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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Friedrich

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Friedrich (Preußen: Prinzen F. Wilhelm Ludwig, F. Karl).

ein mit seiner Gemahlin erfolgreich bemüht, dem Kunstgewerbe in Deutschland einen höhern Aufschwung zu geben. Im Frühjahr 1887 erkrankte er an einem Halsleiden, das die deutschen Ärzte als Kehlkopfkrebs erkannten. Der englische Arzt Mackenzie übernahm die Heilung ohne Operation; indes während des Aufenthalts in San Remo im Winter 1887/88 verschlimmerte sich das Übel, und schwer krank reiste F. nach dem Tod seines Vaters (9. März 1888) nach Deutschland und zwar nach Charlottenburg zurück, um als F. III. die Regierung des Deutschen Reichs und Preußens zu übernehmen; seine edeln Grundsätze und Absichten gab er durch einen Aufruf an das Volk und einen Erlaß an Bismarck vom 12. März kund. Man nahm besonders an, daß er in mehr konstitutionellem Sinn herrschen und wissenschaftliche und künstlerische Kreise an den Hof ziehen werde; doch war es ihm nicht beschieden, außer der Entlassung Puttkamers einen wichtigen Regierungsakt zu vollziehen. Denn sein schreckliches, unheilbares, aber mit größter Geduld ertragenes Leiden zerstörte immer rascher die Kräfte des Kaisers und machte 15. Juni 1888 im Neuen Palais (Schloß Friedrichskron) bei Potsdam seinem Leben ein Ende; er wurde 18. Juni in der Friedenskirche zu Potsdam beigesetzt. Von seiner Gemahlin Viktoria, die als Witwe den Namen "Kaiserin Friedrich" annahm, hinterließ F. fünf Kinder: Kaiser Wilhelm II. (s. d.), Prinzessin Charlotte (geb. 24. Juli 1860, vermählt 18. Febr. 1878 mit dem Erbprinzen von Sachsen-Meiningen), Prinz Heinrich (s. Heinrich 43), die Prinzessinnen Viktoria (geb. 12. April 1866), Sophie (geb. 14. Juni 1870, Braut des Kronprinzen von Griechenland) und Margarete (geb. 22. April 1872); zwei Söhne, Siegmund und Waldemar, starben vor dem Vater. Seine Biographie schrieben Hengst (neue Ausg., Berl. 1888), W. Müller (Stuttg. 1888), Ziemssen (Berl. 1888), E. Simon (a. d. Franz., Bresl. 1888) u. a.

[Prinzen von Preußen.] 56) F. Wilhelm Ludwig, Prinz von Preußen, Sohn des Prinzen Ludwig Friedrich Karl und der Prinzessin Friederike von Mecklenburg-Strelitz, Neffe Friedrich Wilhelms III., geb. 30. Okt. 1794, machte die Feldzüge des Befreiungskriegs mit, ward preußischer General der Kavallerie zu Düsseldorf, später auch Chef des 1. Kürassierregiments und residierte bis 1848 in Düsseldorf. Er war seit 1817 vermählt mit Prinzessin Luise von Anhalt-Bernburg (geb. 30. Okt. 1799) und starb 27. Juli 1863 mit Hinterlassung zweier Söhne, der preußischen Prinzen Alexander (geb. 21. Juni 1820) und Georg (s. Georg 17).

