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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gabelgeier; Gabelhirsch; Gabelklavier; Gabelkreuz; Gabella; Gabelsberger

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Gabelgeier - Gabelsberger.

17 Jahre alt, wandte er sich der indochinesischen Sprachvergleichung zu, stellte Lautgesetze unter diesen monosyllabischen Sprachen auf und faßte das Ergebnis in einer 1859 im Archiv des Altenburger Gymnasiums deponierten Arbeit zusammen. Seitdem hat er sich, außer mit Sanskrit, Zend etc., namentlich mit Chinesisch, Japanisch, Mandschu und Taumpakewa-Alifurisch beschäftigt. Arbeiten von ihm über das Konjugationssystem der Dajaksprache wie über das des Mandschu, Beiträge zu der mandschuischen und japanischen Litteratur und die vergleichende Syntax betreffende Aufsätze finden sich in der "Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft", in der "Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft" etc. Außerdem veröffentlichte er eine übersetzte und erläuterte Ausgabe des chinesischen metaphysischen Werkes "Thai-Khithu" (Dresd. 1876) und, als sein Hauptwerk, die "Chinesische Grammatik" (Leipz. 1881), der die "Anfangsgründe der chinesischen Grammatik" (das. 1883) nachfolgten, sowie "Beiträge zur Kenntnis der melanesischen, mikronesischen und papuanischen Sprachen" (mit A. B. Meyer, das. 1882).

Gabelgeier, s. Weihen.

Gabelhirsch, s. v. w. Gabler.

Gabelklavier, s. Adiaphon.

Gabelkreuz, s. Kreuz.

Gabella (mittellat., teils vom deutschen "geben" abgeleitet, teils auf das oberdeutsche "Gaffel" [s. d.] zurückgeführt), s. v. w. Steuer, Zoll; g. emigrationis wurde das Abzugsgeld oder die Nachsteuer, g. hereditaria die Erbschaftssteuer genannt (s. Abschoß). In Frankreich bedeutete gabelle die Salzsteuer sowie auch Salzmagazin.

