zum Zweck einer Orts- oder Formationsveränderung. Das Einüben solcher Evolutionen mit den Truppenkörpern bis zur Brigade aufwärts auf den Übungsplätzen nennt man Exerzieren, die Anwendung der Evolutionen im Terrain gegen einen gedachten (supponierten), durch kleine Abteilungen dargestellten (markierten) oder wirklich vorhandenen Gegner: Manövrieren. In der Seetaktik spricht man in gleichem Sinn von Evolutionen eines Schiffs, einer Flotte.

Evolutionist, Anhänger der Evolutionstheorie.

Evolutionstheorie (Entwickelungstheorie), ehemals s. v. w. Einschachtelungstheorie (s. Entwickelungsgeschichte), in neuerer Zeit diejenige Weltanschauung, die man auch unter dem Namen des Monismus oder der Progenesistheorie versteht, und welche annimmt, daß in dem gesamten Weltall ein großer einheitlicher, durch mechanische Ursachen bedingter, unaufhaltsam fortschreitender Entwickelungsvorgang stattfinde, dem sich sämtliche Zustände und Erscheinungsformen der anorganischen und organischen Natur, also auch der Himmelskörper, unterordnen. Dieser Name bezeichnet also eine ganz allgemeine Anschauungsform, von welcher die sogen. Umwandlungs- oder Abstammungslehre (Transformations- oder Deszendenztheorie, s. d.) nur die lebenden Wesen, also einen Teil des Ganzen, betrifft, indem sie lehrt, daß die Vielheit der lebenden Formen aus der Umbildung einer oder einzelner ursprünglicher und einfacherer Formen durch Anpassung an wechselnde Lebensverhältnisse und andre Ursachen hervorgegangen sei. Es gibt aber je nach der Wichtigkeit, die hierbei einzelnen Faktoren beigemessen wird, verschiedene Deszendenztheorien, und von diesen ist die Selektionstheorie oder der Darwinismus (s. d.) im eigentlichen Sinn die wichtigste. Es ist durchaus notwendig, diese vielfach miteinander verwechselten Theorien zu unterscheiden; denn es gibt z. B. viele Anhänger der Deszendenztheorie, die durchaus nicht Darwinisten genannt werden wollen oder dürfen.

Evolvénte (lat., "Abwickelungslinie"), die Linie, welche man erhält, wenn man in den Punkten A, B, C etc. (s. Figur) einer ebenen Kurve Tangenten an dieselbe legt und jede Tangente so lang macht wie den Bogen von einem festen Kurvenpunkt A bis zum Berührungspunkt; die Endpunkte der Tangenten liegen dann auf der E. Vgl. die Figur, wo BH, CK, DL etc. der Reihe nach gleich den Bogen AB, AC, AD etc. sind und AHKLM etc. die E. ist. Umgekehrt sind B, C, D etc. die Krümmungsmittelpunkte für die Punkte H, K, L etc. der Kurve AHKL etc., und es ist daher ABCD etc. die Evolute (s. d.) von AHKL etc. Der Name E. rührt daher, daß diese Kurve von dem Endpunkt eines Fadens beschrieben wird, wenn man diesen beispielsweise in G befestigt, um die (durch einen vorstehenden Rand fixierte) Kurve straff wickelt und dann abwickelt.

^[Abb.: Evolvente.]

Evolventenräder, Zahnräder, deren Zähne nach Evolventen gekrümmt sind.

Evolvieren (lat.), aus-, entwickeln, entfalten.

Evomieren (lat.), ausspeien, s. Erbrechen.

Evonymus L. (Spindelbaum), Gattung aus der Familie der Celastraceen, Sträucher oder Baume mit gegenüberstehenden, gestielten, ganzrandigen oder gesägten Blättern, achselständigen, meist Traubendolden bildenden Blüten, drei- bis fünflappiger Kapsel und von einem fleischigen Mantel umgebenen Samen. E. europaea L. (E. vulgaris Mill., Spillbaum, Pfefferriesel, Hundsbaum, Pfaffenhütchen, Zweckholz), ein bis 3 m hoher Strauch mit elliptischen, fein gesägten Blättern, die sich im Herbst rot färben, grünlichgelben Blüten, roten Kapseln und orangerotem Samenmantel, findet sich in ganz Europa, im Orient, in Sibirien, vielleicht auch in China und in Japan. Das Holz ist fest, hart, kurz-feinfaserig, bleichgelb, spaltet schwer, läßt sich nach allen Richtungen leicht schneiden, ist aber nicht sehr dauerhaft. Man verfertigt daraus Schuhpflöcke, Spindeln, Pfeifenrohre, Zahnstocher und benutzt es auch als feines Drechslerholz. Die Kohlen sollen die feinsten zu Schießpulver und zum Zeichnen sein. Anlagen gereicht der Strauch durch seine schönen Fruchtkapseln und die roten Herbstblätter zur Zierde. In der Schweiz, Tirol und Schwaben preßt man aus den reifen Samen ein Öl, das zum Brennen sowie zu Einreibungen in die Haare gegen Ungeziefer bei Menschen und bei Tieren gebraucht wird; der Genuß der Früchte erregt heftiges Erbrechen. E. latifolia Scop., im südlichen Deutschland, in Österreich, in der Schweiz und im Orient, ist ein sehr hübscher, hoher Strauch mit 8 cm langen, länglichen, gezähnelten Blättern, unscheinbaren Blüten und ziemlich großen, roten Kapseln, wird wie der vorige als Zierstrauch kultiviert. E. verrucosa Scop., ein bis 2 m hoher, dicht beästelter und dicht belaubter Strauch in Österreich, Ungarn, der Türkei, Rußland und im Orient, gleicht der ersten Art, ist aber kleiner und auf den jungen Ästen und Zweigen mit kleinen, braunroten Warzen bedeckt. Die Kapseln sind gelb, der Samenmantel ist blutrot, das Holz blaßgelb, hart und zäh; er wird gleichfalls als Zierstrauch kultiviert, ebenso einige Arten aus Nordamerika, Ost- und Vorderasien.

Evŏra, Hauptstadt der portug. Provinz Alemtejo, liegt anmutig auf einer Anhöhe in einer getreide-, wein- und ölreichen, im N. und O. von der Serra d'Ossa umwallten Ebene, ist von alten, verfallenen Mauern und modernen, doch unvollendeten Festungswerken umgeben und durch ein am höchsten Punkt sich erhebendes altes Kastell beschützt. Das Innere der Stadt besteht aus engen, krummen, schmutzigen Gassen mit hohen, zum Teil gotischen Häusern. E. besaß ehedem eine 1550 vom Kardinal Heinrich gestiftete Universität, die mit dem Jesuitenorden, dem sie übergeben worden war, aufgehoben wurde, und 13 Mönchsklöster, die gegenwärtig teils in Trümmern liegen, teils andern Zwecken dienen. Noch gibt es daselbst acht Nonnenklöster. Unter den fünf Pfarrkirchen zeichnet sich die ursprünglich spätromanische (1186-1204), später gotisch restaurierte Kathedrale aus. Andre merkwürdige Bauwerke sind: die Kirche des Augustinerklosters N. Señora da Graça mit kunstvollem flachen Ge-^[folgende Seite]