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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Germanisches Nationalmuseum

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Germanisches Nationalmuseum.

mit großer Wahrscheinlichkeit zugeschrieben wird, sind noch 725 Verse übrig; nach ihnen zu schließen, war G.' Übersetzung gelungener als die Ciceros. Außerdem sind von G. noch Fragmente eines ähnlichen, nach dem Griechischen bearbeiteten Gedichts unter dem Titel: "Diosemeia" oder "Prognostisa" vorhanden. Auch sind noch einige lateinische und griechische Epigramme erhalten, welche ihn vielleicht zum Verfasser haben. Die Gedichte des G. erschienen zuerst gedruckt Bonn 1474, dann Venedig 1488 und 1499. Der beste Abdruck ist von Orelli besorgt, hinter dessen Ausgabe des Phädrus (Zür. 1831), und von Breyßig (Berl. 1867). Vgl. Peterek, G. (Trezemeszno 1843); Zingerle, De Germanico Caesare Drusi filio (Trient 1867); v. Wietersheim, Der Feldzug des G. im J. 16 n. Chr. (Leipz. 1850); Höfer, Der Feldzug des G. im J. 16 n. Chr. (Bernb. 1884).

Germanisches Nationalmuseum, ein deutsches Nationalinstitut, welches den Entwickelungsgang der deutschen Kultur in allen ihren Richtungen anschaulich darlegen soll. Es wurde 16. Aug. 1852 auf einer zu Dresden unter dem Vorsitz des spätern Königs Johann tagenden Versammlung deutscher Geschichts- und Altertumsforscher auf Antrag des Freiherrn Hans v. Aufseß gegründet. Nach mancherlei Verhandlungen wurde Nürnberg zum Sitz des Museums bestimmt. Aufseß stellte seine große Bibliothek und seine umfangreichen Sammlungen dem Museum für zehn Jahre unentgeltlich zur Verfügung und übernahm die Leitung der Anstalt. Als er nach zehn Jahren von der Vorstandschaft zurücktrat, welche seit 1866 der Baurat Professor A. Essenwein führt, wurden seine Sammlungen für das Museum angekauft. Die bayrische Regierung erklärte die Anstalt für unverletzlich und verlieh ihr die Rechte einer juristischen Person; sie überwacht als oberste Kuratelbehörde die Stiftung, zu deren Weiterentwickelung bisher die ganze deutsche Nation, voran die Fürsten und Regierungen, ihnen folgend Tausende aus allen Ständen ohne Unterschied des Stammes, der politischen Parteistellung und des religiösen Bekenntnisses, durch ein- und mehrmalige und durch Jahresbeiträge geholfen hat. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes steuerte unter Beistimmung des Reichstags eine Dotation von jährlich 18,000 Mk. bei, welche Summe vom deutschen Reichstag auf 48,000 Mk. erhöht wurde. Im ganzen hat das Museum gegenwärtig ein Jahreseinkommen von etwa 120,000 Mk. Nach einer 1872 erschienenen, von Essenwein verfaßten Denkschrift über "die Aufgaben und die Mittel des Germanischen Museums" soll die Aufgabe desselben erreicht werden: 1) durch Aufstellung möglichst reichhaltiger kunst- und kulturgeschichtlicher Sammlungen; 2) durch eine damit verbundene historische und archäologische Bibliothek sowie ein Archiv; 3) durch Katalogisierung und Nutzbarmachung der vorhandenen Schätze sowie durch Repertorien in Schrift und Bild, in denen, im Anschluß an die eignen Sammlungen, auch wichtiges anderwärts vorhandenes Material aufgezeichnet ist; 4) durch Veröffentlichung gelehrter und populärer Schriften. Eine zweite, 1884 erschienene Denkschrift berichtet über den seitherigen Fortgang und die Abrundung der Sammlungen, die noch einige Millionen Mark beansprucht.

