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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Frankreich

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Frankreich (Viehzucht).

ments Hérault, Aude und Gard (Weinspiritus) und das Armagnac. Die Statistik des Weinbaues reicht bis 1788 zurück, wo die mit Reben bepflanzte Fläche 15,677 qkm betrug. Dieselbe stieg bis 1849 auf 21,930 qkm, der Ertrag 1850 bis auf 45 Mill. hl. Infolge der Ausbreitung des Oidiums unterlag der Weinbau in den 50er Jahren bedeutenden Schwankungen (1854 nur 10,8 Mill. hl Ertrag), bis von 1861 an wieder eine sich fortwährend steigernde Zunahme eintrat, welche 1869 ihren Höhepunkt mit 26,432 qkm Anbaufläche und 70 Mill. hl Ertrag erreichte. Seit 1869 hat die Ausbreitung der Phylloxera dem Weinbau großen Schaden zugefügt, so daß der Ertrag in einzelnen der letzten Jahre selbst unter 30 Mill. hl sank. Der Ausfall mußte durch Import von Wein aus Spanien und Italien (jährlich mehr als 7 Mill. hl) gedeckt werden. Ein Vergleich zwischen der Ausfuhr und Einfuhr von Wein in F. ergibt für das Jahrzehnt 1874-83, daß die Menge der eingeführten Weine um beinahe 10 Mill. hl größer als die der ausgeführten war, daß sie aber im Preis um 605 Mill. Fr. hinter letztern zurückstanden.

Viehzucht.

Das Grasland besteht in F. zu ⅔ aus natürlichen Wiesen und Weiden und zu ⅓ aus künstlichen Wiesen (mit Klee- und Luzernebepflanzung). Am reichsten an natürlichen Wiesen sind die Normandie, die untern Bergpartien der Auvergne und Lothringens; künstliche finden sich besonders in Flandern und der Picardie. Die Anger (pâtures und pâtis), die Heiden und Steppen, welche als Viehweide dienen (⅛ des Bodens), gehören ganz den bergigen Gegenden des Südens an. Im ganzen steht das Wiesland trotz der Entwickelung der künstlichen Wiesenkultur noch immer in einem Mißverhältnis zum Kulturland, da auf 4 Hektar von letzterm nur 1 Hektar Wiese kommt, während zur Erzielung eines genügenden Viehstandes die Menge des Wieslandes doppelt so groß sein müßte. Damit hängt es zusammen, daß die Viehzucht im allgemeinen nicht dem Bedürfnis entspricht; noch jetzt muß ein bedeutender Teil des Bedarfs an Schlachtvieh und Haustieren aus dem Ausland bezogen werden. Besonders nachteilig erscheint das Mißverhältnis des Viehstandes zum Grundbesitz, da sich bei der großen Ausdehnung des Ackerlandes Mangel an ausreichendem Dungstoff ergibt, der nur unvollkommen durch Einfuhr aus dem Ausland behoben werden kann. Nach der letzten Erhebung betrug der Viehstand Frankreichs im J. 1881:

^[Liste]

Pferde 2909193 Stück Schafe 22301504 Stück

Maultiere 273896 " Schweine 5638884 "

Esel 388704 " Ziegen 1466657 "

Rinder 11576190 "

