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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Genu; Genua

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Genu - Genua.

Metternichs und seiner Politik umstürzen könne, und mit Leidenschaft eiferte er gegen alles, was Europa aus seiner Grabesstille aufzuschrecken drohte. Diese reaktionäre Richtung vertrat er namentlich in den 1818 von ihm gegründeten "Wiener Jahrbüchern der Litteratur" und in dem "Österreichischen Beobachter", der früher eine entschieden liberale Richtung verfolgt hatte. Obwohl sich seit dem Wiener Kongreß, wo ihm von England aus eine hohe Pension zugesichert ward, seine regelmäßigen Einkünfte auf über 22,000 Thlr. beliefen, hinterließ G. bei seinem 9. Juni 1832 erfolgten Tod bedeutende Schulden, so daß seine hohen Gönner noch nach seinem Tod für ihn eintreten mußten. Selten hat wohl ein im Dienste der Diplomatie stehender Mann ein so verschwenderisches Leben geführt wie G., der die Großmächte je nach dem Betrag ihrer Zahlungen bediente und die bezogenen Summen in der üppigsten Schwelgerei ausgehen ließ. Im Haschen nach Genuß erlaubte sich seine Genialität so ziemlich alles, was seinem Egoismus zusagte, und die "Weltverachtung", welche das eigentliche Element seiner Lebensauffassung ausmachte, führte ihn endlich zur völligen Gleichgültigkeit gegen Gesetz, Sitte und gesellschaftliche Stellung, zu einer erbärmlichen Selbstsucht und Feigheit, die vor jedem aufsteigenden Gewitter in Zittern und Beben geriet. Sein unbestrittenes litterarisches Verdienst beruht in der Kunst der Darstellung, die ihn den ersten Prosaikern anreiht. Er war ein Meister des Stils, von wenigen erreicht, von keinem übertroffen, gleich ausgezeichnet durch Klarheit der Entwickelung und durch begeisterndes Pathos der Rede. Das österreichische Manifest von 1813 ist ein Denkmal politischer Beredsamkeit, wie es wenige gibt; seine "Fragmente" enthalten Ausführungen und patriotische Mahnungen, welche an Fichtes "Reden an die deutsche Nation" erinnern, und seine Briefe an Adam Müller sind wahre Perlen des Geistes und stilistischer Vollendung. Von seinen größern Schriften nennen wir noch das historische Gemälde: "Maria, Königin von Schottland" (Braunschw. 1799, neue Aufl. 1827); das französisch geschriebene Buch "Essai actuel d'administration des finances de la Grande-Bretagne" (Hamb. 1801); "Über den politischen Zustand Europas vor und nach der französischen Revolution" (Berl. 1801-1802, 2 Hefte); "Betrachtungen über den Ursprung und Charakter des Kriegs gegen die französische Revolution" (das. 1801). Nach seinem Tod wurden seine "Ausgewählten Schriften" von Weick (Stuttg. 1836-1838, 5 Bde.) und seine kleinern Schriften (Mannh. 1838-40, 5 Bde.) sowie "Mémoires et lettres inédites" (Stuttg. 1841) von Schlesier herausgegeben; außerdem erschienen: seine "Briefe an Chr. Garve" (Bresl. 1857); sein Briefwechsel mit Adam Müller (Stuttg. 1857); "Briefe an Pilat" (Leipz. 1868, 2 Bde.); "Briefe politischen Inhalts von und an G.", aus den Jahren 1799-1827 (hrsg. von Klinkowström, Wien 1870); "Aus dem Nachlaß Friedrichs v. G." (hrsg. von Prokesch-Osten, das. 1867, 2 Bde.); "Dépèches inédites de Chev. de G. aux Hospodars de Valachie 1813-28" (hrsg. von Prokesch-Osten, Par. 1876); "Zur Geschichte der orientalischen Frage. Briefe aus dem Nachlaß Friedrichs v. G." (Wien 1877) sowie seine "Tagebücher" aus dem Nachlaß von Varnhagen v. Ense, von 1800 bis 1826 reichend (Leipz. 1873-74, 4 Bde.). Vgl. die Biographie von R. Haym in Ersch und Grubers "Encyklopädie"; Karl Mendelssohn-Bartholdy, Friedrich v. G. (Leipz. 1867); Schmidt-Weißenfels, Friedrich v. G. (Prag 1859, 2 Bde.); Fournier, G. und Cobenzl (Wien 1880).

