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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Färberei

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Färberei (Rot-, Schwarzfärben etc.).

Die Rotfärberei benutzt Krapp oder künstliches Alizarin. Bei der Krappfärberei siedet man die Wolle in einer Lösung von Alaun und Weinstein an und färbt dann im Krappbad, welches wenigstens die Hälfte vom Gewicht der Wolle an Krapp enthält. Bei Anwendung von Kochenille siedet man in einem Bad von Kochenille, Weinstein und Zinnsalz an und färbt mit Kochenille und Zinnsalz aus. Die roten Teerfarben sind sämtlich sehr gut anwendbar, und in neuerer Zeit benutzt man namentlich die Azofarbstoffe. Grün wird aus Blau und Gelb hergestellt. Man färbt die Wolle blau, kocht sie mit Alaun und Weinstein und färbt sie mit Gelbholz oder Wau aus. Von den Teerfarben benutzt man besonders Malachit-, Methyl-, Bittermandelölgrün und nüanciert diese Farbstoffe mit Pikrinsäure. Schwarz wird auf verschiedene Weise hervorgebracht. In der Regel wendet man Eisenbeize an, darf diese aber nicht zu stark einwirken lassen, weil sie die Faser angreift (verbrennt). Oft erklärt sich die schlechte Beschaffenheit schwarzer Wolle auch daraus, daß man in andern Farben mißlungene Wolle nachträglich schwarz färbt. Die feinen und teuern Sedantücher erhalten zunächst in der Indigküpe einen dunkelblauen Grund, dann haspelt man sie mehrere Stunden in einer siedend heißen Abkochung von Sumach und Blauholz herum, läßt sie erkalten und nimmt sie bei Blutwärme in einer Lösung von Eisenvitriol herum. Nach dem Lüften wird dieselbe Operation dreimal wiederholt und, sobald eine hinreichende Intensität der Farbe erzielt ist, das Tuch gewalkt, bis das Wasser klar bleibt. Das Vienneschwarz ohne Indigogrund wird durch Umziehen des Tuches in einer Abkochung von Blauholz, Gelbholz, Galläpfeln und Sumach, Lüften und Umziehen in demselben, aber noch mit Eisenvitriol versetzten Bad hergestellt. Man löst dann noch einmal Eisenvitriol in dem Bad, zieht das Tuch wieder darin herum und walkt. Zu Chrom- und Neuschwarz wird die Wolle mit Blauholz und Weinstein angesotten und in einer Lösung von rotem chromsauren Kali ausgefärbt. Zusatz von Kupfervitriol gibt Blauschwarz. Zum Färben mit Anilinschwarz benutzt man eine Lösung von salzsaurem Anilin, chlorsaurem Kali, Salzsäure und vanadinsaurem Ammoniak und wandelt am andern Tag das erhaltene Dunkelgrün durch ein Bad von chromsaurem Kali in Schwarz um. Zum Weißfärben zieht man die gebleichte Wolle durch Wasser, in welchem Schlämmkreide aufgerührt ist, läßt trocknen und beseitigt die überschüssige Kreide durch Klopfen und Bürsten.

