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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Franz

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Franz (Modena).

zem Zögern entschieden von dem Protestantismus ab und erließ gegen sie das Edikt von Fontainebleau (1. Juni 1540), welches allen Richtern die strengste Bestrafung der Ketzerei als eines nicht allein religiösen, sondern auch staatsgefährlichen Verbrechens zur Pflicht machte. Trotzdem machte sich F. durchaus kein Gewissen daraus, sich nicht allein mit den deutschen Protestanten, sondern selbst mit den furchtbarsten Feinden der Christenheit, den Türken, gegen den Kaiser zu verbünden. Als dieser durch einen siegreichen Zug gegen die tunesischen Seeräuber seine Kräfte geschwächt hatte, eröffnete F. seinen dritten Krieg (1536-38) gegen ihn durch die plötzliche Eroberung des mit dem Kaiser alliierten Savoyen. Nachdem ein kaiserlicher Angriff auf die Provence an den Mauern von Toulon gescheitert war (1536), führten die Bemühungen des Papstes Paul III. den Abschluß eines zehnjährigen Waffenstillstandes auf Grund des status quo zu Nizza (18. Juni 1538) herbei. Obwohl darauf die beiden Herrscher zwei persönliche Zusammenkünfte hatten, zu Aigues-Mortes (1538) und in Paris (1539), wo sie scheinbar freundschaftlich verkehrten, so begann F. doch nach Karls V. unglücklicher Expedition gegen Algier einen vierten Krieg. Indem er jedoch dabei die Türken zur Verwüstung Italiens herbeirief, erregte er den Abscheu ganz Europas. Während im Süden der Graf Franz von Enghien die Kaiserlichen bei Cérisoles schlug (14. April 1544), drangen Karl V. und Heinrich VIII. erobernd bis in die Nähe von Paris vor. So mußte F. 18. Sept. 1544 zu Crépy mit dem Kaiser Frieden schließen, welcher auf den Friedensbedingungen von Cambrai beruhte; mit England kam ein für F. ungünstiger Friedensschluß erst 7. Juni 1546 zu stande. Vergebens hatte also F. 30 Jahre an der Wiederherstellung der französischen Macht in Italien mit Aufopferung unzähliger Menschenleben und vieler Millionen an Geld gearbeitet, denn bei seinem Tod (31. März 1547) war die habsburgische Macht dort fester und ausgedehnter als je zuvor. F. I. hinterließ außer seinem Sohn und Nachfolger Heinrich II. noch zwei Töchter, Claudia (vermählt mit Jakob V. von Schottland) und Margarete (die Gemahlin Emanuel Philiberts von Savoyen). 1855 wurde im Louvre sein Reiterstandbild errichtet. Vgl. Herrmann, F. I. (Leipz. 1824); Röderer, Louis XII et François I (Par. 1825, 2 Bde.); Capefigue, François I et la Renaisssance ^[richtig: Renaissance] (Brüssel 1845, 4 Bde.); Mignet, Rivalité de François I et Charles-Quint (Par. 1875, 2 Bde.); Coignet, François I (das. 1885); Paulin Paris, Études sur François I (das. 1885, 2 Bde.).

6) F. II., König von Frankreich, Sohn Heinrichs II. und der Katharina von Medicis, Enkel des vorigen, geb. 19. Jan. 1544 zu Fontainebleau, vermählte sich 1558 mit Maria Stuart von Schottland und bestieg nach dem Tod seines Vaters 10. Juli 1559 den Thron. Streitigkeiten zwischen dem protestantischen Haus Bourbon und dem katholischen Haus Guise, welches den König ganz unter seinen Einfluß gebracht hatte, zerrissen unter ihm das Land, wodurch der Keim zu blutigen Bürgerkriegen gelegt ward. F. starb schon 5. Dez. 1560, ohne Kinder zu hinterlassen, an den Folgen eines Geschwürs im Ohr. Ihm folgten nacheinander seine Brüder Karl IX. und Heinrich III. auf dem Thron. Vgl. De la Barre-Duparcq, Histoire de François II (1867).

