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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Friedrich

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Friedrich (Preußen: F. Wilhelm II., F. Wilhelm III.).

(Bresl. 1883); "Miszellaneen zur Geschichte König Friedrichs d. Gr." (Berl. 1878); Bratuscheck, Die Erziehung Friedrichs d. Gr. (das. 1885); "Friedrich d. Gr., Denkwürdigkeiten seines Lebens" (Leipz. 1886, 2 Bde.); Behaim-Schwarzbach, Hohenzollernsche Kolonisationen (das. 1874); Stadelmann, F. d. Gr. in seiner Thätigkeit für den Landbau Preußens (Berl. 1876), und dessen größeres Werk in den "Publikationen aus den königlich preußischen Staatsarchiven", Bd. 11 (Leipz. 1882).

52) F. Wilhelm II., König von Preußen, Sohn von Friedrichs II. ältestem Bruder, August Wilhelm, geb. 25. Sept. 1744, wurde 1758 nach seines Vaters Tode, da Friedrichs II. Ehe kinderlos war, als Prinz von Preußen zum Nachfolger designiert. Schon früh zeigten sich seine Neigung zu sinnlichen Ausschweifungen und seine Unfähigkeit zu angestrengter Thätigkeit, weswegen Friedrich II. auch nicht viel von ihm hielt. Seine Gutmütigkeit machte ihn indes beliebt, und als er, 42 Jahre alt, den Thron bestieg und einige drückende Einrichtungen seines Vorgängers, die Regie und die Monopole, abschaffte, viele Härten milderte und einige Ungerechtigkeiten wieder gutmachte, wurde er sogar populär. Indes bald schlug die Stimmung um. Friedrich II. hatte seinem Nachfolger eine schwierige Aufgabe hinterlassen: entweder mußte er mit gleichem Genie und derselben Arbeitskraft den Staat allein lenken, oder durch freiheitliche Institutionen neue Kräfte entfesseln und das gesamte Volk zur thätigen Teilnahme am Staatswesen heranziehen. Keins von beiden vermochte F. W. zu leisten. Er ließ nicht nur die Staatsmaschine gehen, wie sie ging, sondern verfiel in der innern wie äußern Politik in Schwankungen und offenbare Fehler, indem er sich von schmeichlerischen Günstlingen, wie Wöllner und Bischoffwerder, beherrschen und oft von seinen vernünftigen Absichten abbringen ließ. Besonders das Zensur- und das Religionsedikt, beide 1788 erlassen, riefen heftigen Widerspruch hervor. Diese Schwäche war um so verhängnisvoller, als die gleichzeitigen Ereignisse mehr als jemals eine einsichtige und entschlossene Staatsleitung verlangten. Anfangs zeigte sich das Ansehen Preußens so stark, daß F. W. leichte Erfolge errang, wie 1787 bei seiner Intervention in Holland; diese aus bloßem Familieninteresse begonnene Unternehmung wurde übrigens nicht zum Vorteil des Staats ausgebeutet, aus unzeitiger Großmut erließ F. W. dem besiegten, wehrlosen Holland sogar die Kriegskosten, und der ohne Schwertstreich erfochtene Sieg steigerte nur den verhängnisvollen Dünkel der Armee. Indes schon der auf Hertzbergs Rat unternommene Versuch, den Krieg Österreichs und Rußlands gegen die Türkei zu einer Machtvergrößerung Preußens zu benutzen, blieb wegen des Königs Ungeduld und selbstgefälliger Großmut erfolglos; der Vertrag von Reichenbach 1790 befreite vielmehr Leopold II. von einem lästigen Türkenkrieg. Hertzbergs Entlassung 1791 beseitigte den letzten Vertreter Fridericianischen Geistes aus F. Wilhelms Umgebung. Bischoffwerder betrieb nun immer eifriger den Anschluß an Österreich. Die Zusammenkunft des Königs mit Leopold in Pillnitz führte zu einer gemeinschaftlichen Erklärung für die Sache Ludwigs XVI. vom 17. Aug. 1791 und zu einem förmlichen Bündnis 7. Febr. 1792. Die französische Kriegserklärung beschleunigte den Ausbruch der Feindseligkeiten. Der erste Feldzug 1792, dem der König selbst