Seide wird vor dem Färben meist degummiert, nur die Trama- oder Schußseide (Saugleseide) färbt man mit dem Bast, wodurch sie einen gewissen Griff erhält. Zum Schwarzfärben billiger, leichter Stoffe dient Blauholz mit Eisenbeize (salpetersaures Eisenoxyd) oder chromsaurem Kali oder vanadinsaurem Ammoniak. Diesem Holzschwarz steht das Schwerschwarz gegenüber, welches durch Säuren nicht gerötet wird, eine ganz bedeutende Gewichtszunahme der Seide bezweckt und damit zu großartigen Betrügereien führt. Aus 100 Teilen roher Seide fertigt man 200, selbst 450 Teile schwerschwarze Seide, indem man die Seide zunächst mit Gerbsäure (Kastanien- oder Knoppernextrakt) behandelt, welche von derselben in ähnlicher Weise wie von der tierischen Haut aufgenommen wird, und dann mit Eisenoxydul oder Eisenoxydsalzen ausfärbt (Mailänder Schwarz). Das Kaiserschwarz (Blaukesselschwarz) hat einen Untergrund von Berliner Blau. Meist gibt man der schwarzen Seide zuletzt ein Bad von Blauholz und Seife, um ihr Glanz, Weichheit und Griff zu erteilen. Mit Hilfe von vanadinsaurem Ammoniak färbt man Seide auch mit Anilinschwarz. Blau wird auf Seide mit Indigosulfosäure oder Berliner Blau erzeugt. Man taucht die Seide in eine Mischung von Wasser, Rostbeize (Eisenvitriol, in Salpetersäure gelöst.) und Zinnchlorür, wäscht aus, zieht die Seide durch siedend heiße Seifenlösung, wäscht wieder aus und taucht sie in eine mit Salzsäure angesäuerte Lösung von gelbem Blutlaugensalz (Raymonds Blau). Zuletzt schönt man mit ammoniakhaltigem Wasser. Brillanter ist das Napoleonblau, zu dessen Darstellung man zuerst ein Eisenbad mit Zinnsalz, dann ein mit Schwefelsäure angesäuertes Bad von gelbem Blutlaugensalz anwendet. Bei Benutzung von Teerfarben bringt man die Seide lediglich in die wässerige oder alkoholische Lösung des Farbstoffs. Ebenso einfach ist die Anwendung von Fuchsin, Korallin (Aurin), Safranin, Eosin, Magdalarot und den Azofarbstoffen, welche zum Rotfärben den Safflor, die Kochenille, Orseille und den französischen Purpur verdrängt haben. Zu Violett wird noch Orseille angewandt, doch machen sich auch hier Teerfarben (Methyl- und Benzylviolett) immer mehr geltend. Gelb färbt man mit Wau (welcher durch Orlean in Orange modifiziert wird), Tropäolin und Pikrinsäure. Zu Grün gibt man einen gelben Grund mit Wau, Quercitron, Gelbholz oder Pikrinsäure und färbt dann mit Indigkomposition, Indigkarmin oder Anilinblau aus. Solider ist ein Grund aus Raymonds Blau, welches durch Gelbholz in Grün umgewandelt wird. Gegenwärtig aber dominieren auch hier Teerfarben (Anilin-, Malachit-, Methylgrün).

Die vegetabilischen Fasern färben sich ungleich schwieriger als Wolle und Seide, die Leinenfaser aber noch bedeutend schlechter als Baumwolle. Blau erzeugt man mit der Indigküpe, mit Berliner Blau, mit Blauholz und Kupfervitriol, mit einer Lösung von Kupferoxyd in Ammoniak und besonders häufig mit Indulin. Zum Gelbfärben benutzt man Avignonkörner, Wau, Gelbholz, Quercitron, Orlean, gegenwärtig aber meist Chromgelb (s. oben) und Teerfarben. Letztere haften aber nicht unmittelbar auf der Faser, sondern, wie alle Teerfarben, auf Baumwolle oder Leinen nur nach dem Beizen mit Gerbsäure. Grün erzeugt man auf indigblauem Grund mit Quercitron, Schwarz durch Anilinschwarz (echt) oder auf blauem Küpengrund durch Beizen mit holzessigsaurem Eisen und Ausfärben mit Galläpfeln und Blauholz. Am wichtigsten ist die Rotfärberei mit Krapp, welche auf geöltem Grunde das schöne Türkischrot (Adrianopelrot) liefert. Man beizt im Mistbad (einer Mischung von eigentümlich saurem Olivenöl [Tournantöl] oder Palmöl, mit Pottasche, Schafkot und Wasser) und im Weißbad, welches aus einer Emulsion desselben Öls mit Pottasche und Wasser besteht. Die geölten Garne oder Gewebe hängt man an die Luft, wobei sich ein Teil des Öls in eigentümlicher Weise verändert und dadurch die Faser beizt. Das überschüssige Öl wird durch Pottaschen- oder Seifenlösung entfernt. Die geölten Stoffe werden mit einer Abkochung von Galläpfeln oder Sumach galliert, dann zweimal in einer mit Soda oder Kalkmilch neutrassierten Alaunlösung durchgearbeitet und in einer Abkochung von Krapp, Krapppräparaten oder in Alizarinlösung ausgefärbt. Schließlich erzeugt man die scharlachrote Nüance durch Schönen (Avivieren, Rosieren), indem man die gefärbten Stoffe mit Seifenlösung, Zinnchlorür kocht und dadurch einen Teil der mit dem Alizarin verbundenen Thonerde durch Zinn-^[folgende Seite]