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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Exposé - Expropriation.

Exposé (franz.), Darlegung, Auseinandersetzung, namentlich eine Schrift, die eine solche enthält.

Exposition (lat.), Aussetzung, Ausstellung; Lage (z. B. eines Gebäudes nach der Himmelsrichtung); dann Auseinandersetzung, Darlegung, Erklärung. Insbesondere im Drama versteht man unter E. die Darstellung der Sachlage, aus welcher die Handlung des Stückes hervorgeht. Die E. ist eins der drei Hauptglieder der dramatischen Handlung; sie hat den Zweck, den Zuschauer mit dem Objekt der Handlung, den Hauptpersonen, welche auftreten werden, und deren Verhältnissen bekannt zu machen und sein Interesse für das Kommende zu erwecken, und muß gleich im ersten Akte des Stückes in möglichst einfacher und durchsichtiger Weise erfolgen. Vgl. Drama.

Exposition (franz.), in Frankreich Name der Kunst- u. Industrieausstellungen (vgl. Exhibition).

Expositur, auswärtige Kommandite, Faktorei, auch eine Nebenbehörde, die von der Hauptbehörde abgeordnet ist. So nennt man z. B. in Bayern eine Station, die mit einem Beamten des Bezirksamts außerhalb des eigentlichen Sitzes dieser Behörde besetzt ist, eine Bezirksamtsexpositur.

Ex post (lat.), nach geschehener That, hinterher.

Expostulieren (lat.), fordern; sich über jemand beschweren, ihn zur Rede stellen; Expostulation, Beschwerdeführung, Streit.

Expreß (lat., franz. exprès, spr. -präh), ausdrücklich, eigens, zu besonderm Zweck; par exprès (lat. per expressum, abgekürzt p. expr.), durch einen Expressen, d. h. besondern Boten; Expreßzug (engl. und franz. express), Kurier- (Eisenbahn-) Zug.

Expression (lat.), Ausdruck; beim Harmonium ein Zug, der den Wind ganz frei zu den Zungen zuströmen läßt und daher die Stärke der Tongebung von der Behandlung der Bälge (durch die Füße) abhängig macht.

Expressis verbis (lat.), mit ausdrücklichen Worten.

Expressiv (lat.), ausdrucksvoll, bezeichnend.

Exprimieren (lat.), ausdrücken, beschreiben, darstellen (mit Farben oder Worten).

Exprobrieren (lat.), einem etwas vorwerfen, ihn schelten; Exprobration, Ausstellung, Vorwurf.

Ex professo (lat.), geflissentlich, eigens, von Berufs wegen.

Expromission (lat.), die freiwillige Übernahme einer fremden Schuld mittels Verhandlung mit dem Gläubiger, jedoch ohne Mitwirkung des bisherigen Schuldners; sie ist eine besondere Spezies der privativen Interzession und der Novation (s. d.). Der Übernehmer der Schuld heißt Expromittent (Expromissor). Der Schuldner wird von seiner Verbindlichkeit gänzlich befreit; doch kann sich der Expromittent mit der Geschäftsführungsklage (actio negotiorum gestorum) am Schuldner schadlos halten, soweit er nämlich dabei zu des letztern Vorteil gehandelt hat.

Expromittieren (lat.), jemand durch Übernahm seiner Schuld von seiner Verbindlichkeit befreien.