Die Pferdezucht wird vorzüglich im N. und NW. Frankreichs betrieben. Die geschätztesten Rassen sind die normännischen (Reit- und Wagenpferde), die der Perche, Bretagne und der Ardennen (Zugpferde), die des Limousin, von Flandern und Burgund. Für die ausdauerndsten Pferde gelten die von Morbihan und Calvados. Man sucht neuerdings die einheimischen Rassen durch Kreuzung mit ausländischen, namentlich mit reinem englischen Blut, zu verbessern. Hauptplätze für den Pferdehandel sind Fécamp und Fauville en Caux, wo jährlich bedeutende Märkte gehalten werden. Die Maultier- und Eselzucht wird besonders in den südlichen Gebirgsdepartements betrieben. Die kräftigste Rasse von Eseln ist die von Poitou, wo man Hengste für 3-4000 Fr. verkauft. Die Rindviehzucht wird am besten in den grasreichen Gegenden betrieben, so in den an der Meeresküste gelegenen Departements und in den von Weiden bedeckten Höhen der Pyrenäen, des Jura, der Vogesen, in den Bergen von Limousin und Morvan. Es gibt im ganzen etwa 20 Rassen. Sehr rationell wird die Milch- und Buttererzeugung betrieben, von letzterer werden auch größere Quantitäten exportiert. Die Produktion von Käse, welche die größte Mannigfaltigkeit aufweist, genügt gleichwohl nicht dem heimischen Konsum. Ebenso genügt die Produktion von Schlachtvieh und Fleisch nicht dem Bedarf des Landes. Die Schafzucht findet durch Klima und natürliche Beschaffenheit des Bodens in den bergigen Gegenden mit trocknerm Klima des mittlern und südlichen F. treffliche Unterstützung. Insbesondere ist sie in den östlichen Pyrenäen, dem Zentralplateau, den Ebenen von Berry, Orléanais, der Champagne und der östlichen Picardie stark vertreten. Dennoch ist die Zahl der Schafe in Abnahme begriffen, und es kommen auf 1000 Einw. nur etwa 600 Schafe. Verfeinerten Rassen gehören von den 22,3 Mill. nur 2,6 Mill. Stück an. Die Schafhaltung wird eben in F. mehr durch Fleisch- als durch Wollgewinnung nutzbar gemacht. Die Schafwollproduktion hat sich in den letzten Jahren wesentlich verringert und beträgt jährlich ca. 40 Mill. kg. Sowohl an Schafen (namentlich an Hämmeln und Lämmern) als an Wolle findet jährlich ein kolossaler Import statt. Die Schweinezucht ist ziemlich gleichmäßig über das französische Gebiet verbreitet; den größten Stand weisen die Departements des südlichen Zentralfrankreich auf. Man unterscheidet drei Rassen. Durch Kreuzung mit kochinchinesischen Ebern hat sich auch eine Gattung verbreitet, die sich durch große Fruchtbarkeit und besondere Anlage zum Fettwerden auszeichnet. Wurst- und Speckbereitung sind in den Departements der Untern Pyrenäen, Meurthe-et-Moselle, Maas, Aube und Marne wichtig. Die Ziegenzucht ist hauptsächlich auf die gebirgigen Departements des Rhônebeckens und Corsicas beschränkt. In großem Flor und von wachsender wirtschaftlicher Bedeutung ist die Federviehzucht, welche ca. 60 Mill. Stück umfaßt. Gute Hühnerrassen sind die von Caux, die bei Barbezieux, La Flèche und besonders bei Le Mans ausgezeichnet gemästet werden, ferner die von Crèvecoeur, die Kochinchina- und Brahmaputrahühner, welche, mit den gewöhnlichen Rassen gekreuzt, diese bedeutend veredelt haben. Es werden jährlich etwa 500 Mill. Eier nach England ausgeführt. Graue Gänse zieht man viel im Languedoc und an der obern Garonne, Enten besonders in der untern Normandie und im Languedoc. Berühmt sind die Entenleberpasteten von Toulouse.

Die Bienenzucht bildet in manchen Gegenden, namentlich in der Bretagne, eine nicht unerhebliche Erwerbsquelle der Landwirtschaft. 1881 gab es gegen 1,670,000 Bienenstöcke, welche eine Produktion von 8,6 Mill. kg Honig und 2,6 Mill. kg Wachs lieferten. Der beste Honig kommt von Narbonne und Crèvecoeur. Seidenwürmer zieht man besonders in der Region der Olive, namentlich an deren Polargrenze, so in den Departements Gard, Ardèche, Drôme, Vaucluse; der Gesamtertrag an Kokons betrug im J. 1881 (einem Mitteljahr) 9,254,800 kg, woraus ca. 470,000 kg Rohseide gewonnen wurden. Er ist 1884 auf 6,256,968 kg zurückgegangen. Der erste Sitz der Seidengewinnung war Tours, wo man bereits im 15. Jahrh. Maulbeerbäume angepflanzt hatte; erst im 17. Jahrh. verbreitete sie sich von da nach dem Süden. Nicht zu vergessen ist endlich die Zucht von Kaninchen (lapins), von denen die Stadt