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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Feigwarzenkraut; Feile

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Feigwarzenkraut - Feile.

den Lippen, der Eichel etc., vor. Sie können die Größe eines Hühnereies, selbst einer Faust erreichen und bilden manchmal einen dicken Wall um After und Scheidenöffnung. Sie entstehen durch den Reiz scharfer Sekrete, welche dauernd mit der Haut in Berührung sind, z. B. bei weißem Fluß, chronischer Ruhr, Eicheltripper. Durch Reinlichkeit kann man ihre Entstehung sicher verhüten. Spitze Feigwarzen von geringem Umfang schneidet man mit der Schere an ihrer Basis ab und betupft die blutende Fläche mit Höllenstein. Sehr große Feigwarzen pflegt man mit der galvanokaustischen Schneideschlinge abzutragen. Kleine Kondylome dieser Art gehen durch Bestreichen mit einer Verbindung von Salicyl und Kollodium oft zurück. Eine allgemeine oder innere Behandlung ist überflüssig und ohne Einfluß auf die spitzen Feigwarzen.

Feigwarzenkraut, s. v. w. Ficaria ranunculoides, Scrophularia nodosa.

Feile, Werkzeug von Stahl, dessen mit Einschnitten versehene Oberfläche mehr oder weniger feine Späne (Feilspäne) von dem mit derselben bearbeiteten Arbeitsstück abnimmt. Die Einschnitte (Hieb) der Feilen, welche deren Oberfläche mit einer großen Zahl kleiner Schneiden ausstatten, werden mittels eines Meißels hervorgebracht. Laufen diese Kerben auf jeder Seitenfläche einer F. nur nach einer Richtung und parallel miteinander, so heißt sie einhiebige F.; bei den meisten Feilen laufen die Einschnitte aber nach zwei sich durchkreuzenden Richtungen (zweihiebige Feilen) und bilden dann zahlreiche rautenförmige Zähnchen. Der Hieb ist niemals senkrecht geführt, sondern stets so, daß die aufgeworfenen Kanten nach der Spitze der F. hin steil abfallen, nach dem Heft zu aber einen schräg abgedachten Rücken bilden. Daher greift die F. auch nur an, wenn sie gegen das Arbeitsstück vorwärts gestoßen wird. Die Feilen werden aus bestem Stahl in Gesenken geschmiedet oder gewalzt, durch Befeilen und Schleifen auf Schleifmaschinen ausgearbeitet und dann mit dem Hieb versehen (gehauen). Das Hauen geschieht mit zweiseitig zugeschärften Meißeln, deren Schneide je nach der Gestalt der darzustellenden F. geradlinig, konkav oder konvex sein muß; man legt die leicht mit Fett bestrichene F. auf einen Amboß, so daß die Angel dem Arbeiter zugekehrt ist, hält sie mit einem doppelten endlosen Riemen, in welchen der auf einer Bank sitzende Arbeiter mit den Füßen wie in einen Steigbügel tritt, fest und bringt jeden Einschnitt mit einem einzigen Hieb hervor. Kommt beim Fortschreiten der Arbeit eine schon mit Hieb versehene Fläche der F. auf den Amboß zu liegen, so wird sie durch eine Scheibe Pappe oder Blei geschützt. Nachdem alle Seiten mit dem ersten Hieb (Unterhieb) versehen sind, nimmt man auf dem Schleifstein oder mit einer groben F. den Grat ab und bringt dann den Oberhieb an. Ein sehr geschickter Feilenhauer macht auf groben und großen Feilen 70-90, auf kleinen Feilen bis 240 Schläge in einer Minute. Feilenhaumaschinen, seit 1735 in ungemein großer Zahl konstruiert, haben bis jetzt wenig Erfolg gehabt; einige neuere Konstruktionen werden indes sehr gerühmt. Nach dem Hauen werden die Feilen mit einem Brei von Kochsalzlösung und Roggenmehl, von Bierhefe, Hornkohle, Ofenruß, Pferdemist, Kochsalz, Thon bestrichen, getrocknet, rotglühend gemacht und durch Eintauchen in Regenwasser oder Kochsalzlösung gehärtet. Man reinigt sie dann mit einer Bürste, Sand und Wasser oder mit