2) Wilhelm, Maler, geb. 9. Dez. 1822 zu Neuruppin, hatte bereits mehrere Semester die Universität besucht, als er sich im 21. Jahr entschloß, zur Malerei überzugehen. Er besuchte die Akademie zu Berlin, bildete sich daneben in Klöbers Atelier und studierte dann neun Monate lang auf der Antwerpener Akademie, worauf er sich 1846 über London nach Paris begab. Hier trat er in das Schüleratelier P. Delaroches ein, das damals unter der Leitung von Gleyre stand. Im J. 1847 reiste er nach Spanien und nach Marokko; im Februar 1848 kam er nach Paris zurück. Hier malte er den verlornen Sohn in der Wüste, eine lebensgroße Figur, begab sich aber sodann über Marseille und Malta nach Ägypten und dem Sinai; den Rückweg nahm er über Kleinasien, den griechischen Archipel, Konstantinopel und Wien. Im J. 1852 lebte er in Berlin, und hier entstanden seine ersten Bilder orientalischen Lebens, ein Sklavenmarkt und eine ägyptische Schule; allein wenig damit zufrieden, wandte sich G. wieder nach Paris und schloß sich diesmal dem Coutureschen Atelier an. Er malte hier zwei religiöse Bilder mit lebensgroßen Figuren, Christus und Magdalena bei Simon und Christus unter den Zöllnern, um dann dies Gebiet für immer zu verlassen. Seit 1858 wieder in Berlin, schuf er eine lange Reihe orientalischer, zumeist ägyptischer, Darstellungen, welche durch charakteristische Auffassung und glänzende Färbung auf den akademischen Ausstellungen ungeteilten Beifall fanden. Die Zahl seiner Bilder ist sehr groß; bald ist die Landschaft, bald sind die Figuren überwiegend, in allen aber ist der Charakter von Land und Volk scharf ausgeprägt. Die bedeutendsten derselben sind: Sklaventransport durch die Wüste; Lager der Mekkakarawane; Gebet der Mekkakarawane; Begegnung zweier Karawanen in der Wüste; Nillandschaft mit Flamingos (1870); Märchenerzähler bei Kairo; Totenfest bei Kairo; Dorfschule in Oberägypten; Schlangenbeschwörer (1872); der Einzug des Kronprinzen von Preußen in Jerusalem (1876, Berliner Nationalgalerie); ein Koranspruch als Heilmittel; Markt in Algier (1879); Gedächtnisfeier des Rabbi Isaak Barchischot in Algier (1881, Museum in Leipzig); Idyll in der Thebaide (1883) und Abend am Nil (1884). G. ist ein Kolorist ersten Ranges, der namentlich die Wirkungen des Sonnenlichts mit großer Meisterschaft darzustellen weiß. Durch mehrere Reisen nach Ägypten und Palästina hat er auch später noch sein Studienfeld erweitert. Er besitzt die große goldene Medaille der Berliner Kunstausstellung und ist königlicher Professor.

Genu (lat.), Knie; G. valgum, Bäckerbein, X-Bein; G. varum s. extrorsum, Säbelbein, O-Bein.

Genua (ital. Genova, franz. Gênes), ital. Provinz in der Landschaft Ligurien, grenzt im S. an das Mittelmeer, das hier den großen Golf von G. bildet, im W. an die Provinzen Porto Maurizio und Cuneo, im N. an Alessandria und Pavia, im O. an Massa e Carrara, ist 4072 qkm (nach Strelbitskys Berechnung 4194 qkm = 76 QM.) groß und umfaßt den nördlichen Teil der sogen. Riviera di Ponente und die ganze Riviera di Levante, d. h. den schmalen Küstenstrich am Golf von G. bis nördlich über den Apennin. Die Provinz entspricht im wesentlichen dem alten Ligurien und der spätern Republik G., welch letztere sich allerdings nördlich noch weiter ausdehnte, und wird im W. von den Ausläufern der Seealpen, im östlichen Teil vom Ligurischen Apennin (1600 m hoch) durchzogen. Die Zuflüsse des Mittelmeers sind Küstenflüsse von kurzem, reißendem Lauf, wie Bisagno und Magra; die an der Nordseite des