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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Fäustel - Fausts Höllenzwang.

korb oder das Degengefäß entstand. Die F. wurden an Prachtschwertern mit geätzten oder ziselierten Ornamenten versehen.

Fäustel, Instrument der Bergleute, ein eiserner, eigentümlich gestalteter Hammer, dient z. B. zum Scheiden der Erze, zur Bohrarbeit, zur Arbeit mit dem Bergeisen (Eisen), einem keilförmigen Instrument an einem Stiel, mittels dessen durch Fäustelschläge nicht zu festes Gestein losgetrennt wird. Mit dem Bergeisen gekreuzt, bildet der F., auch Schlägel genannt, das bergmännische Zeichen: Schlägel und Eisen.

Fausthandschuh, an der Plattenrüstung des Mittelalters und der Renaissancezeit der mit Stulpen versehene Eisenhandschuh, welcher aus zwei oder drei Gelenkteilen und an der innern Fläche aus starkem Leder bestand. Bisweilen waren die Finger angedeutet. Nur der Daumen hatte eine besondere Deckplatte. Später traten "gefingerte" Handschuhe an die Stelle der Fausthandschuhe.

Fausthuhn, s. Steppenhuhn.

Faustin I., Kaiser von Haïti, s. Soulouque.

Faustina, 1) Annia Galeria, Gemahlin des Kaisers Antoninus Pius und Vatersschwester des Marcus Aurelius, erhielt beim Regierungsantritt des erstern vom Senat den Titel Augusta und wurde nach ihrem Tod (141) für eine Göttin erklärt.

2) Annia, Tochter des Antoninus Pius und der vorigen, Gemahlin des Marcus Aurelius, ebensosehr wegen ihrer Schönheit gefeiert, wie durch ihr sittenloses Leben verrufen. Gleichwohl behandelte ihr Gemahl sie mit Nachsicht und ließ sie sogar nach ihrem Tod (175) vom Senat für eine Göttin erklären, worauf ihr Tempel errichtet wurden.

Faustitas, s. Felicitas.

Faustkampf, s. Pygme.

Faustkappe, an den Schwertern des 16. Jahrh. eine über der Parierstange angebrachte gewölbte Schale oder Glocke, welche zum Schutz der Faust gegen die Hiebe des Gegners diente.

Fäustle, Johann von, bayr. Justizminister, geb. 28. Dez. 1828 zu Augsburg, besuchte das Gymnasium daselbst, studierte in München die Rechte, ward 1851 Referendar beim Appellationsgericht in Neuburg, 1857 Assessor beim Bezirksgericht in Augsburg, 1858 Rat beim Bezirksgericht in Donauwörth, 1860 Assessor beim Appellationsgericht in Neuburg, 1862 Vorstand des Stadtgerichts in München und 1865 Referent im Justizministerium und Landtagskommissar. 1871 wurde er an Lutz' Stelle Justizminister, 1872 Mitglied des Bundesrats und des Justizausschusses und nahm an der Bearbeitung der neuen deutschen Justizgesetze bedeutenden Anteil, wie er auch die Einführung derselben in Bayern leitete und für die Reform des bayrischen Justizwesens eifrig thätig war. Ein entschiedener Vertreter der Rechte der Krone und des Staates Bayern, ist er zugleich ein treuer Anhänger des Reichs und gemäßigt freisinniger Grundsätze.

Fäustling, s. v. w. Fausthandschuh. Auch Bezeichnung für ein kurzes, karabinerartiges Gewehr, welches im 17. Jahrh. besonders bei der Reiterei gebräuchlich war. (S. auch Faustbüchse.)

Faustpfand (lat. Pignus), s. Pfand.

