Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Formentera; Formes; Formey; Formia

436

Formentera - Formia.

oder derjenige Teil der erstern, welcher die Wörter ihrer Form nach, sofern dieselbe durch Flexion und Ableitung bedingt wird, betrachtet; in der Mathematik die Lehre von den Grundformen der Flächenfiguren und Körper. Während die ältere Mathematik die Kenntnis dieser Grundformen voraussetzte oder durch die jedem Abschnitt vorangestellten Definitionen zu geben unternahm, verlangt die neuere Pädagogik einen dem eigentlichen mathematischen Unterricht vorausgehenden Kursus geometrischer Anschauungen, dessen erste Stufen bei einer verständigen, planvollen Erziehung freilich schon der ersten mütterlichen Anweisung im vorschulpflichtigen Alter zufallen. Während in höhern Schulen auf dieser Grundlage sich der planimetrische und stereometrische Unterricht mit seinen wissenschaftlichen Beweisen aufbaut, behält in Volksschulen auch für die höhern Altersstufen der Unterricht die Form des Anschauungsunterrichts bei und begnügt sich mit der praktischen Nachweisung der wichtigsten Lehrsätze (Kongruenz, Flächen-, Körperberechnung etc.) durch den Augenschein. Wie jene erste Einführung in die mathematische F. für die gesamte Verstandesbildung, so ist diese volkstümliche Raumlehre für die praktische Ausbildung des Handwerkers etc. von hoher Bedeutung. Eingeführt in die Didaktik ist dieser Unterrichtszweig von Pestalozzi ("ABC der Anschauung oder Anschauungslehre der Maßverhältnisse", Basel 1803) und Herbart ("Pestalozzis Idee eines ABC der Anschauung", Götting. 1802, 2. Aufl. 1804); ihre praktische Ausbildung verdankt sie vorzüglich Diesterweg. Vgl. Schurig, Geschichte der Methode der Raumlehre (in Kehrs "Geschichte der Methodik", 1. Bd., Gotha 1877).

Formentera, span. Insel im Mittelländischen Meer, zur Gruppe der Pityusen (s. d.) gehörig, 96 qkm groß, ist bergig, bewaldet und wenig angebaut.

Formes, 1) Karl Johann, Opernsänger (Baß), geb. 7. Aug. 1810 zu Mülheim a. Rh., fungierte als Küster an der katholischen Kirche daselbst und war bereits Familienvater, als er 1841 beschloß, sich der Kunst zu widmen, und unter Leitung des Liederkomponisten Gumbert, damaligen Baritonisten des Kölner Stadttheaters, seine Gesangsstudien begann. Noch in demselben Jahr konnte er daselbst mit Erfolg als Sarastro debütieren. Zwei Jahre danach wurde er in Mannheim angestellt und 1845 an das Hofoperntheater in Wien berufen, wo er sich als ebenso genialer Sänger wie Darsteller in der Gunst des Publikums behauptete, bis er wegen der politischen Rolle, die er 1848 während der Revolution spielte, flüchten mußte. Er gastierte nun in allen größern Städten Deutschlands und gehörte 1852-57 der Italienischen Oper in London an. Auch in Nordamerika, wohin er sich noch 1857 begab, erregten seine Leistungen das größte Aufsehen. 1864 war er in Havana, wo er infolge politischer Vorgänge, die sich bis auf die Bühne verpflanzten, 14 Tage im Gefängnis sitzen mußte und es nur dem bereits erworbenen englischen Bürgerrecht zu verdanken hatte, daß seine Freilassung so bald erfolgte. Später gastierte er bald in Amerika, bald in Europa, überall, namentlich 1874 in Berlin, durch seine unverwüstliche Stimme Bewunderung erregend. Von seinen Glanzpartien sind einige eigens für ihn geschrieben, wie z. B. Plumkett in "Martha" und Falstaff in den "Lustigen Weibern von Windsor".

