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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Frantzius; Franul von Weißenthurn; Franz

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Frantzius - Franz (deutsche Kaiser).

fänglich der Mathematik und Philosophie und schrieb als erste Jugendarbeit eine "Philosophie der Mathematik" (Leipz. 1842), später noch "Schellings positive Philosophie" (Köthen 1880, 3 Bde.). Bald aber wandte er sich den Staatswissenschaften und der praktischen Politik zu. Nachdem er Frankreich, Ungarn und Polen bereist, wurde er 1852 im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten in Berlin angestellt und im folgenden Jahr als Konsulatsbeamter nach Spanien versetzt. 1856 nach Deutschland zurückgekehrt, trat er bald darauf außer Dienst und war seitdem, in Blasewitz bei Dresden lebend, ausschließlich mit litterarischen Arbeiten beschäftigt. Einerseits richteten sich dieselben auf eine neue Begründung der allgemeinen Staatslehre, wie in der "Vorschule zur Physiologie der Staaten" (Berl. 1857) und in der "Naturlehre des Staats" (Leipz. 1870), anderseits auf die unmittelbar praktischen Fragen, wie "Die soziale Steuerreform" (Mainz 1881). Nach seiner Ansicht sollte Deutschland die Basis einer großen mitteleuropäischen Föderation bilden, die zur Vereinigung des ganzen abendländischen Europa führen müßte. Hierin erblickt er das alleinige Mittel, um die abendländischen Völker Europas vor dem Verfall zu retten, dem sie unvermeidlich entgegengingen, wenn sie noch weiter durch gegenseitige Kriege ihre Kräfte erschöpften, während Nordamerika auf Grundlage seiner unermeßlichen Naturschätze zur ökonomischen, Rußland zur strategischen Übermacht gelange. Dargelegt wurden diese Ideen zuerst in seinen "Untersuchungen über das europäische Gleichgewicht" (Berl. 1859), darauf in dem "Föderalismus" (Mainz 1879) und in der "Weltpolitik" (Chemnitz 1883), welche Schriften unter anderm eine neue Weltanschauung, den Realidealismus, fordern. Hiernach mußte ihm auch das heutige Deutsche Reich, unter Ausschluß Österreichs, als unzulänglich erscheinen, wie hervorgehoben wird in den Schriften: "Das neue Deutschland" (Leipz. 1871) und "Die Religion des Nationalliberalismus" (das. 1872). Überhaupt hatte F. sich stets außerhalb aller Parteien gehalten, wie er denn auch eine "Kritik aller Parteien" (Berl. 1862), dann "Der Untergang der alten Parteien und die Partei der Zukunft" (das. 1872) geschrieben hat.

Frantzius, Alexander von, Forschungsreisender, geb. 1821 zu Danzig, studierte Medizin und Naturwissenschaften, siedelte als Arzt nach Costarica über, wo er bald seinen Wohnsitz in San José nahm, und machte sich durch die Erforschung namentlich der Vulkane jenes Gebiets sowie der bis dahin sehr wenig bekannten rechten Uferlandschaften des San Juan bekannt. Mehrere seiner Arbeiten finden sich in "Petermanns Mitteilungen" (1861 ff.) und in der "Zeitschrift für allgemeine Erdkunde". Er starb 18. Juli 1877 in Freiburg i. Br.

Franul von Weißenthurn, Johanna, Schauspieldichterin und Schauspielerin, geb. 1773 zu Koblenz als Tochter eines Offiziers und spätern Schauspielers, Namens Benjamin Grünberg, mußte durch Spielen in Kinderkomödien der verwitweten und dann wieder verheirateten Mutter das Brot verdienen helfen und kam 1787 nach München. Seit 1789 am Burgtheater in Wien angestellt, verheiratete sie sich 1791 mit einem Beamten obigen Namens, blieb jedoch bei der Bühne. Als Schauspielerin heroischer Rollen wie auch im Konversationsfach war sie vortrefflich; Napoleon, vor dem sie in Schönbrunn 1809 die Phädra spielte, ließ ihr 3000 Frank mit besondern Komplimenten zustellen. Nachdem sie 1842 der Bühne entsagt hatte, starb sie 17. Mai 1845 in Wien. Ihre dramatischen Werke, die fast alle Beifall fanden, erschienen gesammelt als "Schauspiele" (Wien 1804-17, 6 Bde.), "Neue Schauspiele" (das. 1817, 2 Bde.; 2. Aufl., Berl. 1823) und "Neueste Schauspiele" (Wien 1821-36, 6 Bde.).

