Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Friedrich

695

Friedrich (deutsche Kaiser: F. II.).

erlassenen Statuten, sodann durch die Erneuerung des schon in Deutschland aus eignem Antrieb abgelegten Kreuzzugsgelübdes entgegen. Im August des nächsten Jahrs sollte er nach dem Orient aufbrechen. Bis dahin hoffte er der im Königreich seit dem Tod seines Vaters eingerissenen zügellosen Willkürherrschaft der Großen und dem Ungehorsam der Sarazenen auf dem Inselland ein Ende zu machen. Mit staatsmännischer Einsicht und rücksichtsloser Machtentwickelung ging er, auch der Geistlichkeit gegenüber, an die Restitution der königlichen Rechte. Die widerspenstigen Großen mußten sich beugen; nur die Unterwerfung der Sarazenen war in so kurzer Zeit nicht durchzusetzen. Wiederholt schob Honorius, der die Verwirklichung seines heiß ersehnten Ziels, der Eroberung Jerusalems, nur von der Macht des Kaisers hoffen konnte, den Kreuzzug, zuletzt im Juli 1225, auf weitere zwei Jahre hinaus. Um F., der übrigens von seinem Ernst hinsichtlich des Kreuzzugs durch umfangreiche Rüstungen bereits hinlänglich Zeugnis abgelegt hatte, auf das engste an die päpstlichen Interessen im Orient zu fesseln, bestimmte er ihn zur Vermählung mit Jolante, der Tochter Johanns von Brienne, Königs von Jerusalem. Der zweijährige Aufschub reichte zwar aus, den Geist der Rebellion im Königreich, besonders durch die Verpflanzung der Sarazenen nach der Stadt Luceria in der Landschaft Capitanata, zu brechen, aber nicht den der auf ihre Macht trotzenden Lombarden. Als sie F. zum Reichstag nach Cremona berief, blieben die Mailänder mit ihren Anhängern aus und erneuerten 6. März, im ganzen 15 Städte, den alten Lombardenbund. F. ließ sich im Augenblick daran genügen, über sie die Acht auszusprechen, und willigte ein, als Honorius seine Vermittelung anbot, die so einseitig ausfiel, daß zwar die Rechte der Kirche, nicht aber die des Reichs gewahrt waren. Selbst diese parteiische Entscheidung erkannte F. an, um den Kreuzzug nicht wiederum verzögern zu müssen. Dennoch verfiel er dem Bann von seiten des Nachfolgers des Honorius, des leidenschaftlichen Gregor IX., als er 1227 zwar sich in Brindisi nach Palästina einschiffte, aber, auf der See erkrankt, wieder umkehrte. Dennoch erfüllte F. sein Gelübde und trat im Juni 1228 den Kreuzzug an. Aber der unversöhnliche Papst betrieb in Deutschland den Sturz der staufischen Dynastie und die Wahl eines Gegenkönigs; ein Heer geworbener Schlüsselsoldaten fiel in das Königreich Neapel ein und eroberte es fast ganz. Im Königreich Jerusalem suchte der fanatische Haß der vom Patriarchen geführten Päpstlichen die Pläne Friedrichs zu vereiteln, ja ihm den Untergang zu bereiten. Gleichwohl zog Gregor in allen Stücken den kürzern.

