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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Fabliau

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Fabius - Fabliau.

die Etrusker bei Perusia, eroberte ihr Lager und nötigte die drei Hauptstaaten, Arretium, Cortona und Perusia, einen 30jährigen Waffenstillstand zu schließen. Seinen Patriotismus bewies er in diesem Jahr dadurch, daß er, als sein Mitkonsul Marcius in Samnium eine Niederlage erlitten hatte, seinen Todfeind Papirius Cursor als den tüchtigsten Mann zum Diktator ernannte. Im J. 308 war er zum drittenmal Konsul und gewann bei Mevania einen entscheidenden Sieg über die Umbrer, der die Unterwerfung derselben zur Folge hatte. Im J. 304 mit P. Decius zum Zensor gewählt, fand er Gelegenheit, sich auch um die innern Verhältnisse ein großes Verdienst zu erwerben, dem er, wie berichtet wird, den Beinamen Maximus (der Größte) verdankte. Da nämlich Appius Claudius Cäcus als Zensor 312 durch Aufnahme der Freigelassenen in alle Tribus die Komitien in die Gewalt des Pöbels gebracht hatte, steuerte er der hierdurch entstandenen Verwirrung, indem er die Freigelassenen auf die vier städtischen Tribus beschränkte und sie dadurch unschädlich machte. Als er zum viertenmal zum Konsul gewählt ward (297), nahm er nur auf die einmütigen Bitten des Volkes das Amt an und erbat sich dann seinen frühern Amtsgenossen, P. Decius Mus, zum Kollegen. Beide Konsuln zogen gegen Samnium, und F. erbeutete hier in der Schlacht am Tifernus 23 Feldzeichen. 295 zum fünftenmal und wiederum mit P. Decius zum Konsul gewählt, brachte er mit diesem den verbündeten Galliern und Samnitern bei Sentinum in Umbrien eine entscheidende Niederlage bei, wobei Decius, wie schon sein Vater gethan hatte, sich dem Tod weihte. F. soll ein Alter von 100 Jahren erreicht haben.

9) Quintus F. Maximus Verrucosus Cunctator, neben seinem Großvater, dem F. Maximus Rullianus, der berühmteste seines Geschlechts. Er war fünfmal Konsul, zweimal Diktator und lange Zeit Princeps Senatus. Schon in seinem ersten Konsulat (233) triumphierte er über die Ligurier. Im J. 230 war er Zensor und 228 zum zweitenmal Konsul. Im zweiten Punischen Krieg wurde er nach den Niederlagen der Römer an der Trebia und am Trasimenischen See 217 zum Diktator gewählt und führte den Krieg in der damals durch die Lage der Dinge gebotenen Weise, daß er eine Schlacht aufs sorgfältigste vermied und Hannibal nur durch Abschneiden der Zufuhr und durch kleine Gefechte mit einzelnen Abteilungen Abbruch zu thun suchte, weshalb erden Beinamen Cunctator ("der Zauderer") erhielt. Das Volk, welches die Weisheit dieser Kriegführung nicht erkannte und die Beendigung des Kriegs sehnsüchtig herbeiwünschte, ging endlich in seiner Ungeduld so weit, daß es ihm seinen Magister equitum. M. Minucius Rufus, der in Abwesenheit des Diktators über Hannibal einen Vorteil gewonnen hatte, mit gleicher Vollmacht an die Seite setzte. F. fügte sich ruhig, gab aber dem Verlangen des Minucius, mit dem Kommando zu wechseln, nicht nach, sondern teilte lieber das Heer mit ihm, um wenigstens so einen Teil desselben zu retten. Wie er erwartet, ließ sich jener kurz darauf von Hannibal zu einem Kampfe verlocken und würde mit seiner ganzen Heeresabteilung zu Grunde gegangen sein, wenn F. nicht schleunige Hilfe geleistet hätte. Minucius stellte sich hierauf freiwillig wieder unter den Oberbefehl des F. Nachdem F. seine Diktatur niedergelegt hatte, gab man seine Art der Kriegführung auf; die Folge davon aber war die Niederlage bei Cannä. Im weitern Verlauf des Kriegs wurde er noch dreimal zum Konsul gewählt, 215, 214 und 209, und erwarb sich noch im letzten Konsulat durch die Einnahme von Tarent einen Triumph. Seine Tüchtigkeit als Feldherr wurde nach jener ersten Verkennung allgemein anerkannt, so daß man wie Marcellus das Schwert, so ihn den Schild Roms nannte. In seinen letzten Lebensjahren machte er sich noch dadurch bemerklich, daß er den kühnen Plänen des Scipio, als dieser den Krieg nach Afrika versetzen wollte, obwohl vergeblich, entgegentrat. Er starb 203.

