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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Geijer

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Geiger - Geijer.

widmete sich in Heidelberg und Bonn dem Studium der Philosophie und der orientalischen Sprachen und ward 1832 als Rabbiner zu Wiesbaden angestellt. Als solcher bemühte er sich, die jüdische Theologie als eine wissenschaftliche Disziplin zu begründen und ihren Ausbau in diesem Sinn zu fördern. Deshalb verband er sich 1835 mit andern Gelehrten zur Herausgabe der wissenschaftlichen "Zeitschrift für jüdische Theologie" (Bd. 1-4, Frankf. u. Stuttg. 1835-39; Bd. 5 u. 6, Grünb. u. Leipz. 1842-47). Im J. 1838 folgte er einem Ruf nach Breslau als zweiter Rabbiner, wiewohl die orthodoxe Partei die Rechtmäßigkeit der Wahl angriff. In zwei deshalb veröffentlichten Schutzschriften suchte er darzuthun, daß sein System nur die historisch berechtigte Fortbildung des traditionellen Judentums sei. Seit 1863 fungierte er als Rabbiner in seiner Vaterstadt Frankfurt, ging aber 1870 als Rabbiner nach Berlin, wo er zugleich in bedeutendster Weise an der "Hochschule für die Wissenschaft des Judentums" thätig war und 23. Okt. 1874 starb. Außer vielen litterarhistorischen und sprachlichen Monographien (z. B. "Studien über Moses ben Maimon", Bresl. 1850, Heft 1; "Isaak Troki", das. 1853; "Leon da Modena", das. 1857; "Parschandatha", Leipz. 1855; "Diwan des Kastiliers Juda ha Levi", Bresl. 1851; "Lehr- und Lesebuch zur Sprache der Mischna", das. 1845; "Jüdische Dichtungen", Leipz. 1855, und "Gabirol", das. 1868) veröffentlichte G. namentlich zwei in die theologische Forschung tief eingreifende Werke: "Urschrift und Übersetzungen der Bibel in ihrer Abhängigkeit von der innern Entwickelung des Judentums" (Bresl. 1857) und "Sadduzäer und Pharisäer" (das. 1863). Viel gelesen wurde auch das Buch "Das Judentum und seine Geschichte" (Bresl. 1864-71, 3 Bde.; 2. Aufl. des 1. Bds. 1865). Außerdem war G. thätiger Mitarbeiter an der "Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft" und seit 1862 Herausgeber und fast alleiniger Verfasser der "Jüdischen Zeitschrift für Wissenschaft und Leben" (Bresl. 1862-74, 11 Bde.). Seine "Nachgelassenen Schriften" wurden von seinem Sohn Ludwig G. herausgegeben (Berl. 1875-78, 5 Bde., deren letzter Geigers Leben und Briefe enthält). Vgl. Schreiber, Abraham G. als Reformator des Judentums (Löbau i. W. 1880).

3) Karl Joseph, Maler, geb. 14. Dez. 1822 zu Wien, besuchte die Akademie und die Schule Führichs und trat dann mit zahlreichen historischen, allegorischen und religiösen Kompositionen auf. Unter diesen sind besonders zu nennen der Votivaltar in St. Stephan zu Wien, die Malereien im Palais Kinsky und in der Börse daselbst, der Vorhang im Carl-Theater u. a. Außerdem ist der sehr fruchtbare Künstler besonders mit Anfertigung von Zeichnungen für Holzschnittwerke beschäftigt.