Expropriation (lat., Enteignung, Zwangsenteignung, Zwangsabtretung), das Verfahren, durch welches jemand im Interesse des öffentlichen Wohls genötigt wird, ein ihm zustehendes Recht gegen Entschädigung an den Staat oder an eine von der zuständigen Behörde dazu ermächtigte Person abzutreten. Der Gegenstand der E. ist allerdings vorzugsweise das Eigentumsrecht an Grundstücken, doch können auch sonstige Berechtigungen an Immobilien, wie Servituten, und auch Mobilien "expropriiert" werden; so z. B. Getreide bei einer Hungersnot, Pferde bei einer Mobilmachung, ebenso Baumaterialien etc. Insofern nun hierbei der Eigentümer oder sonstige Berechtigte zu einer Veräußerung der ihm zugehörigen Sache oder zur Aufgabe eines Rechts gezwungen wird, liegt allerdings ein Eingriff in dessen Rechtssphäre vor, der nur durch die Rücksicht auf die öffentliche Wohlfahrt, welcher sich das Interesse des Einzelnen unterordnen muß, gerechtfertigt erscheinen kann. Namentlich ist dem Staate das Recht nicht abzusprechen, zur Erreichung des Staatszwecks und im staatlichen Interesse über das Privateigentum seiner Bürger zu verfügen (sogen. Staatsnotrecht), auch die Ausübung dieses Rechts auf Rücksichten des öffentlichen Wohls auf Gemeinden, Erwerbsgenossenschaften, Unternehmer und sonstige Privatpersonen zu übertragen. Auf der andern Seite erheischt es die Billigkeit, daß der von einer E. Betroffene (der Expropriat) von dem Expropriierenden (dem Exproprianten) vollständig entschädigt werde. Obgleich schon den Römern eine Zwangsenteignung, namentlich bei Anlegung eines öffentlichen Wegs, bekannt war, so ist doch das Rechtsinstitut der E. im gemeinen deutschen Recht zu einer wirklichen Ausbildung nicht gelangt, sondern erst die neuere und neueste Zeit mit ihrem großartig entwickelten Verkehrsleben hat eine solche im Weg der Partikulargesetzgebung, namentlich im Anschluß an das französische Gesetz vom 8. März 1810, herbeigeführt. So ist es denn gekommen, daß die einzelnen deutschen Staaten auf diesem Gebiet eine zwar sehr ins Spezielle gehende, aber keineswegs einheitliche Gesetzgebung haben. Doch ist wenigstens für den preußischen Staat, in welchem zuvor neben den Bestimmungen des allgemeinen Landrechts, der Verfassungsurkunde und der Berg- und Eisenbahngesetzgebung in den Rheinlanden das französische Recht und in den neuerdings annektierten Provinzen die dortige Partikulargesetzgebung in Geltung gewesen war, durch das Gesetz über die Enteignung von Grundeigentum vom 11. Juni 1874 eine Rechtseinheit in dieser Beziehung hergestellt worden. Von den dermalen geltenden gesetzlichen Bestimmungen über die E. sind folgende hervorzuheben.

Was nämlich 1) die zwangsweise Abtretung anbelangt, so kann ein derartiger Eingriff in die Privatrechtssphäre und in die Freiheit des Einzelnen nicht willkürlicherweise, sondern nur auf Grund gesetzlicher Bestimmung erfolgen. Es ist nun einmal möglich, und nach der Gesetzgebung verschiedener Staaten, namentlich Englands, Nordamerikas, der Schweiz und der Freien Stadt Hamburg, besteht in der That die Einrichtung so, daß für jedes gemeinnützige Unternehmen die Bewilligung des Expropriationsrechts durch einen besondern Akt der gesetzgebenden Gewalt, also durch ein förmliches Gesetz, erfolgen muß, ein zur Sicherung gegen willkürliche Eingriffe in die bürgerliche Freiheit allerdings sehr geeignetes, aber doch zu weitläufiges und ebendarum unpraktisches Verfahren. Dabei ist übrigens zu beachten, daß nach Art. 41 der deutschen Reichsverfassung vom 16. April 1871 Eisenbahnen, welche im Interesse der Verteidigung Deutschlands oder im Interesse des gemeinsamen Verkehrs für notwendig erachtet werden, kraft eines Reichsgesetzes auch gegen den Widerspruch der Bundesglieder, deren Gebiet die Eisenbahnen durchschneiden, angelegt oder an Privatunternehmer zur Ausführung konzessioniert und mit dem Expropriationsrecht (also auch durch Spezialgesetz) ausgestattet werden können. Abweichend von