10) Quintus F. Pictor, der älteste römische Annalist, stammte aus einem Zweig des Fabischen Geschlechts, der den Namen Pictor ("Maler") von einem seiner Vorfahren führte, welcher 302 den Tempel der Salus mit Gemälden geschmückt hatte. Er lebte zur Zeit des zweiten Punischen Kriegs. Nach der Schlacht bei Cannä (216) wurde er an das delphische Orakel gesandt, um in dieser Zeit der Not den Rat der Götter einzuholen. Seine römische Geschichte in griechischer Sprache reichte von der Ankunft des Äneas in Italien bis auf die Zeiten des Verfassers und ward von Livius sowie von Dionysios aus Halikarnassos u. a. vielfach benutzt. Die wenigen Fragmente, die sich davon erhalten haben, sind gesammelt von H. Peter ("Veterum historicorum romanorum reliquiae", Bd. 1, Leipz. 1870).

Fabliau (franz., spr. -lioh), kleines, einen erdichteten Vorfall oder eine Tagesbegebenheit erzählendes Gedicht der französischen Trouvères, war fast immer unstrophisch und nicht zum Absingen, sondern zum Hersagen bestimmt, dabei heitern Charakters und dadurch von den Lais, den gesungenen eigentlichen Volksliedern ernster Art, unterschieden. Ein Erzähler solcher Tagesgeschichten hieß Fableor im Gegensatz zu den Chanteors oder eigentlichen Sängern, welche zum Singen bestimmte Gedichte verfaßten oder vortrugen. Die größte Zahl der noch vorhandenen Fabliaux ist galanter, erotischer oder frommer Gattung; nur sehr wenige haben historisches Element. Größtenteils liegen ihnen einheimische, besonders nordfranzösische, Stoffe zu Grunde; sehr viele aber sind der Heiligen Schrift, dem Apulejus, Ovidius, Petronius und orientalischen Quellen entlehnt. Eine Unterart der Fabliaux waren die Contes (s. d.). Als der bedeutendste Dichter dieser Gattung ist Rutebeuf (s. d.), zur Zeit Ludwigs IX., zu nennen. Sonst verdienen von den Fabliaux des 13. Jahrh. Erwähnung: "Des trois chevaliers et de la chainse" von Jacques de Baisieux, "Guillaume au faucon", "Pyrame et Thisbé", "Le court mantel", "La bourse pleine de sens" u. a. von J. ^[Jean] Legallois d'Aubepierre, "Le vilain mire" (das Vorbild des "Médecin malgré lui") und "Trubert" von Douin de Lavesne. Im 14. Jahrh. nahmen die Fabliaux vielfach die Form eines Streits oder Prozesses an; noch später gingen sie in Prosaerzählungen über. Sammlungen solcher Dichtungen, aus denen spätere Autoren, wie Rabelais, Lafontaine, Molière, Voltaire etc., reichlich geschöpft haben, sind vorhanden von Barbazan (Par. 1756, 3 Bde.; neue Aufl. von Méon, das. 1808), Méon (das. 1823, 2 Bde.), Jubinal (das. 1839-43, 2 Bde.) und in modernisierenden Auszügen von Legrand d'Aussy (das. 1779, 3 Bde.; neue Ausg. von Renouard, das. 1829, 2 Bde.; deutsch von Lütkenmüller ^[richtig: Lütkemüller], Halle 1795-97, 4 Bde.). Die neueste und vollständigste Sammlung gaben A. de Montaiglon und Raynaud heraus: "Recueil général et complet des fabliaux des XIII. et XIV. siècles" (Par. 1872-83, 5 Bde.). Vgl. Formentin, Essai sur les fabliaux français du XII. et du XIII. siècle (Par. 1877).