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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Finnland

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Finnland (Unterrichtswesen, Ackerbau und Viehzucht).

bevölkerung aus. Die Zahl der Städte und Flecken belief sich auf 42, von denen 23 See- und Handelsstädte am Finnischen und Bottnischen Meerbusen waren. Die volkreichsten Städte sind: Helsingfors, die jetzige, Abo, die frühere Hauptstadt, Wiborg, Tammerfors, Uleåborg und Björneborg. Die Zahl der Dörfer beträgt 9916, die aller Wohnhäuser 300,134.

In Bezug auf Nationalität zeigt die Bevölkerung große Übereinstimmung. Die Finnen (1883: 1,828,300) bilden 85 Proz. der Gesamtbevölkerung und zerfallen in zwei Hauptstämme: Tawasten im südwestlichen und Karelen im östlichen und nördlichen Teil des Landes. Die Schweden (1883: 306,500), ca. 14 Proz. der Gesamtbevölkerung, wohnen an den Küsten des Finnischen Meerbusens, von der Einmündung des Kymmeneflusses an, in ganz Nyland, im Abo-Län, auf den Inseln im Finnischen Meerbusen, auf Aland und in Österbottnien von der Südgrenze bis Altkarleby. Sie gehören großenteils den obern Klassen der Bevölkerung an, und die schwedische Sprache wird von den meisten Gebildeten gesprochen. Außerdem gibt es 4400 Russen, 1800 Deutsche, dann Lappen und Zigeuner. Die ersten sind am zahlreichsten im Wiborgs-Län. Die Lappen, einst die vorherrschende Bevölkerung von F., werden jetzt nur jenseit des 68.° nördl. Br. angetroffen und sind auf die Zahl von etwa 1000 Köpfen zusammengeschmolzen, die in fünf Kirchspielen und vier Kapellgemeinden wohnen, welche sämtlich zur kemischen Propstei und zum Län Uleåborg gehören.

In der Konfession überwiegen die Lutheraner. Die Bevölkerung des Jahrs 1883 (2,142,093 Seelen) zeigte folgende Zusammensetzung:

^[Liste]

Lutheraner 2099996 = 98,04 Proz.

Griechisch-Katholische 39810 = 1,86 "

Römisch-Katholische 2287 = 0,10 "

In Bezug auf die kirchliche Verwaltung wird F. in drei Bistümer eingeteilt (Abo, Borgå und Kuopio) mit Konsistorien, denen die Kirchspiele untergeordnet sind. Der öffentliche Unterricht hat in F. in der neuesten Zeit bedeutende Fortschritte gemacht. Seit 1640 hat F. seine eigne Universität, die nach dem großen Brand zu Abo 7. Sept. 1827 unter dem Namen Alexander-Universität von da nach Helsingfors (1828) verlegt wurde. Die Universität, deren Kanzler der Thronfolger ist, hatte 1884: 67 Dozenten (10 Lehrstühle waren vakant) u. 1422 eingeschriebené ^[richtig: eingeschriebene] Studenten, von denen 785 anwesend waren. In Helsingfors ist auch eine polytechnische Schule, welche 1884: 26 Lehrer und 105 Lernende zählte. Die Zahl der mittlern und höhern Lehranstalten betrug 1882/83: 87 mit 8235 Schülern, nämlich 24 Lyceen (darunter 15 vollständige), 4 Vorschulen für dieselben, 18 Realschulen und 41 Töchterschulen. Von diesen Lehranstalten gehören 38 dem Staat, 49 Privaten an. Die Zahl der Volksschulen war 719 mit 43,181 Schülern und Schülerinnen. Von den letztern sind 183 mit 12,344 Schülern in den Städten, 536 mit 30,837 Schülern auf dem Lande. Die 4 Seminare zur Heranbildung von Lehrern und Lehrerinnen in Jyväskylä, Ekenäs, Nykarleby und Sordavala hatten 47 Lehrende und 540 Schüler und Schülerinnen. Von den mittlern Lehranstalten bedienen sich 30 des Finnischen als Unterrichtssprache, von den Volksschulen 552. Zwei der mittlern Lehranstalten sind deutsch, zwei der Volksschulen russisch, 15 schwedisch und finnisch zugleich, alle übrigen Schulen schwedisch. Auch tragen verschiedene technische Fachschulen, Handels-nnd Navigationsschulen für die Heranbildung tüchtiger Fachleute Sorge. Für die Militärbildung besteht ein Kadettenkorps zu Fredrikshamn. Alle Lehranstalten stehen unter einer 1868 errichteten Oberschulverwaltung. Unter den Gesellschaften für wissenschaftliche und litterarische Zwecke sind als die wichtigsten zu nennen: die Finnische Societät der Wissenschaften, die Finnische Litteraturgesellschaft, die Ökonomische Gesellschaft zu Abo, der Verein für Altertumskunde Finnlands, die Gesellschaft pro fauna et flora fennica etc.

