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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gasthaus; Gastieren; Gastinel; Gastmahl

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Gasthaus - Gastmahl.

symbolum) geschlossen und konnte nur durch förmliche Aufkündigung wieder gelöst werden; außerdem hatte es bindende Kraft, galt für heilig und unverletzlich und schloß vornehmlich die politische Vertretung des Gastfreundes, namentlich vor Gericht, in sich. Bei den Griechen hieß ein solcher Vertreter Proxenos; er mußte Bürger des Staats sein, innerhalb dessen er den Fremden zu vertreten hatte, und wurde öfters von seiten des andern Staats, dessen Bürger er vertreten sollte, ernannt. Er glich demnach den heutigen Konsuln und hatte außerdem noch die Verpflichtung, sich gegen alle Fremden aus dem Staate, dessen Proxenos er war, gastfreundlich zu erweisen, die von dorther kommenden Gesandten bei der Regierung seines eignen Staats einzuführen, die Rechte des auswärtigen Staats und der Angehörigen desselben vor Gericht zu vertreten und letztern überhaupt Hilfsleistungen, z. B. beim Besuch des Theaters, zu gewähren. Ähnlich gestaltete sich das römische Gastfreundschaftsverhältnis, doch vertraten die römischen Gastfreunde zwar ihre auswärtigen Freunde den Magistraten und Gerichten gegenüber, nahmen dieses aber ihrerseits in andern Staaten von ihren dortigen Gastfreunden nicht in Anspruch, da ihnen hier eigne römische Beamte hierfür zur Seite standen. Proxenos oder Patronus eines fremden Staats zu werden, galt für eine hohe Ehre; daher kam es, daß die Proxenia in Griechenland und das Patronat in Rom öfters nichts weiter zu bedeuten hatten als eine Ehrenbezeigung für die, denen man es übertrug. Als der Verkehr zwischen Städten, Ländern und Völkern sich erweiterte und vervielfachte, reichte die alte Sitte der G. für das gesteigerte Bedürfnis nicht mehr aus und wurde nach und nach durch das aufkommende eigentliche Gastwirtschaftswesen verdrängt. Im Mittelalter sehen wir zwar die G. unter den germanischen und slawischen Völkern noch beobachtet und hochgehalten, aber in beschränkterer Weise als früher, und nur Mönche und Einsiedler übten sie gegen jedermann. Auch das Rittertum eignete sich dieselbe an; jedoch artete sie hier bald in ein leeres Zeremoniell aus, und dieser Charakter ist ihr bis auf unsre Zeiten geblieben. Im Orient dagegen wird die G. noch heutzutage als heilige Pflicht angesehen, und besonders die Beduinen der Syrischen und Arabischen Wüste üben sie ungeachtet ihres Räuberlebens in so strenger Weise, daß ihnen selbst der Todfeind, wenn er als Gast ihre Hütte betritt, für unverletzlich und schutzberechtigt gilt.

