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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Galizyn

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Galizyn.

Polen seine Tochter Salomea zur Gemahlin. Hierauf wurde Koloman 1215 vom Erzbischof von Gran als König von G. gekrönt. Diesen vertrieb aber bald (1220) der Fürst Mstislaw von Nowgorod, welcher G. seinem Schwiegersohn Andreas, Sohn des Königs Andreas von Ungarn, überließ. Andreas aber mußte 1228 dem Fürsten Daniel Romanowič von Lodomerien weichen, welcher Lodomerien seinem Bruder Basil überließ und 1235 der Krönung Belas IV. als ungarischer Vasall beiwohnte. 1244 wurde Daniel den Tataren tributpflichtig, bat aber zu gleicher Zeit, von der griechischen Kirche zur römisch-katholischen übertretend, den Papst Innocenz IV. um Hilfe und wurde 1253 in Drogitschin von einem päpstlichen Legaten zum König von G. gekrönt. Als jedoch die päpstliche Hilfe ausblieb, brach Daniel 1257 nicht bloß alle Verbindung mit dem päpstlichen Stuhl ab, sondern trat auch wieder zur griechischen Kirche zurück. Mit Klugheit wußte er seine Herrschaft inmitten der sie bedrohenden Mächte zu behaupten, und das Land kam unter ihm zu beträchtlicher Blüte. Nach seinem 1266 erfolgten Tod regierte in G. sein jüngster Sohn, Schwarno, der Litauen mit G. vereinigte. Ihm folgte in G. sein älterer Bruder, Leo, der das schon von Roman gewonnene Kiew, G. und Lodomerien beherrschte, alle Sorgfalt jedoch lediglich auf G. verwendete und auch Lemberg von neuem befestigte. Besonders trug die Einwanderung vieler Krakauer während einer in Krakau herrschenden Hungersnot zur Blüte Galiziens bei. Nach dem Erlöschen des Hauses Romans 1335-1340 (mit Georg und Boleslaw) nahm König Kasimir III. von Polen das Fürstentum G. und Lemberg und 1349 auch Lodomerien in Besitz, und 1352 entsagte König Ludwig d. Gr. von Ungarn seinen Ansprüchen auf G. unter der Bedingung, daß nach Kasimirs Tod G. an Ungarn zurückfallen sollte. Als Kasimir 1370, ohne Söhne zu hinterlassen, starb, vereinigte Ludwig d. Gr. von Ungarn, jetzt auch König von Polen, G. und Lodomerien mit Ungarn und führte in beiden Fürstentümern die römisch-katholische Religion ein. Durch die Vermählung seiner Tochter Hedwig mit dem Großfürsten Wladislaw Jagello von Litauen kam G. 1382 bleibend wieder an Polen, bei dem es nun bis zu dessen Teilung blieb und mit Kleinpolen immer enger zu einem politischen Gebiet zusammenwuchs. Bei der ersten Teilung Polens (1772) kamen die Gebiete, welche etwa das jetzige G. bilden (zusammen 80,000 qkm), unter dem Titel des Königreichs G. und Lodomerien an Österreich, nachdem die Kaiserin Maria Theresia den Titel schon seit 1741 und das Wappen seit 1769 geführt hatte. 1786 vereinigte Österreich damit die Bukowina, die schon seit 1777 österreichisch war. Bei der letzten Teilung Polens (1795) erhielt Österreich noch die nördlich gelegenen Gebiete mit Bug und Pilica als Grenze unter dem Titel West- oder Neugalizien, während die alten Ost- oder Altgalizien genannt wurden. Doch schon im Wiener Frieden von 1809 mußte Österreich ganz Westgalizien nebst Krakau und dem Bezirk um die Stadt auf dem rechten Weichselufer sowie den Zamosker Kreis in Ostgalizien (50,000 qkm mit 1,470,000 Einw.) an das Großherzogtum Warschau, von Ostgalizien aber den Kreis Tarnopol (9000 qkm mit 400,000 Einw.) an Rußland abtreten. Der Wiener Kongreß 1815 ließ Westgalizien bei Polen, während der an Rußland abgetretene Teil von Ostgalizien an Österreich zurückgegeben, ein Teil des von Ostgalizien an Polen abgetretenen Gebiets aber zu der neuen Republik Krakau geschlagen wurde. Die letztere war seit 1830 ein Hauptherd der polnischen Verschwörungen, die von hier aus nach G. verpflanzt wurden. Als aber im Februar 1846 eine allgemeine Erhebung zur Wiederherstellung Polens versucht wurde, rückten österreichische, preußische und russische Truppen in Krakau ein, während in G. selbst das ruthenische Landvolk sich gegen den polnischen Adel erhob und sich für seine Bedrückung grausam an demselben rächte. Infolge dieser Unruhen wurde die Republik Krakau durch Übereinkunft der drei Schutzmächte 6. Nov. 1846 der österreichischen Monarchie einverleibt und 1849 mit dem Titel eines Großherzogtums zum Kronland G. geschlagen, die Bukowina aber als eignes Kronland von letzterm getrennt. Bei dem seit 1848 in Österreich vor sich gehenden Kampf der in der Monarchie vereinigten Nationalitäten suchten auch die Polen in G. eine größere Selbständigkeit zu erringen. Es gelang ihnen dies auch seit Einführung der Februarverfassung, indem sie den Reichsrat zwar beschickten und sich auch äußerlich reichstreu zeigten, aber ihre Zustimmung zu den Vorlagen der Regierung nur gegen immer neue Zugeständnisse an die Autonomie Galiziens erteilten. So erlangten sie völlig selbständige Verwaltung durch den Landtag, in dem die Polen die überwiegende Mehrheit hatten; sie benutzten dieselbe, um das Deutschtum völlig zu verdrängen und die Ruthenen gänzlich zu unterdrücken, alle Ämter fielen Polen zu. Im Ministerium waren sie durch einen Minister vertreten und spielten im Reichsrat die entscheidende Rolle, weshalb sie auch in Bezug auf Eisenbahnen, Feststellung der Grundsteuer u. a. besondere Vergünstigungen sich verschaffen konnten. Vgl. Hoppe, Geschichte von G. und Lodomerien (Wien 1793); Engel, Geschichte von Halitsch und Wladimir (bis 1772; das. 1793, 2 Tle.); Schmedes, Geographisch-statistische Übersicht Galiziens (2. Aufl., Lemb. 1869); Lipp, Verkehrs- u. Handelsverhältnisse Galiziens (Prag 1870); Szujski, Die Polen und Ruthenen in G. (Teschen 1882); Jandaurek, Das Königreich G. etc. (Wien 1884); "Spezial-Ortsrepertorium von G." (hrsg. von der k. k. statistischen Zentralkommission, Wien 1886).

