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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Futter

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Futter (Nährwert der Futtermittel).

ben eingekuhlt, vergären. Biertreber sind für Schweine und Rinder, weniger für Pferde, geeignet. Malzkeime besitzen einen hohen Proteingehalt, müssen jedoch ihrer trocknen Beschaffenheit wegen angebrüht oder mit wässerigen Futterstoffen zusammen verabreicht werden. Was die Milch und ihre Derivate anlangt, so empfiehlt es sich, abgesehen von der Notwendigkeit, allen Tieren in der ersten Lebenszeit die Muttermilch zukommen zu lassen, besonders wertvollen, zur Aufzucht verwandten Tieren auch nach dem Absetzen eine Zeitlang Kuhmilch zu reichen. Die Molken sowie die abgerahmte saure (Schlicker-) Milch eignen sich hauptsächlich für Schweine. Fleischmehl, Abfälle von der Fleischextraktfabrikation, ist für die Mast der Schweine brauchbar; bei Pferden und Wiederkäuern haben die Versuche mit Fleischmehl den Erwartungen nicht entsprochen. Getrocknete Maikäfer werden gern und mit gutem Erfolg von Schweinen gefressen. Die zur Ernährung des tierischen Körpers nötigen Mineralstoffe sind in der Regel in den gereichten Futterstoffen in ausreichender Menge vorhanden. Für manche Fütterungszwecke, Aufzucht junger Tiere, Milchproduktion, empfiehlt sich ein Zusatz von phosphorsaurem Kalk zum F. Den Pflanzenfressern ist ferner eine Zugabe von Kochsalz sehr dienlich. Bei Fütterung mit Grünfutterstoffen, Wurzelfrüchten, Schlempe etc. enthält das F. gewöhnlich eine den Bedarf des Organismus deckende Menge von Wasser. Bei trocknem F. ist außerdem frisches Wasser zu reichen. Um manche Futtermittel schmackhafter und gedeihlicher zu machen, um ferner den störenden Einflüssen, welche auf die Heubereitung sich geltend machen können, möglichst aus dem Weg zu gehen, werden sie einer besondern Zubereitung unterworfen (s. Futterbereitung).

Der Nährwert der Futtermittel

richtet sich nach dem Gehalt an Nährstoffen und der physiologischen Bedeutung derselben. Die physiologische Wirkung der Nährstoffe ist zunächst abhängig von ihrer Verdaulichkeit. Während man annehmen muß, daß die einzelnen Nährstoffe in reinem Zustand absolut verdaulich sind, d. h. in Quantitäten gereicht, welche die Verdauungskapazität des betreffenden Individuums nicht überschreiten, entweder als solche oder nach Erleidung gewisser Umwandlungen völlig resorbiert werden, werden die Verhältnisse verwickelter, sobald man sie in Gemengen zuführt, wie sie die verschiedenen Futtermittel meist repräsentieren. Abgesehen davon, daß das Fehlen oder Vorhandensein eines Nährstoffs die Verdaulichkeit eines andern beeinflussen kann, übt die physikalische Beschaffenheit der Futtermittel, der größere oder geringere Widerstand, den sie infolge derselben dem Angriff der Verdauungsflüssigkeiten entgegensetzen, einen wesentlilichen Einfluß auf ihre Verdaulichkeit aus. Da man anderseits bei den meisten Futtermitteln noch nicht im stande ist, ihren Gehalt an eigentlichen Nährstoffen zu bestimmen, so kann vorläufig nur die Verdaulichkeit der oben aufgeführten Stoffgruppen festgestellt werden, welche nur zum (wir wissen nicht wievielten) Teil aus wirklichen Nährstoffen bestehen. Über diese Verdaulichkeit der Futterstoffe und ihrer nähern Bestandteile geben die Ausnutzungsversuche Aufschluß. Da die unverdauten Futterreste sämtlich im tierischen Darmkot wieder erscheinen und den bei weitem überwiegenden Teil desselben bilden, so gibt die Menge der festen Exkremente im Vergleich zu der verzehrten Futtermasse zugleich ein Maß für die zur Resorption gelangten Futterbestandteile. Die Differenz: F. minus Kot ist dann gleich der verdauten Menge. Letztere, in Prozenten des Futters ausgedrückt, ist der Verdaulichkeitskoeffizient des betreffenden Futters.

