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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Fixsterne

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Fixsterne (temporäre Sterne).

und blieben seitdem unverändert. Einer der merkwürdigsten veränderlichen Sterne, der deshalb auch Mira, d. h. der Wunderbare, genannt wird, ist der Stern ο im Hals des Walfisches, dessen periodische Veränderlichkeit schon 1638 erkannt ward. Bei ihm haben sich Perioden der Perioden ergeben, indem die verschiedenen Maxima und Minima durchaus verschieden sind. Er sinkt nämlich zur Zeit des Minimums zu einem Stern 11.-12. Größe herab, wächst aber zuweilen fast zu einem Stern 1. Größe an, während er zu andern Zeiten sein Maximum schon als Stern 4. Größe erreicht. Aus zahlreichen Beobachtungen ergeben sich 331 Tage 20 Stunden als Zeit der ganzen Periode, in der sich alle Veränderungen wiederholen. Der Stern β des Perseus, auch Algol genannt, erreicht sein Minimum bei 4. Größe und wächst bis zu einem Stern 2.-3. Größe an. In dieser Größe bleibt er 2 Tage 12 Stunden lang, in 8-9 Stunden nimmt er wieder bis zur 4. Größe ab. Die Dauer seiner Periode hat (nach Argelander) bis 1855 eine geringe Verkürzung erfahren (1784: 2 Tage 20 Stunden 48 Minuten 59,42 Sekunden, 1855 nur 2 Tage 20 Stund. 48 Min. 52,41 Sek.), wächst aber seitdem wieder. Eine ebenfalls kurze und ziemlich gleichförmige Periode hat η des Adlers; sie währt nur 7 Tage. 4 Stund. 14 Min. 11 Sek. Im Minimum ist er ein Stern 5.-4. Größe; dann nimmt er erst langsam, darauf rascher und zuletzt wieder langsamer an Lichtstärke zu, bis er nach 2 Tagen 9 Stund. sein Maximum als Stern 3.-4. Größe erreicht hat, von wo ab er ungleichmäßig wieder zum Minimum abnimmt. Stern β der Leier hat zwei Maxima und zwei Minima, doch schwankt er nur zwischen 3.-4. und 4.-5. Größe. Vom kleinsten Minimum steigt er in 3 Tagen 2 Stund. zum ersten Maximum, von dem er in 3 Tagen 7 Stund. bis zum zweiten Minimum abnimmt. Von hier ab wächst er in 3 Tagen 3 Stund. zum zweiten Maximum, um von hier ab in 3 Tagen 12 Stund. zur geringsten Helligkeit herabzusinken. Die ganze Periode betrug 1840: 12 Tage 21 Stund. 46 Min. 40 Sek., während sie 1784 um 25 Stunden, 1817 und 1818 um ca. 1 Stunde kürzer erfunden ward. Stern δ des Cepheus hat eine Periode von 5 Tagen 8 Stund. 47 Min. 40 Sek. und zeigt unter allen veränderlichen Sternen die größte Regelmäßigkeit. Seine Helligkeit schwankt zwischen 4.-3. und 5.-4. Größe. Bei noch vielen andern Sternen ist die Veränderlichkeit bestimmt beobachtet, bei noch mehreren nur vermutet worden, ohne bis jetzt genau bestimmt zu sein. So fand Halley den Stern η des schönen Sternbildes Argus am südlichen Himmel 1677 von 4., Lacaille 1751 von 2. Größe, und von dieser ging derselbe wieder zu 4. Größe zurück. Nach vielen Schwankungen in der Lichtstärke, die jedoch seit 1822 nicht unter die eines Sterns 2. Größe herabsank, war der Stern 1843 fast dem Sirius gleich, nahm dann langsam ab und war 1865 kaum mehr mit freiem Auge zu sehen. Auch Capella scheint an Helligkeit zugenommen zu haben, denn sie ist jetzt heller als Wega, was früher nicht der Fall war. Bemerkenswert ist noch, daß die meisten veränderlichen Sterne rot sind, doch gibt es auch weiße; außerdem sind Sterne aller Größen veränderlich, häufiger jedoch die der niedern Größen.

Temporäre Sterne.