Faustrecht (Jus manuarium), Selbsthilfe mit gewaffneter Hand. Obwohl unter allen Völkern, solange dieselben noch keine feste staatliche Ordnung haben, ein Zustand, in welchem der Stärkere Recht behält, mehr oder weniger geherrscht hat und herrschen wird, so bezeichnet man doch mit dem Namen F. vorzugsweise jenes Unwesen, welches in den germanischen Staaten im Mittelalter und namentlich in der Zeit des sogen. Interregnums, während der nach dem Untergang des Hohenstaufengeschlechts herrschenden Anarchie, allgemein vorherrschte und ein geordnetes bürgerliches Leben nicht aufkommen ließ. In Deutschland währte dasselbe am längsten, weil die Zerstückelung des Reichs und die dadurch veranlaßte Schwäche der Zentralgewalt keine nachdrücklichen und wirksamen Maßregeln dagegen gestattete. Dazu kam, daß nach altgermanischer Sitte und Rechtsanschauung alle Handlungen, welche den Charakter einer Vergewaltigung trugen, wie Raub und Totschlag, den Thäter der Privatrache des Vergewaltigten oder seiner Bluträcher preisgaben, namentlich wenn jener sich weigerte, sich vor Gericht zu stellen oder sich mit dem Verletzten und seinen Blutsfreunden zu vergleichen. So erschien die Fehde (s. d.) im Mittelalter geradezu als ein Rechtsinstitut, und die Gesetzgebung begnügte sich lange Zeit damit, dasselbe nur einzuschränken, ohne eine Aufhebung des Fehderechts selbst zu versuchen. Auch die verschiedenen Landfrieden, welche die deutschen Kaiser und Könige errichteten, waren nur vertragsmäßige Friedensvereinigungen auf eine bestimmte Reihe von Jahren und regelmäßig auch nur für bestimmte Territorien, bis es endlich Maximilian I. 1495 auf dem Reichstag zu Worms gelang, die Reichsstände zum Verzicht auf den fernern Gebrauch der Waffen zum Austrag ihrer Streitigkeiten zu bewegen und den sogen. Ewigen Landfrieden (s. d.) zu errichten, nach welchem jeder fernere Gebrauch des Faustrechts als Landfriedensbruch erklärt und bestraft werden sollte. Vgl. Majer, Geschichte des Faustrechts in Deutschland (Berl. 1799).

Faustriemen, Säbeltroddel mit Lederriemen am Bügel der Hiebwaffen berittener Soldaten. Der F. wird über das Handgelenk geschlungen, damit der Säbel dem Reiter nicht entfallen, noch ihn am Gebrauch der Schußwaffe hindern kann.

Faustrohr, s. v. w. Faustbüchse.

Faustschild (franz. rondache, "Rundschild"), ein runder, zuweilen mit Nabel versehener Schild, welcher in der Zeit vom 14. bis 16. Jahrh. besonders bei Fußkämpfern üblich war. Der F. war an der Außenseite bisweilen mit Haken versehen, um das Schwert des Gegners festzuhalten, und hieß dann Degenbrecher. Man konnte an demselben auch für Kämpfe in der Dunkelheit Laternen befestigen. Der Durchmesser überstieg nicht 0,5 m. An der Innenseite war der F. oft mit Tuch oder Leder überzogen und an dem Rand mit Fransen besetzt.

Fausts Höllenzwang, das Zauberbuch, mit dessen Hilfe sich Dr. Faust (s. d.) die Mächte der Hölle unterthan gemacht haben soll, die berühmteste jener mit fürchterlichen Drohungen, Verwünschungen und absichtlich unverständlichen Formeln gefüllten magischen Schriften, von denen man neuerdings bereits ein Exemplar in der alten Ziegelstein-Bibliothek zu Ninive gefunden hat. Angeblich von Faust selbst verfaßt, ward es nach seinem Tod von seinem Famulus Wagner herausgegeben; den Jahreszahlen der Titelblätter nach würde es aber noch über die Zeit hinaus fallen, in der Faust gelebt hat. Es enthält Citationen aller möglichen und unmöglichen Geister in deutscher und chaldäischer Sprache und merkwürdige Zauberzeichen, zum Teil mit unentzifferbaren Unterschriften versehen. Die verschiedenen Ausgaben und Bearbeitungen des sinnlosen Buches finden sich verzeichnet in Engels "Zusammenstellung der Faust-Schriften" (Oldenb. 1885).