Gabelsberger, Franz Xaver, der Erfinder des verbreitetsten deutschen Systems der Stenographie, geb. 9. Febr. 1789 zu München, besuchte die Schule des Benediktinerstifts Ottobeuern und dann das Münchener Studienseminar, welches er nach einigen Jahren verließ, um Elementarlehrer zu werden. Da seine Gesundheit ihn verhinderte, diesen Plan auszuführen, widmete er sich der Subalternkarriere und ward 1809 Diätist in der königlichen Generaladministration der Stiftungen und Kommunen, 1810 und 1813 Kanzlist bei zwei Mittelbehörden, 1823 Sekretär und Geheimer Kanzlist im Ministerium des Innern, 1826 Ministerialsekretär im Statistischen Büreau des Finanzministeriums zu München und starb als solcher 4. Jan. 1849 daselbst. Zu mancherlei graphischen Liebhabereien, denen G. seit 1809 in seinen Freistunden oblag, gesellte sich 1817 auch die Stenographie, da er sich beim Nachschreiben von Vorträgen in den Ministerialsitzungen eine Erleichterung verschaffen wollte. Die Einführung einer Staatsverfassung in Bayern 1818 regte in G. den Wunsch an, die Stenographie auch in dem verfassungsmäßigen Parlament zur Aufnahme der Reden zu verwenden, und zu diesem Zwecke ging er 1818 daran, ein eignes System der Kurzschrift auszuarbeiten. Bereits in der ersten bayrischen Ständeversammlung 1819 machte er Proben mit seinem System, bildete sich dann einen Gehilfen für die folgenden Landtage heran, arbeitete daneben an der weitern praktischen Vervollkommnung seiner Stenographie und begann 1829 im Auftrag der bayrischen Regierung den ersten öffentlichen Unterrichtskursus in der Kurzschrift, um praktische Stenographen für den Dienst in der Ständeversammlung zu schaffen. Die völlige Übergabe seines bahnbrechenden Werkes, aus dem die meisten nachfolgenden deutschen Stenographieerfinder mehr oder weniger geschöpft haben, an die Öffentlichkeit erfolgte 1834 durch Publizierung der "Anleitung zur deutschen Redezeichenkunst oder Stenographie" (2. umgearbeitete Auflage nach des Verfassers Tod, Münch. 1850). Außerdem erschienen von G. die "Stenographische Lesebibliothek" (Münch. 1838) und ein besonderes Lehrbuch mit Regeln über die Bildung und Anwendung weiterer Kürzungen für den parlamentarischen Gebrauch unter dem Titel: "Neue Vervollkommnungen in der deutschen Redezeichenkunst" (das. 1843, 2. Aufl. 1849). Gabelsbergers Ziel war die Schaffung einer Schrift zum wörtlichen Aufzeichnen von Reden (Redezeichenkunst) mit der gleichen Geschwindigkeit, wie diese von den Lippen entströmen; daher stand ihm in erster Linie die Erzielung größter Kürze. Er brach mit den Traditionen seiner deutschen Vorgänger, welche nach dem Muster der meisten englischen und französischen Methoden fast nur die gerade Linie, den Kreis und dessen Teilzüge als Schriftzeichen verwandten, und adoptierte das Prinzip der Tironischen Noten (s. d.), deren Zeichen Teilzüge der römischen Majuskeln sind. Indem G. seine Zeichen aus Teilzügen der deutschen Schreibalphabete bildete, worin er mit Nowak (1830) zusammentraf, erzielte er nicht nur flüchtige und bequeme, sondern auch vom gewöhnlichen Lauf der schreibenden Hand selten abweichende Züge. Die Bezeichnung der Vokale ist mannigfaltig; bald werden sie buchstäblich geschrieben, bald durch Verschmelzung ihrer Zeichen mit den Konsonantenzeichen, bald symbolisch dargestellt durch Höher- und Tieferstellung, Verstärkung des Schriftzugs der begleitenden Konsonantenzeichen etc., bald werden ähnlich lautende stellvertretend füreinander gebraucht (Wortbildung). Weiter werden zur Bewirkung größerer Kürze einzelne Laute oder ganze Silben, die sich beim Lesen unschwer ergänzen lassen, in den Wortbildern unterdrückt, auch häufig wiederkehrende Wörter durch ständige Kürzungen (Siglen), darunter willkürliche, im Alphabet nicht begründete Zeichen, ausgedrückt (Wortkürzung). Endlich gelangt innerhalb des Satzes durch Auslassung ganzer Wörter und durch Andeutung andrer vermittelst weniger Elemente, aus denen durch Rückschlüsse das Fehlende rekonstruiert werden muß, ein den Tironischen Kürzungen vergleichbares Verfahren zur Anwendung, mit welchem es möglich wird, schnellen Reden nachschreibend zu folgen (Satzkürzung). Von München aus zunächst in Bayern vordringend, dann nach Sachsen und Österreich verpflanzt, hat sich die Gabelsbergersche Stenographie im Lauf der Jahre über alle Gegenden des deutschen Sprachgebiets und in Übertragungen auch über viele Länder fremder Zunge ausgebreitet. Mit dieser wachsenden Verbreitung mußte selbstverständlich das beschränkte Ziel Gabelsbergers aufgegeben werden, da es keinen Sinn gehabt hätte, Redennachschreiber zu Tausenden heranzubilden. Stillschweigend trat nun dafür die von Stolze (s. d.) proklamierte höhere Idee ein: die Stenographie als Mittel zur Erleichterung aller viel mit Schreibarbeit Beschäftigten. Bei dem für die Parlamentspraxis eingerichteten Zuschnitt der Gabelsbergerschen Redezeichenkunst konnte es nicht ausbleiben, daß mit Annahme des höhern Ziels auch höhere Anforderungen an die Schriftgenauigkeit gestellt und mancherlei Kritiken und Veränderungsvorschläge laut wurden. Drei verschiedene Auffassungen machten sich geltend und drohten, ein völliges Auseinandergehen in je eine Münchener, Dresdener und Wiener Schule herbeizuführen. Da traten 1857 in Dresden Vertreter aller Richtungen zu Beratungen zusammen, in denen über mehrere Tausend