Gasthaus (Gasthof), Haus, dessen Inhaber (Gastwirt) gegen Bezahlung Speise, Trank etc. verabreicht und Herberge gibt, im engern Sinn ein Etablissement, mit dessen Besitz das Recht, Fremde über Nacht zu beherbergen (Gastgerechtigkeit), verbunden ist, im Gegensatz zu Speise- und Kaffeehäusern, Schenken (Krügen, Kneipen). Die Zahl der Gasthäuser eines Ortes oder Bezirks war früher meist festgesetzt, so daß dieselbe ohne Zustimmung der Berechtigten nicht vermehrt, wohl aber die Gastgerechtigkeit von einem Haus in ein andres verlegt oder verkauft werden konnte (vgl. Gastwirt). Gegenwärtig hängt die Befugnis, Gastwirtschaft zu betreiben, von obrigkeitlicher Konzession ab. Eigentliche Gasthäuser zur Aufnahme und Verpflegung Fremder gab es im Altertum nicht; der Reisende durfte dafür das Recht der Gastfreundschaft (s. d.) in Anspruch nehmen. Anstalten indes, welche mit unsern Wirtshäusern in mancher Hinsicht verglichen werden können, finden sich in Griechenland, besonders in Athen und Sparta, schon ziemlich früh: es waren dies die Leschen, Erholungsorte, wo man zum Plaudern und Schwatzen sich zusammenfand und auch wohl übernachtete. Dergleichen Lokale wurden jedoch meist nur von Müßiggängern aufgesucht. Etwas später entstanden in größern Städten die Pandokeen, d. h. Allherbergen, in welchen wohl auch angesehenere Fremde im Notfall, wenn sie nicht in gastfreundschaftlicher Verbindung mit Einwohnern des Ortes standen, ein Unterkommen suchten, obgleich in dergleichen Häusern nicht einmal für die notwendigsten Bedürfnisse der Einkehrenden, geschweige denn für ihre Bequemlichkeit gesorgt war. Bei den Römern fanden sich ähnliche Einrichtungen, auch hier führte das Bedürfnis zur Errichtung öffentlicher Herbergen für Reisende (deversoria), die als besser eingerichtete und von distinguiertern Personen benutzte Anstalten sich von den für die niedern Klassen bestimmten Schenkhäusern (cauponae und tabernae) und Garküchen (popinae) unterschieden. Auch die Sitte, solchen Häusern besondere Namen und Schilder zu geben, läßt sich weit in das Altertum zurück verfolgen. Im Mittelalter mußte die Gastlichkeit der Burgen und Klöster häufig genug für die Mangelhaftigkeit der Gasthäuser eintreten, und noch in der Mitte des 16. Jahrh. weiß Erasmus von Rotterdam nur Unrühmliches von deutschen Gasthäusern zu melden. "Hotels" im heutigen Sinn entstanden in der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. zuerst in Paris und fanden bald in andern Ländern, in Deutschland vielfach unter dem Namen "Hof", Nachahmung. Der Eisenbahnverkehr hat auch das Hotelwesen außerordentlich gehoben, die amerikanischen Riesenhotels bürgerten sich in London, Paris und Berlin ein, und es bildete sich für die Hotels ersten Ranges ein gewisses internationales Gepräge aus. Die Gastwirte bildeten zur Wahrung ihrer Interessen Vereine und gaben Fachzeitschriften heraus, wie auch die Kellner sich zu gemeinsamer Thätigkeit vereinigten. In Holland und Ostfriesland versteht man unter G. (holländ. gasthuis) ein Hospital. Vgl. Michel und Fournier, Histoire des hôtelleries (Par. 1859); Guyer, Das Hotelwesen der Gegenwart (2. Aufl., Zürich 1885); Stab, Das Hotel, seine Verwaltung und Bedienung (Halle 1876).

Gastieren, Leute als Gäste bewirten; Gastwirtschaft treiben; als Schauspieler Gastrollen geben.

Gastinel, Léon, franz. Komponist, geb. 15. Aug. 1823 zu Villers les Pots (Côte d'Or), war am Pariser Konservatorium Kompositionsschüler von Halévy, erhielt 1846 den großen Römerpreis für die Kantate "Velasquez" und wandte sich überwiegend der Chor- und Orchesterkomposition zu, in der er Bedeutendes geleistet hat: 3 große Messen (die eine nur mit Frauenchor), 2 Symphonien, 4 Oratorien ("Der Jüngste Tag", "Die sieben Worte Christi", "Saul", "Die Wasserfee"), eine "Symphonie concertante" für zwei Violinen mit Orchester, 2 Ouvertüren, zahlreiche Kammermusikwerke sowie die komischen Opern: "Le miroir" (1853), "L'opéra aux fenêtres" (1857), "Titus et Bérénice" (1860), "Le buisson vert" (1861), "La kermesse" ("Die Kirmes", 60mal im Théâtre lyrique gegeben), "La dame des prés", "La tulipe bleue" und endlich die große Oper "Der Bardenkönig", zu der G. auch den Text gedichtet.

Gastmahl, eine festliche, zur Bewirtung von Gästen bestimmte Mahlzeit, welche aus einer Reihenfolge von Gerichten besteht, und für deren Veranstaltung gewisse in der Kultur des betreffenden Landes begründete Regeln gelten. Ursprünglich waren fest-^[folgende Seite]