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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gebärmutter; Gebärmutterkrankheiten

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Gebärmutter - Gebärmutterkrankheiten.

sondere Vorkehrungen zur Aufbewahrung des Eies, durch große, auf das Wachstum des Embryos berechnete Dehnbarkeit ihrer Wandungen etc. Unter den Wirbeltieren ist sie in den niedern Gruppen nur ausnahmsweise (bei einigen Haifischen, Amphibien u. a.), bei den Säugetieren jedoch stets vertreten. Hier sind ursprünglich gemäß den zwei Eileitern auch zwei Gebärmütter vorhanden, von denen sogar jede ihre besondere Scheide haben kann (Beuteltiere, Fig. 1), oder die beide zusammen in eine gemeinschaftliche Scheide münden (viele Nagetiere). Indem dann die beiden nebeneinander liegenden Gebärmütter allmählich verschmelzen, entsteht die sogen. zweiteilige (bei Nagetieren), die zweihörnige, d. h. mit zwei weiten (Raubtiere, Huftiere etc., Fig. 2) oder kurzen Zipfeln (Fledermäuse, Halbaffen) versehene, endlich die einfache G. (Affen, Mensch, Fig. 3). Im männlichen Geschlecht ist ein der G. entsprechendes Gebilde als sogen. männlicher Uterus bekannt (s. Vorsteherdrüse). - Speziell beim Menschen besitzt die G. die Gestalt und Größe einer Birne (bei Jungfrauen: Länge 7-8 cm, Gewicht 33-41 g, Inhalt 35-40 ccm; nach mehreren Schwangerschaften sind die entsprechenden Zahlen 8½-9½, 102-117, 86-102; am Ende der Schwangerschaft: Höhe 32, Breite 27, Dicke 14 cm; Volumen mit dem der Frucht etwa 6000 ccm, Gewicht der G. selbst etwa 700 g. Die im normalen Zustand etwa 10 mm dicken Wände erreichen am Ende der Schwangerschaft eine Dicke von 27 mm). Der oberste und breiteste Teil der G. heißt Grund, der mittlere Körper, der unterste und schmälste Hals; das Ende des letztern ragt mit dem sogen. Scheidenteil in die Scheide hinein (s. Tafel "Eingeweide II", Fig. 2) und öffnet sich in sie durch den Muttermund. In den Grund der G. münden mit sehr feiner Öffnung rechts und links die Eileiter (s. d.). Die Höhle der G. ist im nichtschwangern Zustand sehr eng und mit zähem Schleim, während der Menstruation auch mit Blut erfüllt. In ihrer Lage wird die G. erhalten durch den Bauchfellüberzug sowie durch die sogen. breiten und runden Mutterbänder; erstere (ligamenta uteri lata) sind Falten des Bauchfelles, in die auch Eileiter und Eierstock eingeschlossen werden; letztere (ligamenta uteri rotunda) sind muskulös, verlaufen zum Leistenkanal und gehen aus der Substanz der Wandung der G. hervor. Diese selbst besteht (abgesehen vom Bauchfellüberzug) aus einer dicken Lage glatter Muskelfasern und einer innern, mit Flimmerzellen versehenen, gefäßreichen Schleimhaut. Letztere ist im Halskanal in niedrige, quere Falten gestellt und enthält dort Schleimdrüsen, welche bei Verstopfung ihrer Öffnungen zu rundlichen Säckchen anschwellen (sogen. Nabothseier), dagegen in der eigentlichen Gebärmutterhöhle einfache, schlauchförmige Drüsen (Uterindrüsen), welche im Beginn der Schwangerschaft sich verlängern und so weit werden, daß sie die feinen Zotten des Chorions (s. d.) in sich aufnehmen können. Zur Zeit der Menstruation (s. d.) ist die Schleimhaut mit Blut überfüllt, dunkelrot, samtartig aufgelockert; während der Schwangerschaft ist sie fest mit den Eihäuten verwachsen, wird bei der Geburt samt dem Mutterkuchen und den übrigen Eihäuten mit ausgestoßen u. während des Wochenbettes neu gebildet. Dann nimmt auch die G., welche im Verlauf der Schwangerschaft (s. d.) tiefgreifende anatomische Veränderungen erlitten hatte, wieder nahezu ihre frühere Größe und Form an. Nach Erlöschen der Geschlechtsfunktionen tritt häufig eine beträchtliche Verkleinerung der G. ein.

^[Abb.: Fig. 1. Gebärmutter des Känguruhs (Halmaturus). Fig. 2. Gebärmutter der Zibetkatze (Viverra). Fig. 3. Gebärmutter der Meerkatze (Cercopithecus).]

Gebärmutterkrankheiten. Die Gebärmutter ist ungemein zahlreichen Erkrankungen unterworfen. Als angebornes Übel kommen vollständiger Mangel und Verkümmerung, anderseits aber auch eine Verdoppelung der Gebärmutter vor (uterus bicornis), d. h. das Organ besteht aus zwei bald vollständig, bald unvollständig getrennten Hälften, deren eine oder beide bald normal entwickelt, bald teilweise verkümmert sind. Mangel und Verkümmerung schließen im allgemeinen die Möglichkeit einer Schwangerschaft aus, während bei Verdoppelung der Gebärmutter die Funktionen derselben ganz die normalen sein können. Von den erworbenen Krankheiten der Gebärmutter sind die häufigsten diejenigen, welche sich als Abweichung von der normalen Lage des Organs darstellen, nämlich der Vorfall, die Neigungen und Beugungen, die Umstülpung und die Emporzerrung der Gebärmutter, welche allgemein unter dem Namen der Frauenkrankheiten zusammengefaßt werden. Der Gebärmuttervorfall (prolapsus) besteht anfänglich nur in einem Herabsinken der Gebärmutter in die Höhle der Mutterscheide (sogen. descensus uteri); bei den ausgebildeten Formen des Vorfalls jedoch kommt der Scheidenteil der Gebärmutter äußerlich zwischen den Schamlippen zum Vorschein, und im schlimmsten Fall ist die Mutterscheide ganz umgewendet, ihre Schleimhaut nach außen gekehrt, und der Scheidenteil der Gebärmutter nimmt die tiefst gelegene Stelle an der vor den äußern Schamteilen erscheinenden Geschwulst ein. Ein solcher Vorfall der