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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Fall; Fall.; Fallacia; Fallati; Fallbach; Fallbänder; Fallbaum; Fallbäume; Fallbeil; Fallböe; Fallbrücke; Fallen der Schichten

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Fall - Fallen der Schichten.

Punkt gehen oder von seinem höchsten Punkt ausgehen, in derselben Zeit durchfallen werden. Obgleich die gerade Linie die kürzeste ist, welche zwischen zwei Punkten gezogen werden kann, so ist sie doch nicht die Linie des schnellsten Falles, sondern diese ist vielmehr, wie Huygens zuerst gezeigt hat, die Cykloide (s. d.). Auf der Cykloide gelangt auch ein fallender Körper, von welchem ihrer Punkte er auch ausgehen mag, stets in derselben Zeit an den tiefsten Punkt. Wegen jener Eigenschaft heißt die Cykloide Brachistochrone (Linie kürzester Fallzeit), wegen dieser Tautochrone (Linie gleicher Fallzeit). Auf letztere Eigenschaft hat Huygens sein Cykloidenpendel gegründet, dessen Schwingungen bei beliebiger Schwingungsweite stets von gleicher Dauer sind, welches aber wegen technischer Schwierigkeiten keine praktische Anwendung fand. Auch das gewöhnliche Pendel (s. d.) bietet ein Beispiel des Fallens längs vorgeschriebener Bahn (längs eines Kreisbogens).

Die mitgeteilten Gesetze gelten jedoch mit voller Genauigkeit nur unter der Voraussetzung, daß der Bewegung keine Hindernisse, wie Luftwiderstand und Reibung, entgegenwirken. In der Luft erleidet jeder bewegte Körper einen Widerstand, der um so größer ist, eine je größere Oberfläche, senkrecht zur Bewegungsrichtung gerechnet, der Körper darbietet. Flaumfedern, Schneeflocken, Seifenblasen und andre Körper, deren Oberfläche im Verhältnis zu ihrem Gewicht sehr groß ist, sieht man daher viel langsamer fallen als Steine, Metallstücke u. dgl. Daß es nur der Luftwiderstand ist, welcher den F. jener Körper hemmt, lehrt ein einfacher Versuch. Läßt man ein Thalerstück und ein gleichgroßes rundes Papierstück jedes für sich gleichzeitig fallen, so erreicht ersteres den Boden beträchtlich früher als das letztere. Legt man aber die Papierscheibe auf die Münze und läßt beide zugleich, die letztere voran, herabfallen, so kommen beide gleichzeitig am Boden an, weil jetzt auf das Papierstück, vor welchem die fallende Münze die Luft gleichsam hinwegräumt, der Luftwiderstand nicht wirken kann. Daß alle Körper im luftleeren Raum gleichschnell fallen, läßt sich übrigens unmittelbar mittels der Fallröhre nachweisen. Dieselbe besteht aus einem weiten, am einen Ende geschlossenen Glasrohr, welches mittels einer am andern Ende aufgekitteten, mit einem Hahn versehenen Messingfassung auf eine Luftpumpe geschraubt und ausgepumpt werden kann. In der luftleer gemachten Röhre sieht man eine Flaumfeder, Papierschnitzel und Schrotkörner, also leichte und schwere Körper, mit der gleichen Geschwindigkeit fallen. Wenn aber ein Kilogrammgewichtsstück im luftleeren Raum mit derselben Beschleunigung fällt wie ein Grammgewicht, obgleich die Kraft, welche jenes zu Boden zieht, tausendmal größer ist als die Kraft, welche auf letzteres wirkt, so müssen wir schließen, daß auch die in jenem enthaltene Masse, welche vermöge ihrer Trägheit der beschleunigenden Kraft widersteht, tausendmal größer ist als in diesem, oder daß die Massen der Körper in demselben Verhältnis stehen wie ihre Gewichte (vgl. Gravitation, Schwere).

Fall, im grammatischen Sinn, s. Kasus.

Fall, in der Seemannssprache ein Tau zum Auf- und Niederbringen von Segeln, Raaen etc.; auch die Abweichung der Schiffsmasten von der Senkrechten.

Fall., bei naturwissenschaftl. Namen Abkürzung für Karl Fallén, gestorben als Professor der Mineralogie in Lund (Entomolog).