2) Theodor, Bruder des vorigen und ebenfalls Opernsänger (Tenor), geb. 29. Juni 1826 zu Mülheim a. Rh., erhielt seine Ausbildung in Wien, debütierte 1846 als Edgardo in der "Lucia" zu Ofen, nahm sodann ein Engagement am Kärntnerthor-Theater in Wien, 1848 ein solches in Mannheim an und wirkte von 1851 als erster Heldentenor 15 Jahre am Berliner Opernhaus. Später ging er mit seinem Bruder nach Amerika, wo er indessen kein Glück hatte. Nach seiner Rückkehr verlor er die Stimme fast gänzlich. Zwar gelangte er zeitweilig wieder in den Besitz derselben, so daß er nach einem sensationellen Gastspiel an der Krollschen Oper in Berlin wieder als erster Tenor am Opernhaus engagiert wurde; noch im Lauf des ersten Jahrs zeigten sich indessen Symptome von Geistesstörung, die endlich seine Überführung nach Endenich bei Bonn nötig machten, wo er 15. Okt. 1874 starb. Taubert schrieb für ihn den Macduff in "Macbeth" und den Joggeli in der gleichnamigen Oper, Dorn den Volker in seinen "Nibelungen".

3) Ernst, Komiker, Sohn von F. 1), geb. 30. Jan. 1841 zu Mülheim a. Rh., verlebte seine Kindheit in Wien, gesellte sich von Karlsruhe aus, wo er das Polytechnikum besuchen sollte, 1858 gegen den Willen der Eltern zu einer Schauspielertruppe und führte ein Wanderleben, bis er in Stettin, dann in Wiesbaden festes Engagement bekam. Von 1861 bis 1862 Mitglied des Stadttheaters zu Breslau, spielte er von 1863 bis 1865 unter Direktor Treumann in Wien, 1865-67 am Hoftheater zu Wiesbaden und wurde 1868 in Berlin am Krollschen, später am Wallner-Theater engagiert, wo er sofort die allgemeine Gunst des Publikums gewann. Nach vorübergehendem Engagement am Dresdener Hoftheater ging F. 1878 an das Hamburger Thaliatheater, dem er noch heute angehört. Sein Feld ist die Posse; die Gestalten, welche ihm am besten gelingen, sind Gecken und Bonvivants; aber auch ernste und gemütvolle Volkscharaktere finden in ihm einen vorzüglichen Darsteller.

Formey, Jean Henri Samuel, franz. Gelehrter, geb. 31. Mai 1711 zu Berlin aus einer Familie französischer Emigranten, studierte daselbst Theologie und wurde 1731 Prediger der französisch-reformierten Gemeinde zu Brandenburg, 1737 Professor der Beredsamkeit und 1739 Professor der Philosophie am französischen Gymnasium in Berlin, 1748 Sekretär, sodann Historiograph der Akademie der Wissenschaften. Mit Friedrich II. stand er in sehr vertrautem Umgang. Seit 1788 Direktor der philosophischen Klasse an der Akademie, starb er 8. März 1797. Außer mehreren Übersetzungen gab er seit 1733 mit Beausobre und später mit de Mauclerc die "Bibliothèque germanique" (25 Bde.), dann seit 1750 die "Nouvelle bibliothèque germanique" (25 Bde.) u. a. heraus. Bei seinen vielfachen Bekanntschaften hat er über 23,000 Briefe hinterlassen. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: "Mémoires pour servir à l'histoire et au droit public de Pologne" (Haag 1741); "La belle Wolfienne" (das. 1741-53, 6 Bde.; kein Roman, sondern ein Abriß der Wolfschen Philosophie); "Anti-Émile" (1762); "Émile chrétien" (Berl. 1764, 2 Bde.); "Frédéric le Grand, Voltaire, Jean-Jacques, d'Alembert" (1789) und "Souvenirs d'un citoyen" (1789, 2 Bde.).

Formia (früher Mola di Gaeta), Stadt in der ital. Provinz Caserta, am Meerbusen von Gaeta, von der Via Appia durchzogen, hat einen Hafen (1884: 1092 Schiffe mit 31,316 Ton. eingelaufen) und (1881) 8551 Einw. - Es ist das alte Formiä, welches schon 338 v. Chr. das römische Bürgerrecht erhielt, guten (von Horaz gerühmten) Wein baute und zahlreiche Villen vornehmer Römer besaß. Unter letztern ist das Formianum des Cicero bekannt, wovon sich noch