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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Fürstenberg

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Fürstenberg.

nur die Subsidiallinie in Österreich genannt ward. Die fürstliche Linie blühte in Schwaben fort, und ihr Stifter Joseph Wilhelm Ernst erhielt 1762 von Kaiser Franz I. das Recht, daß alle ehelichen Söhne der Fürstenberge den Fürstentitel führen durften, während bisher nur der jedesmalige Regent Fürst, die andern Familienglieder aber Landgrafen hießen. Im J. 1804 erlosch diese Linie mit Karl Joachim, und die schwäbischen Erbgüter fielen nun an den böhmischen Zweig der österreichischen Subsidiallinie, die den fürstlichen Titel annahm. Das Fürstentum ward 1806 mediatisiert und kam teils unter österreichische, teils unter badische, württembergische und sigmaringische (jetzt preußische) Oberhoheit; es hat über 2000 qkm mit 100,000 Einw. und besteht aus der Grafschaft Heiligenberg, den Landgrafschaften Stühlingen und Baar und den Herrschaften Jungnau, Trochtelfingen, Hausen und Möskirch im südlichen Schwaben. So bestehen denn gegenwärtig zwei Hauptlinien, eine fürstliche und eine landgräfliche. Die fürstliche Linie zerfällt in drei Zweige: 1) die Hauptlinie F.-Donaueschingen, gegenwärtiges Haupt Karl Egon, geb. 4. März 1820, königlich preußischer General und Generaladjutant des Großherzogs von Baden, erbliches Mitglied des preußischen Herrenhauses, succedierte 1854, vermählt mit der Prinzessin Elisabeth von Reuß ä. L., Witwer seit 1861; 2) die fürstliche Linie F.-Pürglitz (in Böhmen), Haupt Max Egon, geb. 13. Okt. 1863, Sohn des am 28. Juli 1873 gestorbenen Fürsten Max Egon; 3) die fürstliche Linie F.-Königshof (in Böhmen), Haupt Emil Egon, geb. 12. Sept. 1825. Die landgräfliche Linie besteht im Mannesstamm nur noch in der Linie F.-Weitra, deren Haupt Landgraf Eduard Egon, geb. 5. Nov. 1843, ist, nachdem die Linie F.-Taykowitz durch den am 22. März 1866 erfolgten Tod des Landgrafen Friedrich Egon (dessen Tochter Adelheid mit dem Grafen Heinrich Herberstein, Oberstland- und Erbtruchseß von Kärnten, sich vermählte) im Mannesstamm erloschen ist. Vgl. Münch, Geschichte des Hauses und des Landes F. (Aachen 1830-32, 3 Bde.); Riezler, Geschichte des fürstlichen Hauses F. (Tübing. 1883); "Fürstenbergisches Urkundenbuch", herausgegeben von Riezler (das. 1877-85, Bd. 1-5). Die namhaftesten Glieder der Heiligenberger Linie sind:

1) Egon VII., Graf von, geb. 25. März 1588, war für den geistlichen Stand bestimmt, entsagte aber nach dem Tod seiner ältern Brüder demselben, trat als Hofmarschall und Geheimrat in bayrische Dienste, ging 1629 als ligistischer General und Feldzeugmeister nach Mantua, vollzog 1631 das Restitutionsedikt in Franken und Württemberg, vereinte sich dann mit Tilly, unter welchem er bei Leipzig den rechten Flügel kommandierte, und starb als Generalleutnant des schwäbischen Kreises 24. Aug. 1635.

2) Franz Egon, Graf von, Sohn des vorigen, geb. 10. April 1625, trat in den geistlichen Stand, ward Domherr zu Köln, Straßburg, Lüttich, Hildesheim und Speier, dann Weihbischof und Domdechant zu Köln, Dompropst zu Hildesheim, 1663 Bischof von Straßburg, zuletzt auch gefürsteter Abt zu Lüders und Murbach sowie zu Stablo und Malmedy. Als Geschäftsträger des Kölner Kurfürsten Maximilian Heinrich diente er besonders im Aachener Frieden 1668 und im Krieg Ludwigs XIV. wider Holland seit 1672 dem französischen Interesse. Nachdem Köln 1674 zum Frieden mit Holland genötigt worden war, begab sich F. nach Frankreich; 1675 in die Reichsacht erklärt, ward er erst 1681, nach der französischen Besitznahme Straßburgs, wobei er die Rolle eines Verräters an Deutschland und des ergebenen Sklaven Ludwigs XIV. gespielt hatte, daselbst wieder Bischof und starb 1. April 1682.