4) Lazarus, Sprachphilosoph, geb. 21. Mai 1829 zu Frankfurt a. M. von jüdischen Eltern, zeichnete sich schon als Knabe durch hervorragende geistige Begabung aus. Dem Kaufmannsstand, für welchen er aus Rücksichten der Konfession bestimmt war, bald entfremdet, besuchte er das Gymnasium seiner Vaterstadt, studierte hierauf in Bonn, Heidelberg und Würzburg die orientalischen und klassischen Sprachen und übernahm 1861 eine Lehrstelle der deutschen Sprache, mathematischen Geographie und des Hebräischen an der israelitischen Realschule zu Frankfurt, die er bis zu seinem 29. Aug. 1870 erfolgten Tod mit Auszeichnung bekleidete. Den Mittelpunkt seiner Forscherthätigkeit bildeten Untersuchungen über die Begriffsgesetze der Sprache und den Zusammenhang der letztern mit der Vernunft, welche ihn zu dem Ergebnis führten, daß vor der Sprache der Mensch vernunftlos gewesen sei, daß die Sprache ein Naturprodukt und daß der Gesichtssinn bei der Sprachbildung der maßgebende Sinn, viel wichtiger als das Gehör sei. Diese Anschauungen hat er in geistreicher Weise in seinen beiden an fruchtbaren neuen Gesichtspunkten, freilich auch an gewagten Hypothesen reichen Hauptwerken: "Ursprung und Entwickelung der menschlichen Sprache und Vernunft" (Stuttg. 1868-72, 2 Bde.) und "Ursprung der Sprache" (das 1869, 2. Aufl. 1878), ausgeführt. Kleinere Schriften sind: "Über Umfang und Quelle der erfahrungsfreien Erkenntnis" (1865); "Über den Farbensinn im Altertum" (1867); "Über deutsche Schriftsprache und Grammatik" (Frankf. 1870); "Zur Entwickelungsgeschichte der Menschheit" (2. Aufl., Stuttg. 1878) u. a. In der letztgenannten Schrift suchte er unter anderm die Annahme zu begründen, daß die Ursitze der indogermanischen Völker nicht, wie gewöhnlich angenommen wird, in Asien, sondern in Mitteldeutschland zu suchen seien. Vgl. Peschier, L. G.; sein Leben und Denken (Frankf. 1871); Rosenthal, L. G. (Stuttg. 1883).

5) Ludwig, Sohn von G. 2), Litterar- und Kulturhistoriker, geb. 5. Juni 1848 zu Breslau, studierte in Heidelberg, Göttingen und Bonn Geschichte und Litteraturgeschichte, setzte dann seine Studien (besonders zur Geschichte des Humanismus) eine Zeitlang in Paris fort und lebt seit 1870 in Berlin, wo er sich 1873 als Privatdozent an der Universität habilitierte und 1880 zum außerordentlichen Professor ernannt wurde. Er schrieb: "Das Studium der hebräischen Sprache in Deutschland vom Ende des 15. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts" (Bresl. 1870); "Nikolaus Ellenbog, ein Humanist und Theolog des 16. Jahrhunderts" (Wien 1870); "Johann Reuchlin, sein Leben und seine Werke" (Leipz. 1871); "Geschichte der Juden in Berlin" (Berl. 1871, 2 Bde.); "Petrarca" (Leipz. 1874); "Deutsche Satiriker des 16. Jahrhunderts" (Berl. 1878); "Renaissance und Humanismus in Italien und Deutschland" (in Onckens Geschichtswerk, das. 1881 ff.); "Firlifimini und andre Kuriosa" (das. 1885). Auch gab er Johann Reuchlins "Briefwechsel" (Stuttg. 1876, Litterarischer Verein) heraus. Außerdem ist G. Herausgeber des "Goethe-Jahrbuchs" (Frankf. a. M. 1880-86, Bd. 1-7, jetzt Organ der Goethe-Gesellschaft); der "Vierteljahrsschrift für Kultur und Litteratur der Renaissance" (Leipz. 1885 ff.) und der "Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland" (Braunschw. 1886 ff.).

6) Nikolaus, Bildhauer, geb. 6. Dez. 1849 zu Lauingen a. d. Donau, bildete sich an der Münchener Akademie unter Knabl und wandte sich 1873 nach Berlin, wo er zuerst als Ornamentist arbeiten mußte. Mit den Arbeiten für das Palais des Herrn v. Tiele-Winckler gewann G. rasch einen Namen. Für den Speisesaal lieferte er einen Kinderfries in Hochrelief, ein andres Werk in demselben Gebäude ist die Kolossalgruppe: Heimdall. Nach einem längern Aufenthalt in Italien ließ er sich in München nieder, wo er sich neben der Bildhauerkunst auch der Malerei widmete. Als Maler kultivierte er teils das antike Genre (Würfelspiel im Bade), teils das moderne Sittenbild (die Sünderin). Seine plastischen Arbeiten aus der letzten Zeit, unter denen sich neben Porträtbüsten auch Entwürfe für die Kunstindustrie befinden, haben einen stark malerischen Zug. Im J. 1884 siedelte er wieder nach Berlin über.

Geijer, Erik Gustaf, ausgezeichneter schwed. Geschichtschreiber, geb. 12. Jan. 1783 in der Provinz