[Erwerbszweige.] Die Haupterwerbsquellen der Finnländer sind Ackerbau, Waldnutzung, Viehzucht, Jagd und Fischerei. Während etwa 24 Proz. des Areals von Binnenseen, Morästen und Torfgründen erfüllt werden und der Wald 56 Proz. bedeckt, verbleiben für den Ackerbau nur 3 Proz. und für die Wiesen 10 Proz. des Landes. Die fruchtbarsten Teile sind das eigentliche F. und Satakunda sowie der südliche Teil von Österbottnien, dann Tawastland und Nyland; Sawolaks und Karelien dagegen haben schlechten Boden. Das Pflanzenreich liefert an Produkten Getreide, besonders Roggen und Gerste; Buchweizen wird viel in Karelien, Sawolaks und Tawastland, dagegen Weizen wenig gebaut. Auch baut man Kartoffeln, die seit 1762 in F. bekannt sind, sowie Erbsen und Bohnen. Flachs wird mehr landeinwärts als an der Seeseite gebaut, Hopfen am meisten im südlichen Teil des Landes, außerdem Tabak, Waid und viele Gemüse. Die meisten Obstbäume findet man im Abo-Län, Nyland und Tawastland; der Apfel- und Kirschbaum kommt bei Uleåborg nicht mehr fort, der wilde Apfelbaum an mehreren Stellen, sogar ziemlich hoch in Tawastland, der Birnbaum am häufigsten in Nyland, besonders um Borgå; der Pflaumenbaum gedeiht hier und da, die kleine Hundspflaume ziemlich häufig; in einigen Gegenden, z. B. in Abo, reifen bisweilen sogar Weintrauben. Reich ist das Land an Wald- und Sumpfbeeren. Am Ufer gedeihen Sandhafer, Meerkohl und Meerstranderbsen. Die Moräste bringen Torfbinsen, Wiesenflachs und allerlei Riedgräser hervor. Von wild wachsenden Bäumen sind zu bemerken: die Maserbirke, der Mehlbeerbaum, Hagedorn, die Eberesche, Eiche (besonders in Südfinnland), Esche, hier und da auch der Eibenbaum; überall aber wachsen Ahorne, Linden, Ulmen, Haselnußsträucher, Sperberbäume, Vogelkirschbäume sowie Tannen, Fichten, Espen, Weiden, Birken, Ellern, Wacholder, sogar im Norden des Landes. Das südliche F. führt in guten Jahren viel Getreide aus; doch findet auch oft Mißwachs statt, wobei die Einwohner zu Brotsurrogaten (Föhrenrinde, mit Mehl vermischt, und Weißwurzel) ihre Zuflucht nehmen müssen. Die Ernte betrug 1882: 25581 Ton. (à 1,6489 hl) Weizen, 2,363,526 T. Roggen, 1,255,697 T. Gerste, 1,994,775 T. Hafer, 66,898 T. Mengkorn, 7,670 T. Buchweizen, 72,389 T. Erbsen, 2,729,023 T. Kartoffeln, 203,318 T. Rüben etc., 174,852 Liespfund (à 8,501 kg) Flachs und 97,371 Liespfund Hanf. Die Wälder, welche zu 77 Proz. mit Kiefern, 12 Proz. Fichten und 11 Proz. Laubholz bestanden sind, liefern viel Schiffbau-, Zimmer- und Brennholz; man macht viele Holzkohlen, brennt Teer, bereitet Pech, Terpentinöl und Pottasche und hat überhaupt eine geregelte Forstwirtschaft eingeführt, während man eine Zeitlang dem System der Walddevastationen huldigte. Das Areal der Staatsforsten wird auf 14,766,184 Hektar mit einem Reinertrag von 0,8 Mill. Mk. angegeben. Für den Anbau der Futterkräuter und die Verbesserung der Wiesen geschieht wenig. Die Viehzucht und die mit ihr verbundenen Ge-^[folgende Seite]