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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Geramb; Geraniaceen; Geranium; Geraniumöl

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Geramb - Geraniumöl.

ligen Dreiecke A C G und A H E, für deren Seiten die Proportion gilt:

AH : AC = AE : AG oder

AH = (AC · AE) / AG = (AC · AE) / 2a.

AC · AE ist aber ein konstantes Produkt aus veränderlichen Faktoren, denn es ist

AC · AE = (AJ - CJ) (AJ + CJ) = AJ² - CJ² = (AD² - DJ²) - (CD² - DJ²) = AD² - CD² = b² - e²;

somit erhalten wir

AH = (b² - e²) / 2a,

also konstant. Es ist also auf ganz elementarem Weg nachgewiesen, daß der Punkt E wirklich eine Gerade beschreibt. Dieser Mechanismus ist indessen zu kompliziert, als daß er in der Praxis die einfachern angenäherten Geradführungen verdrängen könnte, die zwar keine wirkliche Gerade, jedoch eine von der Geraden nur ganz wenig abweichende Linie ergeben.

Bei den angenäherten Geradführungen wird die genaue gerade Linie durch eine Kurve ersetzt, welche dieselbe mehrere Male, etwa 3-5mal, schneidet und sich zwischen den Schnittpunkten der Geraden möglichst innig anschmiegt. Hierher gehört Watts Lemniskoidenlenker (Fig. 2), bei dem A und B feste Punkte sind, um welche die Stangen A C und B D schwingen können, während E der auf der Linie C E D liegende gerade geführte Punkt ist. Vielfach bei Dampfmaschinen ist die Evanssche G. angewendet worden, für Druckpressen der sogen. Hypocykellenker, welcher darauf beruht, daß die Peripheriepunkte eines Rades, welches in einem andern von doppeltem Radius rollt, gerade Linien beschreiben. Der Reichenbachsche oder Konchoidenlenker ist namentlich bei Wassersäulenmaschinen angewendet worden. Die Werke über Maschinenbau und Kinematik zählen eine sehr große Zahl brauchbarer angenäherter Geradführungen auf.

^[Abb.: Fig. 2. Watts Lemniskoidenlenker.]

Geramb, Ferdinand von, Generalprokurator des Trappistenordens, geb. 17. April 1772 aus einem ungarischen Adelsgeschlecht, ward 1812 zu Husum in Dänemark von französischen Gendarmen ergriffen und auf Befehl Napoleons, der ihm die Abfassung mehrerer Proklamationen (1807) an die Wiener nicht vergessen konnte, in Vincennes, dann in La Force in Haft gehalten. Hier trat er 1816 in dem Kloster Port du Salut bei Laval in den Trappistenorden und bewies so viel Eifer, daß er schließlich zum Generalprokurator desselben ernannt wurde. Er wallfahrtete als solcher nach Jerusalem (1831-33) und starb 15. März 1848 in Rom. Seine "Pélerinage à Jerusalem et au mont Sinaï en 1831-33" (Par. 1836, 4 Bde.; 12. Aufl. 1874) wurde in viele Sprachen übersetzt (deutsch, 3. Aufl., Augsb. 1847).

Geraniaceen (Storchschnabelgewächse), dikotyle Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Gruinales, Kräuter und Stauden mit meist knotig gegliederten Stengeln und gegen- oder wechselständigen, gestielten, meist handförmig gelappten bis geteilten, selten gliederten Blättern, an deren Grund zwei grüne oder trockenhäutige Nebenblätter sitzen. Die Blütenstände bilden Dichasien mit Wickeltendenz. Die Blüten sind vollständig, regelmäßig, selten zygomorph, fünfzählig und haben einen doppelten Staubblattkreis mit monadelphischen Staubgefäßen. Die Frucht ist eine aus fünf Teilen bestehende Kapsel, deren Fächer samt den mit ihnen zusammenhängenden Griffelanteilen sich von unten nach oben von der Blütenachse ablösen und sich nach oben spiralig oder bogenförmig einrollen, worauf die Samen aus den an der Innenseite geöffneten Kapselfächern ausfallen. Vgl. Baillon, Histoire des plantes, Bd. 5 (Par. 1877); R. Sweet, Geraniaceae (Lond. 1820-26, 3 Bde.). Die G. sind in den gemäßigten Zonen der ganzen Erde verbreitet; sie enthalten gegen 350 Arten in nur vier Gattungen, von denen Geranium und Erodium am weitesten verbreitet und auch in Europa vertreten sind, während Pelargonium und Monsonia vorzugsweise dem Kap der Guten Hoffnung angehören. Aus einigen kapischen Pelargonien gewinnt man ätherisches Öl. Manche Arten von Pelargonium sind beliebte und dankbare Zierpflanzen.

Geranium L. (Storchschnabel), Gattung aus der Familie der Geraniaceen, einjährige und ausdauernde Kräuter mit gegenständigen, gestielten, meist rundlich gelappten Blättern, zu zweien auf langem Stiel stehenden Blüten und fünfteiligen Kapseln. G. Robertianum L. (Roberts- oder Ruprechtskraut, Rotlaufskraut, Gichtkraut), mit aufrechtem, ästigem, rauhhaarigem, bis 45 cm hohem Stengel, drei- bis fünfschnittigen Blättern, zweiblütigen, nach der Blüte fast niedergebogenen Blütenstielchen und rosenroten Blumenblättern, ist in ganz Europa häufig, riecht widerlich, schmeckt herb salzig und wurde früher arzneilich benutzt. Ebenso G. sanguineum L. (Blutkraut, rote Hühnerwurz), mit 30 cm hohem, sparrig ästigem, nebst den Ästen und Blütenstielen rauhhaarigem Stengel, kreisförmigen, fünfteiligen Blättern, einblütigen, nach dem Blühen fast niedergebogenen Blütenstielchen und lebhaft rosenroten Blüten, wächst auf sonnigen Hügeln und Bergen, an Waldrändern und in lichten Laubwäldern; mehrere Arten werden als Zierpflanzen kultiviert.

Geraniumöl, verschiedene rosenartig riechende ätherische Öle. Südfranzösisches G. (echtes G., Rosenblattgeraniumöl, Palmarosaöl) wird aus Blättern u. Blüten von Pelargonium radula durch Destillation mit Wasser gewonnen, ist farblos, auch gelblich, grünlich oder bräunlich (letzteres besonders geschätzt), erstarrt bei 16°, besteht im wesentlichen aus Geraniol C10H18O ^[C_{10}H_{18}O] und dient wie das algierische G. aus Blättern und Blüten von P. roseum und P. odoratissimum als Surrogat und zum Verfälschen des Rosenöls, wird aber selbst wieder mit dem ätherischen Öl von Andropogon-Arten verfälscht. Türkisches G. (Idris Yaghi, Rosé, Roshe Oil) wird aus einem Gras (Andropogon Pachnodes) angeblich in Mekka gewonnen und kommt über Smyrna und Bombay in den Handel. Es ist gelblich, dünnflüssig, riecht angenehm gewürzhaft und erstarrt nicht leicht. Alle diese Öle riechen täuschend wie Rosenöl, werden häufig mit Lemongrasöl verfälscht und sind erst, seit sich die Kultur der Geranienarten mehr verbreitet hat, leichter rein zu erlangen.