Aus den zahlreichen Fütterungsversuchen ergeben sich bezüglich des Verdauungsvermögens der landwirtschaftlichen Nutztiere folgende allgemeine Schlüsse: Das Verdauungsvermögen eines und desselben Tiers zu verschiedenen Zeiten unterliegt gewissen Schwankungen innerhalb enger Grenzen. Individualität, Geschlecht und Rasse sind unter normalen Verhältnissen, gleichmäßige Entwickelung der Tiere vorausgesetzt, ohne Einfluß auf das Verdauungsvermögen. Heranwachsende Tiere, sobald sie von der Milchnahrung entwöhnt sind, verdauen dieselben Futterstoffe ebenso wie erwachsene. Die verschiedenen Arten der Wiederkäuer scheinen gleiches Verdauungsvermögen zu besitzen. Wenn auch bezüglich des Verdauungsvermögens der Hauptgruppen der landwirtschaftlichen Nutztiere, einmal der pflanzenfressenden Tiere mit einfachem und mit zusammengesetztem Magen, dann der Pflanzenfresser im Vergleich zu den Omnivoren (Schwein, Hund, Geflügel), direkt vergleichbare Bestimmungen nicht vorliegen, so läßt die verschiedene Konstitution der Kauwerkzeuge und Verdauungsapparate doch das Vorhandensein wesentlicher Unterschiede im Verdauungsvermögen erwarten. So besitzen die Omnivoren für die voluminösen, den Wiederkäuern dienlichen Futterstoffe ein nur beschränktes Verdauungsvermögen. Das Pferd verdaut ganze Körner der Cerealien und Hülsenfrüchte leicht, während sie durch die Magenabteilungen des Wiederkäuers zum großen Teil unverdaut hindurchgehen. Das Schwein hat größeres Verdauungsvermögen für Nfr. Extraktstoffe, dagegen geringeres für Rohfaser als Pflanzenfresser, u. s. f. Auf die Verdaulichkeit der Nährstoffe innerhalb der Futtermittel sind die Beschaffenheit der letztern und das Mengenverhältnis, worin sie in einem F. zu einander stehen, von größtem Einfluß. Im allgemeinen läßt sich über die Verdaulichkeit der einzelnen Nährstoffgruppen folgendes sagen: Das Rohprotein wird je nach der Beschaffenheit des Futtermittels zu 13-100 Proz. ausgenutzt. Am leichtesten verdaulich ist dasselbe in den Körnern der Cerealien, Leguminosen, Ölpflanzen und Wurzelfrüchte sowie in den technischen Abfällen derselben (Ölkuchen, Schlempe etc.) und in der Milch, man kann sagen, in den Substanzen, welche am reichsten daran sind. Am schlechtesten verdaut wird das Rohprotein der sehr rohfaserreichen Futterstoffe, z. B. der Stroharten, des Heus aus spätern Vegetationsperioden. Vom Rohfett wird um so mehr verdaut, je weniger Chlorophyll und wachs- und harzartige Körper (welch letztere völlig unverdaulich zu sein scheinen) es enthält, je jünger und zarter die Pflanzen sind, wovon es herrührt. Am leichtesten verdaulich ist das Fett der Samenkörner, der Cerealien, Leguminosen und Ölpflanzen, am schwersten das des Wiesenheus und Cerealienstrohs. Die Rohfaser wird um so leichter verdaut, je mehr wirkliche Holzfaser, Cellulose, je weniger inkrustierende Substanzen sie enthält, mit andern Worten, je jünger und zarter die Pflanzen sind, denen sie entstammt. Da der von der Rohfaser verdaute Teil immer die Elementarzusammensetzung der Cellulose hat, so ist es wahrscheinlich nur diese, welche überhaupt zur Verdauung gelangt. Je nach der Beschaffenheit des Futtermittels kommen etwa 15-75 Proz. der Rohfaser zur Verdauung, am meisten von jungem saftigen Grünfutter und Wurzelfrüchten, am wenigsten von Stroh und Körnern.