Franz (lat. Franciscus, franz. François, ital. Francesco, span. Francisco, s. v. w. Franke, Franzmann), männlicher Vorname, den zuerst Franziskus von Assissi ^[richtig: Assisi] getragen haben soll. Merkwürdige Fürsten dieses Namens:

Übersicht nach den Ländern.

Deutsche Kaiser 1, 2. Neapel, s. Sizilien 13.

Anhalt 3. Österreich 9, 10.

Bretagne 4. Sachsen 11.

Frankreich 5, 6. Sizilien 12, 13.

Modena 7, 8. Spanien 14.

[Deutsche Kaiser.] 1) F. I. Stephan, Sohn des Herzogs Leopold Joseph Karl von Lothringen und Bar und der Prinzessin Elise Charlotte von Orléans, geb. 8. Dez. 1708, kam 1723 nach Wien, wo er am kaiserlichen Hof erzogen und mit dem schlesischen Herzogtum Teschen belehnt wurde. Im J. 1729 folgte er seinem Vater in Lothringen und Bar, trat aber infolge des zwischen Frankreich und Österreich zur Beendigung des polnischen Erbfolgekriegs zu Wien geschlossenen Friedens 1735 seine Erblande an Ludwigs XV. Schwiegervater Stanislaus Leszczynski ab und erhielt als Entschädigung die Anwartschaft auf das Großherzogtum Toscana. Am 12. Febr. 1736 vermählte er sich mit Maria Theresia, der Tochter Kaiser Karls VI., und wurde Reichsgeneralfeldmarschall und Generalissimus der kaiserlichen Heere. Am 11. April 1736 unterzeichnete er die Abtretungsurkunde und erhielt für sich die Generalstatthalterschaft der Niederlande und die Zusage der Hand der zweiten Kaiserstochter, Marianne, für seinen Bruder Karl. Nachdem im folgenden Jahr das Haus Medici in Toscana erloschen war, nahm er Besitz von dem toscanischen Thron. Im J. 1737 befehligte er mit seinem Bruder Karl das österreichische Heer in Ungarn gegen die Türken. Nach dem Tod Karls VI. (1740) ward er von seiner Gemahlin zum Mitregenten der österreichischen Erblande erklärt, doch gestattete ihm Maria Theresia keinen direkten Anteil an der Staatsregierung. Nach Karls VII. Tod (20. Jan. 1745) zum römisch-deutschen Kaiser erwählt und als solcher 4. Okt. 1745 zu Frankfurt gekrönt, überließ er auch die Leitung der politischen Angelegenheiten Deutschlands seiner Gemahlin, wogegen er sich um Hebung von Wissenschaft und Kunst, Handel und Gewerbe in Österreich namhafte Verdienste erwarb. Trotz seiner Wohlthätigkeit soll er seinen Privatschatz durch Pacht von Zöllen und Handelsunternehmungen auf 20 Mill. Gulden gebracht haben. Er starb, von seinen Unterthanen aufrichtig betrauert, 18. Aug. 1765 in Innsbruck, nachdem er 1763 seinem zweiten Sohn, Leopold, die Succession in Toscana gesichert. Von seinen fünf Söhnen wurden Joseph (II.) und später Leopold (II.) Kaiser, Ferdinand Herzog von Modena, Maximilian Hoch- und Deutschmeister, von seinen vier Töchtern Karoline Königin von Neapel, Amalie Herzogin von Parma und Maria Antoinette Königin von Frankreich. Vgl. J. F. ^[Johann Friedrich] Seyfart, Leben F.' I., römischen Kaisers (Nürnb. 1766).

2) F. II. Joseph Karl, als Kaiser von Österreich F. I., Sohn Kaiser Leopolds II. und der Marie Luise, einer Tochter König Karls III. von Spanien, geb. 12. Febr. 1768 zu Florenz, wurde anfangs daselbst erzogen, seit 1784 aber unter der Leitung seines