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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Festigkeit

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Festigkeit (rückwirkende).

Breite und dem Quadrat seiner Höhe direkt, seiner Länge indirekt proportional. In betreff der Größe des Querschnitts bei sonst gleichen Verhältnissen gilt der Satz: Die Tragvermögen zweier Balken von gleicher Länge, aber von verschieden großen quadratischen oder runden Querschnitten verhalten sich zu einander wie die Kuben der Seiten oder der Durchmesser dieser Querschnitte. Ein Balken von quadratischem Querschnitt trägt mehr, wenn er auf eine Seite, als wenn er auf eine Kante gestellt wird, bei rektangulärem Querschnitt mehr, wenn er auf die schmale, als wenn er auf die breite Seite gelegt wird, und zwar trägt er, wenn die eine Seite doppelt so breit ist als die andre, eine doppelt so große Last, wenn man ihn auf die schmale, als wenn man ihn auf die breite Seite legt. Soll ein hölzerner Balken von rektangulärem Querschnitt und größtmöglicher Tragfähigkeit aus einem runden Baumstamm gezimmert werden, so muß das Verhältnis seiner Breite zu seiner Höhe wie 5:7 sein. Man erhält dies Verhältnis, wenn man den Stammdurchmesser in drei gleiche Teile teilt, in einem der Teilungspunkte ein Lot errichtet und den Punkt, in welchem dies Lot die Peripherie trifft, mit den Endpunkten des Durchmessers verbindet. Die beiden erhaltenen Linien sind zwei Seiten des Balkens, dessen beide andre Seiten diesen gleich und parallel sind (vgl. Balken). Für die Tragfähigkeit gußeiserner Balken ist ein T-förmiger Querschnitt am günstigsten, wenn die Breite der Unterflantsche 1, die Breite der Oberflantsche 2,17, die Dicke der beiden Flantschen 0,3, die Dicke der Mittelrippe 0,25 und die ganze Höhe 6,35 beträgt. Die Gestalt des Querschnitts, bei gleicher Größe desselben, ist ebenfalls von Einfluß, und zwar ist die Tragkraft eines Balkens mit quadratischem Querschnitt geringer als die eines solchen mit rektangulärem Querschnitt, wenn letzterer Balken auf seiner schmalen Seite ruht. In betreff der Art, wie der Balken befestigt ist, und wie die Last einwirkt, gelten bei gleicher Länge desselben folgende Sätze: Ist der Balken an einem Ende in horizontaler Lage befestigt, am andern ganz frei, und hängt die Last an dem freien Ende, so ist die Tragkraft = 1. Ist die Last unter sonst gleichen Verhältnissen über den ganzen Balken verteilt, so ist die Tragkraft = 2. Sind beide Enden unterstützt, und hängt die Last in der Mitte, so ist die Tragkraft = 4. Dasselbe gilt für den in der Mitte unterstützten und an beiden Enden freien Balken. Sind beide Enden unterstützt, und ist die Last gleichmäßig verteilt, so ist die Tragkraft = 8. Dieselbe Tragkraft besitzt der an den beiden Enden eingemauerte Balken, wenn die Last in der Mitte hängt; ist sie aber in diesem Fall gleichmäßig verteilt, so ist die Tragkraft = 12. Ein hohler Balken leistet bei gleichem Querschnitt mehr Widerstand als ein massiver. Bei der Biegung eines Balkens werden die obern Faserschichten gedrückt, die untern gezogen, während die zwischen denselben befindliche Schicht, die sogen. neutrale Faserschicht, weder gedrückt noch gezogen wird. Die obern und untern Faserschichten werden desto mehr gedrückt und gezogen, je weiter sie von der neutralen Faserschicht entfernt sind. Ist nun die Druck- und Zugfestigkeit eines und desselben Materials, z. B. des Holzes, verschieden, so muß die Tragfähigkeit eines Balkens mittels des kleinern jener beiden Werte und zwar mittels derjenigen Druck- oder Zugfestigkeit berechnet werden, welche in der Entfernung 1 von der neutralen Faserschicht die kleinere ist. Das Verhältnis beträgt bei Holz etwa 4:3, bei Gußeisen 1:4 und bei Schmiedeeisen 1:1, weshalb bei Holz mit dem Koeffizienten der Druckfestigkeit, bei Gußeisen mit dem Koeffizienten der Zugfestigkeit und bei Schmiedeeisen mit dem Koeffizienten entweder der Druck- oder der Zugfestigkeit zu rechnen ist. Bei rechteckigen, frei an beiden Enden aufliegenden, in der Mitte belasteten Balken läßt sich der Bruchkoeffizient nach der Formel finden: P + ½G = (2pbh²)/(3l), worin P die Last, welche den Bruch bedingt, G das Gewicht des Balkens, p den Bruchkoeffizienten, b die Breite, h die Höhe, l die Länge des Balkens von einem Auflagepunkt zum andern bezeichnet.

3) Die rückwirkende oder Druckfestigkeit ist dem Querschnitt des gedrückten Körpers proportional und beträgt durchschnittlich bei Hölzern ¾, bei Gußeisen 4/1, bei Schmiedeeisen 1/1, bei Steinen 3/1 der Zugfestigkeit. Nachstehende Tabelle gibt die Werte der rückwirkenden F. verschiedener Körper für QZentimeter und Kilogramm.

Bezeichnung der Stoffe Rückwirkende Festigkeit gegen Zerdrücken von je 1 qcm Querschnitt in Kilogr.

Mittleres Stangeneisen 4900

Graues Gußeisen 6800

Graues Gußeisen, in kleinen Stücken gegossen und an der Oberfläche hart geworden 13000

Kupfer, geschlagen 3855

Messing 3615

Kanonenmetall 10000

Zinn, gegossenes 620

Blei 145

Rottanne 405

Weißtanne 475

Buche 540

Eiche, in der Richtung der Fasern 455

" senkrecht auf die Fasern 160

Esche 610

Basalt von Auvergne 2000

Porphyr 2470

Grauer Granit aus den Vogesen 420

Grüner Granit aus den Vogesen 620

Harter Sandstein 870

Weicher Sandstein 10

Kalkstein, weißer, von feinem Korn 440

" körnig, sandig 94

" weicher 120

Marmor, schwarzer (Flandern) 790

Bildsäulenmarmor 310

Harter, stark gebrannter Backstein 150

Roter, schwach gebrannter Backstein 60

Roher, nicht gebrannter Backstein 33

Gips, mit Kalkmilch angerührt 73

" mit Wasser angerührt 50

Mörtel aus Sand und Kalk 35

" aus sehr hydraulischem Kalk 144

" aus gewöhnlichem hydraulischen Kalk 74

4) Die relativ rückwirkende F. oder F. gegen seitliche Ausbiegung (Zerknicken) kommt in Betracht bei längern stabförmigen Körpern, welche ein gewißes Verhältnis h/l ihrer kleinsten Querschnittsdimension zu ihrer Länge überschreiten und bei hinreichender Belastung seitlich ausbiegen. Diese Ausbiegung ist verschieden, je nachdem der belastete Stab 1) am einen Ende festgehalten, am andern frei, 2) an beiden Enden drehbar befestigt oder 3) an beiden Enden festgehalten ist. Bei gleichen Längen, Querschnitten und Stoffen verhalten sich die möglichen Belastungen dieser Stäbe wie 1:4:16, bei gleichen Längen, Stoffen und Belastungen die erforderlichen Trägheitsmomente ihrer Querschnitte wie 4:1:¼.