beiwohnte, ohne jedoch den Oberbefehl zu führen, endete mit der Kanonade von Valmy und mit dem verlustreichen Rückzug aus Frankreich. Auch an dem Feldzug von 1793, in dem Mainz wiedererobert und der Sieg von Pirmasens 14. Sept. 1793 erfochten wurde, nahm der König persönlich teil. Aber die Uneinigkeit der Verbündeten lähmte alle Unternehmungen, und Geldnot zwang den König, der den Krieg gegen die Revolution noch nicht aufgeben wollte, erst zu dem wenig ehrenvollen Subsidienvertrag mit den Seemächten vom 19. April 1794, dann doch zum Baseler Frieden vom 5. April 1795. Das ganze Interesse F. Wilhelms war nämlich auf Polen gerichtet. Hier hatten einsichtsvolle Patrioten 1791 unter Preußens Zustimmung eine neue Verfassung zu stande gebracht, welche den Staat regenerieren sollte. Russischer Einfluß veranlaßte indes eine Partei des Adels zu einer Konföderation dagegen, zu deren gunsten russische Truppen in Polen einrückten. Jetzt (Januar 1793) ließ auch F. W. eine preußische Armee die polnische Grenze überschreiten, aber nicht um die Verfassung zu schützen, sondern um sich einen Anteil an der Beute zu sichern, über den er sich in der zweiten Teilung Polens mit Rußland verständigt hatte. Als die Polen sich 1794 empörten, rückten Russen und Preußen zu gleicher Zeit ein. F. W. befehligte die letztern selbst und errang auch anfangs Erfolge; schließlich kamen aber die Russen mit der Eroberung Warschaus zuvor, und Katharina stellte 1795 die Bedingungen der letzten Teilung nach ihren Wünschen auf. Preußen erhielt Neu-Ostpreußen mit Warschau. Da 1791 auch Ansbach und Baireuth an Preußen gefallen waren, so war dies auf 320,000 qkm mit 8,700,000 Einw. gewachsen. Aber die Finanzen waren gänzlich zerrüttet. Der Staatsschatz Friedrichs II. (wenigstens 50 Mill.) war verbraucht und 48 Mill. Schulden gemacht. Die Günstlings- und Mätressenwirtschaft des Königs wirkte nach allen Richtungen hin aufs nachteiligste; seine anerkannte Mätresse war Mad. Rietz, Gräfin Lichtenau; außerdem hat sich der König zweimal mit adligen Damen, Frl. v. Voß und Gräfin Dönhoff, morganatisch trauen lassen; die Nachkommen der letztern sind die Grafen Brandenburg. Die Staatsgüter in den neuerworbenen Provinzen wurden auf das gewissenloseste verschleudert. Die Verwaltung zeigte nicht mehr die alte Spannkraft, die Armee verfiel, drückende Steuern belasteten das Volk, selbst das Tabaksmonopol wurde 1797 wieder eingeführt. So hinterließ F. den Staat, als er 16. Nov. 1797 an der Brustwassersucht starb. Er war zuerst mit Elisabeth von Braunschweig (gest. 1840 in Stettin) und nach gerichtlicher Trennung dieser Ehe 1769 mit der Prinzessin Friederike Luise von Hessen-Darmstadt vermählt, die ihm vier Söhne: Friedrich Wilhelm (III.), Ludwig (gest. 1796), Heinrich und Wilhelm, und zwei Töchter: Wilhelmine, Gemahlin des spätern Königs Wilhelm I. der Niederlande, und Auguste, Gemahlin des Kurfürsten Wilhelm II. von Hessen, gebar. Vgl. F. v. Cölln, Vertraute Briefe über die innern Verhältnisse am preußischen Hof seit dem Tod Friedrichs II. (Amsterd. u. Köln 1807-1809, 3 Bde.); Cosmar, Leben und Thaten F. Wilhelms II. (Berl. 1798); Philippson, Geschichte des preußischen Staats vom Tod Friedrichs d. Gr. (Leipz. 1880 ff.); Stadelmann, Preußens Könige in ihrer Thätigkeit für die Landeskultur, Bd. 3: "F. Wilhelm II." (das. 1885).

53) F. Wilhelm III., König von Preußen, ältester Sohn des vorigen und der Prinzessin Friederike Luise von Hessen-Darmstadt, ward 3. Aug. 1770 geboren und als dereinstiger Thronfolger unter Friedrichs II. Aufsicht erzogen. Seine Erziehung war aber eine pe-^[folgende Seite]