3) Wilhelm Egon, Graf von, Bruder des vorigen, geb. 2. Dez. 1629, Minister des Kurfürsten Maximilian Heinrich von Köln und, obgleich Inhaber vieler deutscher Pfründen und seit 1664 Reichsfürst, ebenfalls ein sklavischer Anhänger Frankreichs, ward 1674 wegen seiner ränkevollen Thätigkeit zur Hinderung des Friedens mit Holland gefangen nach Wien und von da nach Neustadt gebracht, zum Tod verurteilt, jedoch auf Verwendung des päpstlichen Nunzius begnadigt und 1679 zufolge einer Bestimmung des Nimwegener Friedens wieder in Freiheit gesetzt. Ludwig XIV. verhalf ihm 1682 zum Bistum von Straßburg, 1686 zum Kardinalshut, 1688 zur Koadjutorswürde in Köln und setzte noch in demselben Jahr seine Wahl zum Nachfolger des Kurfürsten Maximilian Heinrich durch. Als der Kaiser und der Papst dagegen appellierten, ging F. bald darauf beim Ausbruch des Kriegs zwischen Frankreich und Deutschland an den französischen Hof, erhielt später die Abteien St.-Germain des Prés und Fécamp und starb 10. April 1704 in der erstern.

4) Anton Egon, Fürst von, Sohn des vorigen, geb. 23. April 1656, Günstling Augusts des Starken, Kurfürsten von Sachsen, wurde von diesem nach seiner Erhebung auf den polnischen Königsthron zum Statthalter in Sachsen ernannt, starb 10. Okt. 1716 in Wermsdorf. Mit ihm erlosch die Heiligenberger Fürstenlinie.

Der Kinzigthaler Linie gehörten an:

5) Karl Joachim, Fürst von, trat in österreichische Kriegsdienste, machte den Krieg gegen die Türken, dann den Feldzug in Belgien und gegen die Franzosen mit. 1794 zum Feldmarschallleutnant ernannt, kommandierte er eine Division der Armee von Latour, nahm dann an den Siegen Clerfaits und des Erzherzogs Karl in Bayern und Franken teil und leitete 1795 den Angriff auf den Brückenkopf bei Hüningen. Er starb 17. Mai 1804. Mit ihm erlosch der fürstliche Hauptstamm, und die Succession in den Reichslanden fiel an den böhmischen Zweig der Subsidiallinie, deren Gründer, Fürst Karl Egon von F., bei seinem 1787 erfolgten Tod zwei Söhne hinterließ, von denen der ältere, Karl Joseph Aloys von F., geb. 1760, als Feldmarschallleutnant des schwäbischen Kreises 25. März 1799 in der Schlacht bei Stockach fiel. Sein Sohn

6) Karl Egon, Fürst von, geb. 28. Okt. 1796 zu Prag, succedierte 1804 dem Fürsten Karl Joachim, wurde nach der Mediatisierung seines Fürstentums Standesherr in Württemberg, Baden und Sigmaringen, studierte von 1811 bis 1813 in Freiburg und Würzburg, begleitete 1814 als Ordonnanzoffizier den Fürsten Schwarzenberg nach Paris, verließ aber nach dem Frieden den Militärdienst und lebte nun der Pflege der Kunst und Wissenschaft sowie der Förderung der Landwirtschaft und der Wohlthätigkeit; so gründete er ein Krankenhaus in Donaueschingen, ein Blindeninstitut in Neidingen, eine Rettungsanstalt für verwahrloste Kinder etc. Nach der Einführung einer konstitutionellen Verfassung in Baden betrat er die parlamentarische Laufbahn. Mit dem Großherzog Leopold, als dem Bruder seiner Gemahlin, nahe verwandt, trat. F. auf dem denkwürdigen Landtag von 1831 vermittelnd zwischen Fürst und Volk, erwarb sich namentlich im Verein mit Wessenberg und Zell große Verdienste um den Sieg der Preßfreiheit und nahm überhaupt als Vizepräsident