Fallacia (lat.), Täuschung, Trug; Fallacien, s. v. w. Trugschlüsse (s. d.); f. optica, Augentäuschung; fallaziös, täuschend, trügerisch.

Fallati, Johannes, Nationalökonom, geb. 15. März 1809 zu Hamburg, studierte in Tübingen und Heidelberg die Rechte. Nachdem er einige Jahre im württembergischen Staatsdienst thätig gewesen, ward er 1837 Privatdozent und 1842 ordentlicher Professor der Geschichte und Statistik an der Universität Tübingen. 1848 gab er den Anstoß zu dem in Jena abgehaltenen Reformkongreß deutscher Universitäten, an welchem jedoch selbst teilzunehmen er durch die Wahl zum Abgeordneten für die württembergische Kammer und die Frankfurter Nationalversammlung, wo er dem linken Zentrum angehörte, sowie durch seine Berufung (August 1848) als Unterstaatssekretär des Handels in das Reichsministerium verhindert wurde. Mit dem Ministerium Gagern zurückgetreten, schied er aus der Nationalversammlung 24. Mai 1849, beteiligte sich dann an der Gothaer Zusammenkunft sowie an den spätern Bestrebungen seiner Partei für die Union in Württemberg. Nach Tübingen in seinen frühern Wirkungskreis zurückgekehrt, wurde er 1850 Oberbibliothekar der Universität und starb auf einer Reise 5. Okt. 1855 in Amsterdam. Außer der "Einleitung in die Wissenschaft der Statistik" (Tübing. 1843) und seiner Schrift über "Die statistischen Vereine der Engländer" (das. 1840) veröffentlichte er Abhandlungen, die meist in der "Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft" enthalten sind.

Fallbach, Wasserfall im Schwarzwald (s. Gutach).

Fallbänder, s. Fahlbänder.

Fallbaum, s. Schießhütte.

Fallbäume, s. Fallgatter.

Fallbeil, s. Guillotine.

Fallböe (Fallwind, Rafale), Windstoß, welcher plötzlich aus einer Thalschlucht einer gebirgigen Küste kommt und in die Segel fällt.

Fallbrücke, die von den Belagerungstürmen (s. Ebenhöch) auf die Stadtmauer niedergelassene Klappbrücke, über welche die Sturmkolonne vorstürmte. Bis zum Niederlassen diente sie der Besatzung des Turms als Deckung. S. auch Zugbrücke.

Fallen der Schichten (Einfallen der Schichten), auch der Gänge, die Richtung, in welcher eine Gebirgs- (Gesteins-) Schicht oder ein Gang am stärksten gegen den Horizont geneigt ist. Die Richtung des Fallens steht rechtwinkelig gegen die Richtung, in welcher sich die Schicht oder der Gang horizontal weitererstreckt, streicht. Ist daher die Streichungslinie bekannt, so bedarf es nur noch der Angabe, nach welcher Seite derselben die Schicht sich senkt. Andernfalls würde die Falllinie in Stunden (horae) des bergmännischen Kompasses oder durch möglichst präzise Bezeichnung der Richtung der Windrose zu bestimmen sein (vgl. Streichen der Schichten). Außerdem ist der Winkel (Fallwinkel) anzugeben, welchen die Falllinie mit der Horizontalebene bildet. Ist dieser = 0, so ist die Schicht (der Gang) horizontal oder söhlig; ist er ein rechter Winkel, so steht sie vertikal oder seiger. Gewöhnlich liegt der Winkel des Fallens zwischen diesen Werten; doch kommt es auch vor, daß er größer als 90° ist, in welchem Fall die eigentlich tiefern Schichten über den höhern liegen, die Lage der Schichten widersinnig ist. Man nennt dieselben dann übergekippt oder überstürzt. Der in diesem Fall angegebene spitze Winkel ist dann der Nebenwinkel des eigentlichen Fallwinkels und um so kleiner, je stärker die Überkippung ist. Schwach geneigte Gänge oder Schichten bis 15° Neigung heißen ferner schwebend; etwas stärker, bis zu 30° geneigte flach; solche, deren Fallwinkel zwischen 30 und 75° beträgt, tonnlägig; die zu 75° und steiler geneigten steil.