[Modena.] 7) F. IV. Joseph Karl Ambrosius Stanislaus, Herzog von Modena, Erzherzog von Österreich, Sohn des Erzherzogs Ferdinand von Österreich, der, ein jüngerer Bruder Josephs II., durch seine Heirat mit der Erbtochter des letzten Herzogs von Modena, Maria Beatrix von Este (geb. 6. Okt. 1779), 1803 Erbe von Modena geworden, aber schon 1806 gestorben war, gelangte durch die Bestimmungen des Wiener Kongresses 1815 zur Erbfolge im Herzogtum Modena und folgte seiner Mutter 1829 in den Herzogtümern Massa und Carrara. Von dem maßlosesten Haß gegen die Revolution erfüllt, sah er überall nichts als Unzufriedenheit, Verschwörungen und revolutionäres Streben. Die Jesuiten, denen er unbeschränkte Gewalt, insbesondere auch über den Jugendunterricht, einräumte, bestärkten ihn in seinem despotischen Gebaren, indem sie die Sache des Absolutismus als die Sache Gottes und der alleinseligmachenden Kirche hinstellten. Schon 1821 war er die Seele der Verfolgungen des Karbonarismus. Noch unerbittlicher zeigte er sich nach 1830, da ihn die französische Revolution mit banger Besorgnis erfüllte, weshalb er auch den König Ludwig Philipp nicht anerkannte, dagegen Don Karlos als legitimen König von Spanien unterstützte und Dom Miguel eine Freistätte an seinem Hof gewährte. Einen vorbereiteten Aufstand dämpfte er 1831 durch Verhaftnahme der Verschwornen; gegen weitere an verschiedenen Orten drohende Aufstände suchte er in Wien Hilfe, worauf er alle Verdächtigen zum Tod oder zu den Galeeren verurteilen ließ. Das Junge Italien war der vorzüglichste Gegenstand seiner Verfolgungen. Der englischen Regierung verweigerte er die wegen einiger Schmähungen, die sich öffentliche Blätter gegen jene Macht erlaubt hatten, geforderte Genugthuung, weshalb England die diplomatische Verbindung mit ihm abbrach. Er starb 21. Jan. 1846. F. war Feldzeugmeister in der österreichischen Armee und seit 1812 mit Beatrix, der Tochter des Königs Viktor Emanuel von Sardinien, vermählt. Von seinen Töchtern war die ältere, Therese, die Gemahlin des Grafen von Chambord, die jüngere, Marie, ist die des spanischen Prätendenten Johann.

8) F. V. Ferdinand Geminian, Herzog von Modena, Sohn des vorigen, geb. 1. Juni 1819, folgte demselben 1846 und wußte sich nach dem Tod Marie Luisens von Parma (1847) aus deren Erbschaft das Gebiet von Tivizzano zu verschaffen. Von Jesuiten erzogen, führte er die Regierung ganz in dem despotischen Geist seines Vaters und stützte sich auf die enge Verbindung mit Österreich, wie er denn auch 1847 österreichische Truppen nach Modena kommen ließ. Dennoch wurde er durch die Revolution im Frühjahr 1848 vertrieben und begab sich nach Österreich, von wo er aber nach der Niederlage der Piemontesen 10. Aug. 1848 wieder in seine Hauptstadt zurückkehrte. Anfangs milder auftretend, kehrte er doch bald, zumal nach einem auf ihn gemachten Attentat, zum alten Despotismus zurück und verfügte gegen jeden eines freien Strebens Verdächtigen die härtesten Strafen. Als Verbündeter Österreichs mußte er nach der Schlacht bei Magenta (Mai 1859) abermals sein Land verlassen und zog sich mit seinen Truppen zuerst nach Brescella und von da nach Mantua zurück. Obgleich im Vertrag von Villafranca und im Züricher Frieden die Wiedereinsetzung des Herzogs festgesetzt war, so wurde doch mit Genehmigung Napoleons III. auf den entschiedenen Wunsch der Bevölkerung Modena dem Königreich Sardinien einverleibt. F lebte seitdem abwechselnd in Wien und auf seinen Gütern in Böhmen und starb 20. Nov. 1875 in Wien. Er war seit 30. März 1842 in kinderloser Ehe mit der Prinzessin Adelgunde, Tochter des Königs Ludwig I. von Bayern, vermählt; mit F. er-^[folgende Seite]