Nicht weniger rätselhaft sind die plötzlich erschienenen und meist wieder verschwundenen, die sogen. temporären Sterne. Das plötzliche Aufleuchten eines solchen Sterns im Sternbild des Skorpions 134 v. Chr., der auch in China beobachtet wurde, soll Hipparch zur Anfertigung seines Sternkatalogs veranlaßt haben. Ferner beobachteten in der ersten Hälfte des 9. Jahrh. arabische Astronomen einen neuen Stern im Skorpion, dessen Licht dem des Mondes in seinen Vierteln geglichen haben soll, und welcher nach vier Monaten wieder verschwand. Von einer Anzahl solcher Sterne berichtet ferner die chinesische Chronik "Ma tuan lin", aber erst seit Tycho Brahe haben wir genaue und zuverlässige Nachrichten über dergleichen Erscheinungen. Am 11. Nov. 1572 erblickte Brahe in der Kassiopeia eines Abends einen überaus hellen Stern, den er früher nie bemerkt hatte. Derselbe übertraf in der ersten Zeit seiner Sichtbarkeit alle F. und selbst Venus an Glanz und ward auch bei Tage bequem gesehen sowie des Nachts durch mäßige Wolken. Im Dezember 1572 fing er an schwächer zu werden, im Januar 1573 war er weniger hell als Jupiter; im April d. J. erschien er als ein Stern 2., im Juli und August 3. und im Oktober und November 4. Größe, zu Anfang 1574: 5.-6. Größe, und im März war er bereits für das unbewaffnete Auge verschwunden, nachdem er 17 Monate hindurch geleuchtet hatte. Im J. 1604 sah Kepler im rechten Fuß des Ophiuchus einen neuen Stern; derselbe übertraf an Glanz alle F. 1. Größe, nahm zu Anfang des folgenden Jahrs an Glanz ab und verschwand zu Anfang 1606 spurlos. Im J. 1670 entdeckte Anthelm am Kopf des Fuchses einen neuen Stern 3. Größe, welcher von Juni bis August leuchtete und dann verschwand, im März 1671 wieder als Stern 4. Größe und nochmals im folgenden März als Stern 6. Größe sich zeigte, seitdem aber vergeblich gesucht worden ist. Ferner entdeckte Hind in London 28. April 1848 einen neuen rötlichgelben Stern 5. Größe im Ophiuchus. Derselbe war 1850 kaum 11. Größe und dem Verschwinden nahe. Zu den merkwürdigsten Erscheinungen der Neuzeit gehört auch das plötzliche Anwachsen eines kleinen Sterns 9.-10. Größe im Sternbild der Nördlichen Krone in der Nacht vom 12. zum 13. Mai 1866 zu einem Stern 2. Größe. Derselbe erschien in den darauf folgenden Tagen mit einem schwachen nebligen Duft umgeben, nahm rasch wieder an Licht ab und war 20. Mai schon nicht mehr dem bloßen Auge sichtbar. Ferner gehört hierher ein von Schmidt 24. Nov. 1876 östlich vom Stern ρ im Schwan entdeckter Stern 3. Größe von goldgelber Farbe, dessen Glanz so rasch abnahm, daß er in 21 Tagen dem bloßen Auge nicht mehr sichtbar war. Endlich ist auch noch das Erscheinen eines Sterns 6.-7. Größe im Andromedanebel zu erwähnen, der am 17. Aug. 1885 zuerst bemerkt wurde, Mitte Oktober aber bereits unter 10. Größe herabgesunken war, sowie das Auftreten eines neuen roten Sterns 6. Größe im Orion, der am 13. Dez. 1885 durch Gorn entdeckt wurde. Die temporären Sterne gehören zu den seltenen Erscheinungen; in den letzten 2000 Jahren sind deren 25 mit einiger Sicherheit zu verzeichnen. Weniger sicher konstatiert als das plötzliche Aufleuchten ist das Verschwinden früher gesehener Sterne.

Für die periodisch veränderlichen Sterne bieten sich aus der Analogie unsers Sonnensystems zwei Erklärungen dar: die Rotationsbewegung und die Umdrehung eines dunkeln planetarischen Körpers um den hellern. Im ersten Fall muß man sich vorstellen, daß der Fixstern nur mit einer Seite, vielleicht nur um einen Punkt seiner Oberfläche herum, stark leuchte, während die übrigen Teile einen schwachen oder bei verschwindenden Sternen vielleicht auch gar keinen Glanz haben. Wo die Veränderung nur gering ist,