Auf die Nachricht von dem Verlust seines Königreichs wußte F. den Sultan Alkâmil zu einem für die Christen höchst vorteilhaften zehnjährigen Vertrag zu bewegen; dann brach er, nachdem er sich zu Jerusalem in der Grabeskirche 18. März 1229 selbst die Krone auf das Haupt gesetzt hatte, nach Italien auf, eroberte sein Königreich wie im Flug zurück und zwang dem noch immer starren Gregor doch endlich, vornehmlich durch den von den deutschen Fürsten, die über die reichsfeindlichen Agitationen der Päpstlichen empört waren und von der staufischen Dynastie nicht lassen wollten, ausgeübten Nachdruck, im August 1230 den Frieden von San Germano ab, der freilich nur die Geltung eines Waffenstillstandes hatte; denn die königliche Macht, deren Entfaltung und Befestigung der Kaiser nunmehr in seinem Erbreich Sizilien seine ganze Thätigkeit zuwandte, blieb für die römische Kirche ein Stein des Anstoßes. Die ganze staatliche, wirtschaftliche und militärische Neuorganisation des Königreichs im Sinn des aufgeklärten Absolutismus erhielt ihren Ausdruck durch ein neues Gesetzbuch, die sizilischen Konstitutionen, an deren Abfassung neben dem Kaiser der Erzbischof Jakob von Capua, dann auch der Großhofrichter Peter de Vinea den vornehmsten Anteil hatten. Trotz des päpstlichen Zorns über diese ruchlosen Gesetze wurden sie im August 1231 zu Melfi publiziert. So erstarkt, zögerte F. nicht, an die Stillung der Zwietracht in ganz Italien zu gehen. Auf den 1. Nov. schrieb er einen Reichstag nach Ravenna aus, worauf die feindlichen Kommunen in der Lombardei den Lombardenbund erneuerten und sich mit Friedrichs eignem Sohn Heinrich, der bisher in Deutschland vieles zur Unzufriedenheit des Vaters unternommen hatte und 1235, von gewissenlosen Ministerialen bethört, zum offenen Aufstand überging, verbanden. F. erschien ohne Heer in Deutschland, Fürsten und Städte schlossen sich ihm an; Heinrich mußte sich demütigen und ward über die Alpen geschickt, wo er 1242 zu Martorano starb. F. verheiratete sich 1235, seit 1227 zum zweitenmal verwitwet, mit Isabella, der Schwester König Heinrichs III. von England. Dann hielt er einen glänzenden Reichstag zu Mainz, übergab daselbst dem einzigen Nachkommen Heinrichs des Löwen, Otto, seine Stammländer als Herzogtum, endete so den langen Streit zwischen Hohenstaufen und Welfen und sicherte sich Schwaben und andres Erbgut. Hierauf wurden die Rechte der Fürsten, meist auf Kosten der Freiheiten der Städte, bestätigt und ein allgemeiner Landfriede in deutscher Sprache bekannt gemacht. Huldigend erschienen die Stände von Arelat und Burgund: F. stand auf der Höhe seines Glückes. 1236 entriß er dem widerspenstigen Herzog Friedrich dem Streitbaren Österreich und Steiermark und nahm diese Herzogtümer in eigne Verwaltung und erreichte 1237 die Wahl seines zweiten Sohns, Konrad, zum römischen König. Mit stattlicher Reichsmacht brach F. darauf nach der Lombardei auf und erfocht 27. Nov. 1237 über die Mailänder den großen Sieg von Cortenuova; nun zogen sich aber die Lombarden hinter die Mauern ihrer schwer einnehmbaren Städte zurück und schöpften neuen Mut infolge der mißglückten Belagerung von Brescia, und als F. seinen natürlichen Sohn Enzio mit einer sardinischen Fürstin vermählte und, trotz des Widerspruchs des Papstes, als König von Sardinien ausrufen ließ, traf ihn ein neuer Bannfluch (20. März 1239). Gregor begann den Vernichtungskampf mit einer Denkschrift voll der schwersten und ungerechtesten Anklagen zum Beweis der Ketzerei des Kaisers, wogegen dieser in einer Verteidigungsschrift protestierte und die Hilfe aller christlichen Fürsten aufrief. Zugleich betrieb Gregor im Deutschen Reich die Erhebung eines Gegenkönigs, der sich aber weder in Deutschland noch in Dänemark, Frankreich und England finden wollte, und rief die sizilischen Großen zur Empörung auf. F. brach indessen in den Kirchenstaat ein, den er 1240 bis auf Rom eroberte, und 3. Mai 1241 erfocht Friedrichs Flotte unter König Enzio in der Nähe der Insel Monte Cristo einen glänzenden Sieg über die genuesische, auf welcher sich die von Gregor zu einem Konzil nach Rom berufenen, dem Kaiser feindlichen Prälaten Frankreichs und Spaniens befanden. Nachdem 21. Aug. 1241 Gregor IX. gestorben, schien die erst zwei Jahre danach erfolgte Wahl des F. befreundeten Innocenz IV. den italienischen wilden Parteikämpfen eine Schranke zu setzen; doch scheiterten die Unterhandlungen zwischen Papst und Kaiser, in denen dieser vor allem die Lösung vom