Galizyn (richtiger Golizyn; auch Gallitzin, Galitzin), fürstliche Familie Rußlands, die ihren Ursprung von Gedimin, Großfürsten von Litauen, dem Stammvater der Jagellonen, ableitet. Einer seiner Nachkommen, Iwan, auch Bulgak genannt, soll von den starken Lederhandschuhen (golitza), die er über die Wollhandschuhe trug, den Beinamen Golizyn (spr. ga-) erhalten und auf seine Nachkommen vererbt haben. Die namhaftesten derselben sind:

1) Michail Iwanowitsch Bulgakow, ältester Sohn Iwans, Bojar und Woiwod, befehligte die Russen gegen die krimschen Tataren und gegen die Litauer, ward 1514 in der Schlacht bei Orscha von dem polnischen Fürsten Konstantin von Ostrog gefangen genommen und erst nach 38jähriger Haft freigegeben, worauf er dem Zaren als Günstling zur Seite stand, aber schon 1552 in das Dreieinigkeitskloster bei Moskau ging, wo er bald darauf starb.

2) Wasili Wasiljewitsch, Urenkel des vorigen, gehörte nach dem Tode des falschen Demetrius 1613 zu den vier russischen Kronprätendenten. Nach Polen gesandt, um dem polnischen Prinzen Wladislaw seine Erhebung zum Zaren zu verkündigen, ward er unterwegs verhaftet, von den Polen des Verrats bei der Belagerung von Smolensk angeklagt und starb 1619 im Kerker.

3) Boris Alexejewitsch, geb. 1641, Vetter des