57) F. Karl Nikolaus, Prinz von Preußen, geb. 20. März 1828 zu Berlin, Sohn des Prinzen Karl, Bruders des Kaisers Wilhelm, und der Prinzessin Marie von Sachsen-Weimar, genoß 1842-46 in den militärischen Disziplinen den Unterricht des damaligen Majors (nachherigen Kriegsministers) v. Roon. Dieser war auch sein militärischer Begleiter, als der Prinz 1846 die Universität Bonn bezog. Nach Vollendung seiner Studien machte der Prinz 1848 den schleswigschen Feldzug als Hauptmann im Gefolge des Generals Wrangel mit und zeichnete sich in den Gefechten bei Schleswig und bei Düppel durch persönlichen Mut aus. 1849 nahm er als Major im Generalstab an dem Feldzug in Baden teil und wurde in dem Gefecht bei Wiesenthal an der Spitze einer Husarenschwadron schwer verwundet. In den nun folgenden Friedenszeiten, während welcher er 1852 Oberst, 1854 Generalmajor und 1856 Generalleutnant wurde, widmete er den militärischen Wissenschaften eifriges Studium. Die Resultate desselben teilte er einem engern Kreis von Offizieren in Vorträgen und lithographierten Abhandlungen mit. Von letztern wurde ohne Wissen des Prinzen 1860 "Eine militärische Denkschrift von P. F. K." veröffentlicht, welche durch ihre Reformvorschläge großes Aufsehen erregte. Als Kommandeur des 3. Armeekorps (seit 1860) führte er diese Reformen praktisch durch, machte dies Korps zur Pflanzschule seiner militärischen Ideen und erwarb sich hierdurch um die Entwickelung der preußischen Armee ein hervorragendes Verdienst. 1864 erhielt der Prinz, inzwischen zum General der Kavallerie befördert, den Oberbefehl über die preußischen Truppen in Schleswig-Holstein, ging nach dem verunglückten Angriff auf Missunde Anfang Februar 1864 bei Arnis aber die Schlei, zwang den Feind, das Danewerk aufzugeben und nach den Düppeler Schanzen sich zurückzuziehen, und erstürmte diese (18. April). Nachdem Wrangel im Mai sein Kommando niedergelegt, wurde der Prinz Oberbefehlshaber der alliierten Armee und eroberte Jütland und 29. Juni Alsen. 1866 ward er zum Oberbefehlshaber der ersten Armee (2., 3. und 4. Korps) ernannt, rückte von der Oberlausitz in Böhmen ein, schlug 26. und 27. Juni bei Liebenau und Podol, am 28. bei Münchengrätz, 29. bei Gitschin die österreichisch-sächsischen Truppen unter Clam-Gallas und griff 3. Juli die österreichische Stellung bei Königgrätz an. In hartnäckigem Kampf hielt er den numerisch überlegenen Gegner in der Fronte so lange auf, bis der Kronprinz auf dem Schlachtfeld eintraf und in der rechten, General Herwarth von Bittenfeld in der linken Flanke des Feindes eingriff. Von da marschierte der Prinz bis in die Nähe von Wien. In dem konstituierenden norddeutschen Reichstag von 1867 vertrat er den ostpreußischen Wahlkreis Labiau-Wehlau. Im deutsch-französischen Krieg mit dem Oberkommando über die zweite deutsche Armee betraut, hielt er 16. Aug. in der Schlacht bei Vionville die französische Rheinarmee unter Marschall Bazaine bei Metz zurück und brachte 18. Aug. bei Gravelotte durch den Sieg über den feindlichen rechten Flügel bei St.-Privat die Entscheidung. Darauf erhielt er den Oberbefehl über die erste und zweite Armee, um die Einschließung von Metz zu übernehmen. Er schlug alle Ausfälle Bazaines zurück und zwang denselben zur Kapitulation vom 27. Okt. Am 28. Okt. zum Generalfeldmarschall ernannt, zog F. K. von Metz 2. Nov. mit drei Armeekorps in Eilmärschen gegen die Loire, um die französische Loirearmee vom Vordringen gegen Versailles und Paris abzuhalten. Nachdem er die Angriffe der Franzosen zurückgeschlagen, ging er 3. Dez. seinerseits zur Offensive über, besetzte 4. Dez. Orléans und trieb die feindliche Armee bis Bourges und Le Mans zurück. Im Januar 1871 schlug er Chanzy bei Le Mans in mehreren Gefechten (6.-12. Jan.) und zersprengte sein Heer so vollständig, daß jeder weitere Versuch, Paris von Westen her zu entsetzen, unmöglich gemacht wurde. Nach dem Krieg wurde er zum Generalinspekteur der dritten Armeeinspektion des deutschen Reichsheers und zum Inspektor der preußischen Kavallerie ernannt. Kaiser Alexander ernannte ihn zum russischen Feldmarschall. Er war außerdem Chef mehrerer preußischer, russischer und österreichischer Regimenter. F. K. unternahm mehrere Reisen nach dem Orient; über die letzte, 1883 nach Ägypten und Syrien unternommene erschien ein Prachtwerk (Berl. 1884). Er starb 15. Juni 1885 in Klein-Glienicke bei Potsdam, einer der größten Feldherren der preußischen Armee. Der Prinz war seit 29. Nov. 1854