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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Genossenschaft dramatischer Autoren und Komponisten; Genossenschaften

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Genossenschaft dramatischer Autoren etc. - Genossenschaften.

Genossenschaft dramatischer Autoren und Komponisten, eine auf Selbsthilfe gegründete Vereinigung von deutschen Autoren und Komponisten (bez. Erben und Rechtsnachfolgern derselben), wurde 17. Mai 1871 in Nürnberg gegründet und hat ihren Sitz in Leipzig, wo sie 12. Juli d. J. als juristische Person eingetragen wurde. Ursache der gemeinsamen Aktion der Autoren war die Erkenntnis der vielfachen Übelstände im Verkehr zwischen Autoren und Bühnenleitern. Dem entsprechend ist Gegenstand der Thätigkeit der Gesellschaft: 1) die gemeinsame, auf Kosten der Genossenschaft zu bewirkende Wahrnehmung der Rechte aller Mitglieder bezüglich der öffentlichen Aufführung ihrer Werke; 2) die Erleichterung und Sicherung des Geschäftsverkehrs der Mitglieder durch die Genossenschaftsagentur; 3) die allgemeine Einwirkung auf die Theatergesetzgebung und die Verkehrsverhältnisse mit den Bühnenvorständen etc. Der Vorstand der Genossenschaft besteht aus drei in Leipzig wohnenden und drei auswärtigen Mitgliedern. Ein Leipziger Sachwalter versieht als Syndikus die juristische Praxis, ein besoldeter Direktor die Leitung des Büreaus, welches die Agenturgeschäfte betreibt. Mitglied der Genossenschaft kann jeder Urheber eines zur Aufführung bestimmten dramatischen oder musikalischen Werkes werden (Eintrittsgeld 15 Mk., Jahresbeitrag 9 Mk.). Offizielles Organ der Gesellschaft ist "Die neue Zeit. Wochenschrift" (Leipz., seit 1872). 1884-85 betrug die Mitgliederzahl 229, das Vermögen der G. 11,683 Mk., der Umsatz 88,145 Mk.

Genossenschaften, im weitern Sinn Verbindungen von Personen, welche zur Erreichung gemeinschaftlicher Zwecke Kapital und Arbeitskräfte einschießen. Solche Verbindungen haben sich schon in den ältesten Zeiten gebildet; die alten Feldgemeinschaften, wie sie in vielen Ländern vorkommen, die Markgenossenschaften und die Handwerkerverbindungen zur römischen Kaiserzeit waren ebenso G. wie die im Mittelalter entstandenen Gilden und Zünfte der Kaufleute und des Handwerkerstandes. Bei den G. tritt, zum Unterschied von den Handelsgesellschaften, bei denen reine Kapitalbeteiligungen vorkommen, die Person mit ihrer Verantwortlichkeit mehr in den Vordergrund. Der Begriff ist allerdings je nach der Entwickelung der Praxis und der Verschiedenheit der Gesetzgebung ein schwankender. Es gibt G., bei denen die Zugehörigkeit der Person durch die Natur der Sache, durch Lage und Beschaffenheit von Gegenständen bedingt ist (verschiedene landwirtschaftliche G., wie Meliorations-, Deich-, Be- u. Entwässerungsgenossenschaften, Waldgenossenschaften). Die Zahl der Mitglieder solcher G. ist von vornherein eine bestimmt gegebene, oder ihre durch Teilungen oder Vereinigungen von Besitz hervorgerufene Veränderung hat keinen Einfluß auf den Kreis der genossenschaftlichen Wirksamkeit. Es gibt ferner G., bei denen die Haftpflicht der Mitglieder von derjenigen der Mitglieder einer Aktiengesellschaft sich überhaupt nicht unterscheidet; solche, bei welchen die Genossen sich am genossenschaftlichen Leben durch Arbeit nicht mehr beteiligen als der Aktionär an der Aktienunternehmung; endlich freie G. neben Zwangsgenossenschaften, bei denen der Wille der Majorität oder des Gesetzes den Beitritt erzwingt, den Austritt verhindert (Waldschutzgenossenschaften, landwirtschaftliche Meliorations-, Be-, Entwässerungsgenossenschaften, Deichgenossenschaften oder Deichverbände). Daher ist der Begriff nur länderweise je nach den gesetzlichen Bestimmungen über die verschiedenen Gruppen von G., dann auch nach der Besonderheit der einzelnen Gebiete genossenschaftlicher Wirksamkeit bestimmt zu geben. Allerdings denkt man gewöhnlich, wenn von G. schlechthin die Rede ist, an solche, welche im Gegensatz zu den alten Zünften sich auf dem Weg freiwilliger Vereinigung bilden, um durch ihre Vereinigung die Vorteile des Großbesitzes und des Großbetriebes zu erreichen.