Die kulturgeschichtlichen Sammlungen sind in 32 Gruppen zerlegt, von welchen der größte Teil dem großen Publikum zugänglich ist, die andern für die Spezialforscher reserviert sind. Manche Abteilungen sind noch relativ unbedeutend, während andre, schon jetzt großartig, wohl ohnegleichen dastehen. Die ersten 13 Gruppen umfassen Werke der Architektur, Skulptur, Malerei und der vervielfältigenden Künste. Bei der Sammlung interessanter baulicher Überreste mußte man sich auf Fragmente beschränken; doch verdient die Sammlung von Fußboden- und Wandbelegplatten, von Öfen, Ofenkacheln und Schlosserarbeiten besondere Beachtung. Der Entwickelungsgang der architektonischen Ornamentik kommt in etwa 500 Gipsabgüssen zur Anschauung. Sehr groß ist auch die Sammlung von Abgüssen der Monumentalplastik und der Grabdenkmäler. Aus der Kleinplastik sind sehr viele Originale in Bronze, Elfenbein, Alabaster, Speckstein, Holz, Perlmutter, Wachs etc. vorhanden. Die Siegelsammlung zählt über 13,000 Exemplare. Die Sammlung der Medaillen und Münzen gehört zu den glänzendsten Partien des Museums. Malerei und vervielfältigende Künste sind durch 7 Gruppen vertreten, welche Mosaik, Wand- und Glasmalerei, Gemälde im engern Sinn, Miniaturmalerei, Handzeichnungen, Holzschnitte und Kupferstiche enthalten. Die Gemäldegalerie besitzt einen reichen Schatz von Bildern der altdeutschen Schulen und eine der interessantesten Sammlungen von Glasgemälden vom 12.-19. Jahrh. Das Kupferstichkabinett enthält die frühsten Holzschnitte. Die Denkmäler der Poesie und Musik sind der Bibliothek zugeteilt, doch bilden die musikalischen Instrumente und eine Anzahl Noten- und Chorbücher eine eigne Sammlung. Die astronomischen, geographischen, mathematischen und chirurgischen Instrumente formieren eine eigne Abteilung, die zu den bedeutendsten ihrer Art gehört. Dazu ist eine Reihe von Werken mit ausgestellt, welche jene Instrumente aus der Vereinzelung herausreißen und dem Publikum eine gewisse Übersicht über Umfang und Entwickelungsgang der verschiedenen Wissenschaften geben. Besonders wertvoll ist auch die Sammlung von Geweben, Spitzen und Stickereien, welche den Entwickelungsgang dieser Technik von der römischen Periode bis zum Beginn unsers Jahrhunderts aufweist. Die Monumente der häuslichen Abteilung (ca. 3500 Nummern) zeigen uns das häusliche Leben in allen seinen Beziehungen. Die Herstellung altdeutscher Wohnräume der verschiedenen Stilperioden und Gegenden ist zur Zeit im Gange. Die Waffen sind durch ca. 2000 Nummern vertreten. Außerdem findet sich in einer Modellsammlung auch Material für das Studium des Trains und der für Marsch und Belagerung einem Heer nötigen Apparate. Die nächste Gruppe bilden die Denkmäler des Staats- und Rechtslebens. Diese Gebiete sind zwar idealer Natur und nicht in Denkmälern verkörpert; doch sind die Insignien Denkmäler, die uns jene Gebiete vor Augen führen. Von den Reichskleinodien des römisch-deutschen Reichs sind allerdings die Originale nicht in Nürnberg; dagegen besitzt das Museum die Einrichtung des ehemaligen Sitzungssaals des Frankfurter Bundestags sowie die auf das 48er deutsche Parlament bezüglichen Gegenstände: die Bibliothek und eine Reihe von Dekorationsstücken und Mobilien aus der Paulskirche. Weitere zwei Abteilungen umfassen die Denkmäler des Handels, Erwerbs- und Verkehrswesens, ferner Post- und Botenanstalten, die im deutschen Handelsmuseum, einer selbständigen Stiftung des deutschen Kaufmannsstandes, vereinigt sind, sowie des Zunftwesens. Die letzte Gruppe bilden endlich die vorchristlichen und frühmittelalterlichen Denkmäler. Hervorzuheben ist die Rosenbergsche Sammlung von Steingeräten und Steinaltertümern. Für mehrere Abteilungen sind Spezialkataloge (s. unten), für das ganze Museum ein