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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gefäße

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Gefäße (anatomisch).

fen, mit denen nach außen ebenso viele Siebteile (Fig. 7 bei s) abwechseln. Die das G. der Wurzeln zunächst umgebende Schicht (das sogen. Perikambium Fig. 7 bei p l) erzeugt die Anlagen der Seitenwurzeln und wird ihrerseits wieder von einer Strangscheide (Fig. 7 bei u) umgeben. Während nun bei den Farnen und Monokotylen sowie auch in den Blättern und manchen Stengeln der Dikotylen die G. nach völliger Ausbildung ihrer aus dem Prokambium hervorgehenden Elemente keine weitere Zunahme erfahren und deshalb geschlossene G. genannt werden, tritt bei den dikotylen Stämmen mit Gefäßbündelkreis und fortgesetztem Dickenzuwachs im innern Siebteil des Gefäßbündels eine neue zellenbildende Schicht, das Kambium (s. d.), auf, durch dessen Teilungen das sogen. sekundäre Gewebe, u. zwar nach außen sekundärer Bast, nach innen sekundäres Holz, erzeugt wird. Das quer durch den ganzen Gefäßbündelkreis hindurchgehende Kambium stellt schließlich einen zusammenhängenden Ring, den Kambiumring (Fig. 5 A bei C), her, durch dessen zellenbildende Thätigkeit fortgesetzt neue Holz- und Bastschichten erzeugt werden. Durch einen ähnlichen Kambiumring wachsen auch die Wurzeln vieler Dikotylen fortgesetzt in die Dicke. Mit einem dauernd thätigen Kambinmstreifen versehene G. werden offene genannt. Sie fehlen allen Blattgefäßbündeln und den Gefäßbündeln der meisten Monokotylen und Farne. Die G. dienen in der Pflanze wenigstens zwei wichtigen Lebenszwecken. Die Zellen des Holzteils stellen nämlich den hauptsächlichsten Weg dar, auf welchem die von den Wurzeln aufgenommene tropfbarflüssige Nahrung, der sogen. aufsteigende Saftstrom, nach den einzelnen Teilen der Pflanze hingeleitet wird. Der Bastteil aber ist bestimmt, die in den Blättern aus den rohen Nährstoffen assimilierten organischen Verbindungen rückwärts nach allen Orten der Pflanze zu leiten, wo Bedarf nach denselben ist; er ist das leitende Gewebe für den absteigenden Nahrungssaft (vgl. Ernährung der Pflanzen).

^[Abb.: Fig. 6. Querschnitt eines konzentrischen Gefäßbündels von Polypodium. s p Gefäßteil, s Siebteil, n Strangscheide.]

^[Abb.: Fig. 7. Querschnitt eines radialen Gefäßbündels (aus einer Wurzel von Primula). g Gefäßteil, s Siebteil, p Perikambium, n Strangscheide.]

Gefäße (Adern, Vasa), in der Anatomie Röhren, in denen sich die Ernährungssäfte des Körpers fortbewegen. Bei sehr vielen niedern Tieren bestehen sie noch nicht, vielmehr begeben sich die Nährsäfte vom Magen aus, in dem sie bereitet wurden, durch dessen Wandung direkt in den übrigen Körper und verteilen sich hier entweder in der ganzen Masse desselben, oder sammeln sich in einem besondern Hohlraum, der Leibeshöhle (s. d.), an. In dieser werden sie dann durch die Zusammenziehung und Ausdehnung der einzelnen Teile des Körpers umher bewegt und zirkulieren so in den Lücken zwischen Leber, Darm, Geschlechtsorganen etc. Bei den höhern wirbellosen Tieren entwickelt sich aber ein System von Gefäßen mit eignen Wandungen (Gefäßsystem), welches mit der Leibeshöhle in Verbindung steht, von ihr die Nährsäfte aufnimmt und sie wieder dahin abgibt. Gewisse Stellen der Wandungen werden kontraktil und gestalten sich so zu Herzen um (deren also mehrere vorhanden sein können), welche nun durch ihre Zusammenziehung und Ausdehnung für eine regelmäßige Verbreitung der Säfte im ganzen Körper, d. h. für einen Kreislauf, sorgen. Gewöhnlich existieren in den Säften besondere zellige Elemente (Blutkörperchen) und werden vom Strom mitgetrieben. Indem sich aber die Organe des Körpers nicht nur mit frischen Nährsäften versorgen, sondern auch die Produkte ihres Stoffwechsels (Kohlensäure und Harnbestandteile) in das Gefäßsystem zum Weitertransport abgeben, würde die in letzterm enthaltene Flüssigkeit allmählich ihren Charakter verlieren, wenn sie nicht in den Atmungsorganen mit Sauerstoff in Berührung käme, den sie gegen die Kohlensäure eintauscht, und wenn sie nicht in die Nieren die übrigen Stoffe als sogen. Harn absetzen könnte. Die G., welche die Flüssigkeit vom Herzen in den übrigen Körper leiten, heißen Arterien oder Schlagadern, die, welche sie von dort zurückbringen, Venen oder Blutadern; zwischen beiden zirkuliert sie entweder in der Leibeshöhle, d. h. in den Lücken zwischen den Organen (z. B. bei den Insekten), oder sie bleibt auch hier in besondern, meist sich rasch zu äußerst feinen Röhren, den Kapillaren oder Haargefäßen, verzweigenden Kanälen eingeschlossen. Im letztern Fall ist der Kreislauf ein geschlossener. Eine weitere Art der G. entsteht dadurch, daß die Nährsäfte, welche der Magen neu liefert, sich nicht sofort mit den schon vorhandenen vereinigen, sondern zuvor in besondern Kanälen, den Chylusgefäßen, gesammelt und dann erst dem Kreislauf zugeführt werden. Bevor sie jedoch in denselben eintreten, gelangen sie in die Lymphgefäße, welche die zwischen den Geweben befindliche und dorthin aus den Blutgefäßen ausgetretene Flüssigkeit (Lymphe) sammeln und mit dem Chylus in eine Vene überführen. Diese Einrichtung findet sich bei allen Wirbeltieren, mit Ausnahme der Leptokardier, und gestattet es, die schon zirkulierende Flüssigkeit im Gegensatz zu Chylus und Lymphe als Blut (haema, sanguis) zu bezeichnen, während man die Säfte niederer Tiere wohl Hämolymphe genannt hat. Wegen der Einzelheiten, namentlich mit Bezug auf den Menschen, s. die betreffenden Artikel.