Das Genossenschaftsrecht.

Der Zahl und dem Geschäftsumfang nach stehen heute die gewerblichen Zwecken dienenden, auch im Gebiet des landwirtschaftlichen Gewerbebetriebes anwendbaren G., insbesondere die Kredit- oder Vorschußvereine, in erster Linie. In Deutschland war der Rechtsboden derselben vor ihrer besondern gesetzlichen Regelung ein durchaus unsicherer. Letztere erfolgte durch Schaffung eines besondern Genossenschaftsrechts, um dessen Begründung Schulze-Delitzsch sich hervorragende Verdienste erworben hat. Vor allem war es nötig, daß die G. die Rechte einer juristischen Persönlichkeit erlangen können. Dies ermöglicht das norddeutsche Bundesgesetz vom 4. Juli 1868 (seit 1873 gültig für das ganze Deutsche Reich). Nach demselben können Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, welche die Förderung des Kredits, des Erwerbes oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes bezwecken, die Rechte einer eingetragenen Genossenschaft erwerben. Alle andern Gesellschaften und Vereine sind in das Genossenschaftsregister nicht eintragbar, also nicht G. im Sinn des genannten Gesetzes (Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften). Die Firma muß eine von andern Firmen desselben Ortes deutlich unterschiedene, die Bezeichnung "eingetragene Genossenschaft" führende Sachfirma sein. Staatliche Genehmigung ist für Begründung und Einregistrierung nicht erforderlich, dagegen muß der schriftlich abzufassende Gesellschaftsvertrag (Statut) bestimmten gesetzlichen Erfordernissen genügen. Zur Erleichterung der Abfassung eines solchen Statuts hat Schulze-Delitzsch Musterstatuten veröffentlicht. Das Geschäftskapital ist ein nach der wechselnden Mitgliederzahl veränderliches. Dasselbe wird zunächst durch die Geschäftsanteile gebildet, welche jedes Mitglied bis zu statutenmäßig bestimmter Höhe einzuzahlen hat. Diese Anteile sind, um eine größere Beteiligung kleiner Leute zu ermöglichen, meist niedrig bemessen; auch können sie in Raten entrichtet werden. Im letztern Fall werden jedoch Gewinnanteile nicht ausgezahlt, sondern dem Geschäftsanteil so lange zugeschlagen, bis derselbe seine statutenmäßige Höhe erreicht hat. Gewinn und Verlust werden bei Vorschußvereinen in der Regel nach Höhe der Geschäftsanteile verteilt, während bei andern G. die Gewinnverteilung nach dem Umsatz die Regel bildet. Die Mitgliedschaft erlischt durch Tod, freiwilligen Austritt oder durch Ausschließung. Die G. haben Kaufmannseigenschaft, ihr Geschäftsbereich kann sich auf die Mitglieder beschränken, jedoch auch auf Nichtmitglieder ausdehnen. Das deutsche Gesetz verlangt ausschließlich unbeschränkte Haftpflicht, während andre Länder sich für das Wahlsystem entschieden haben und der Gesellschaft überlassen, ob sie sich mit beschränkter oder mit unbeschränkter Haftbarkeit konstituieren will. Dabei gilt im Zweifelsfall in England und Frankreich die beschränkte, in Belgien, den Niederlanden und der Schweiz die unbeschränkte Haftpflicht als normal. Ehe die G. rechtlich anerkannt waren, waren ihre Mitglieder nach gemeinem Recht solidarisch haftbar. Nach dem preußischen Gesetz vom 27. März 1867 hafteten sie mit ihrem Vermögen solidarisch erst, in-^[folgende Seite]