verdünnter Schwefelsäure, trocknet sie schnell auf einer erhitzten Eisenplatte, taucht sie warm in Baumöl und verpackt sie nach dem Abtropfen in Papier, nachdem noch die Angel durch Erhitzen weich gemacht ist. Die Feilen haben sehr verschiedene Größe, von 2,5 bis 60 cm und mehr; die größten Feilen mit grobem Hieb sind die Arm- oder Strohfeilen (in Stroh verpackt), mit 10-27 Einschnitten auf 2,5 cm Länge; die Feilen mit Mittelhieb heißen Bastard- oder Vorfeilen, die feinsten Schlichtfeilen, mit 140-230 Einschnitten. Zur Bezeichnung einer F. wird im Handel auch die Länge angegeben (s. unten), weil der Hieb bei kleinen Feilen feiner als bei großen ist. Bastardfeilen von 3 Zoll Länge haben auf 2,5 cm 73, solche von 7 Zoll 37, von 12 Zoll 28, von 16 Zoll 22, von 20 Zoll 19, von 22 Zoll 17 Einschnitte. Die meisten Feilen sind gegen das vordere Ende hin stark verjüngt; die Flächen sind der Länge nach teils gerade, teils bauchig. Nach der Querschnittsform unterscheidet man vierkantige mit quadratischem Querschnitt und Hieb auf allen vier Flächen; flache (Ansatz-, Handfeilen) mit rechteckigem Querschnitt und auf einer schmalen Seite ohne Hieb; spitzflache (Spitzfeilen) mit rechteckigem Querschnitt, spitz zulaufend; Messerfeilen, spitz, im Querschnitt messerförmig; Gabelfeilen, spitzflache Feilen mit abgerundeten Schmalseiten zum Ausfeilen der Gabelzinken; Einstreichfeilen (Schraubenkopf-, Schwertfeilen), deren Querschnitt ein sehr stark verschobenes gleichseitiges Viereck mit ein wenig abgestumpften scharfen Winkeln bildet; dreieckige, deren Querschnitt ein gleichseitiges Dreieck ist; Sägefeilen, den vorigen ähnlich, aber mit ganz schmalen, einfach gehauenen Flächen statt der Kanten; spitze halbrunde; Wälzfeilen, dünne, halbrunde, nicht spitze Feilen, deren runde Seite glatt ist; Vogelzungen, spitze Feilen mit zwei runden Flächen; runde Feilen (Rattenschwänze). Im Handel unterscheidet man Bundfeilen, die in Bunden von 3-16 und mehr Stück verkauft werden, und Zollfeilen, bei denen die Länge in Zollen angegeben wird und der Verkauf nach Dutzenden geschieht. Die Feilenfabrikation hat sich zuerst und in sehr glänzender Weise in England und speziell seit 1638 in Sheffield entwickelt; Warrington liefert weniger große Quantitäten, aber mehr die feinern Sorten, und Birmingham nur gewisse Arten. Erst in diesem Jahrhundert haben sich Frankreich und Deutschland England ebenbürtig an die Seite gestellt. Frankreich erzeugt in Paris und an einigen andern Orten alle Gattungen, und in Genf werden seit langer Zeit vorzügliche Uhrmacherfeilen dargestellt. In Deutschland ist besonders Remscheid Sitz der Feilenfabrikation; Steier und Waidhofen in Österreich liefern geringere, St. Ägid vortreffliche Feilen.

Bei Bearbeitung eines Metalls mit der F. beginnt man stets mit groben Feilen (Bestoßen, Schruppen) und nimmt allmählich feinere und ganz feine (Schlichten, Abschlichten). Letztere werden auf Schmiedeeisen und Stahl mit Öl benutzt. Sind die Feilen nach längerm Gebrauch verstopft, so reinigt man die gröbern mit einer feinen Stahlspitze oder einem dünnen ausgehämmerten Messingblech, feinere mit einer Kratzbürste oder einem auf Holz genagelten Stück einer Baumwollkratze; vorteilhaft befeuchtet man dabei die Feilen mit Benzin oder Petroleum. Durch den Gebrauch stumpf gewordene Feilen werden durch Ausglühen weich gemacht, abgeschliffen und im hellrot- oder fast weißglühenden Zustand mit einer sehr großen und groben Abziehfeile vom Hiebe befreit und dann von neuem aufgehauen. Manche Feilen ertragen diese Operation mehrere Male, bis-^[folgende Seite]