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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gherardi del Testa; Gherardini; Ghetto; Ghezzi; Ghibellinen; Ghibérti

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Gherardi del Testa - Ghiberti.

Dichter und darstellende Künstler dasselbe zum Gegenstand genommen. Den übriggebliebenen Söhnen und Enkeln Ugolinos gelang es, bald wieder zu Glanz und Ansehen zu kommen, wie denn schon 1316 Gaddo und 1329 Rieri Donoratico G. wieder an der Spitze der Verwaltung in Pisa standen. Bonifazio G. war Capitano von Pisa, als die Republik das Joch des berühmten Castruccio Castracani und des Kaisers Ludwig des Bayern abwarf (1329), erwarb sich durch seine weise Verwaltung das Vertrauen seiner Mitbürger und schloß einen ehrenvollen Frieden mit der guelfischen Ligue. Eine Verschwörung des Adels gegen die Freiheit der Bürger unterdrückte er (1335). Er starb 22. Dez. 1340. - Sein Sohn Rainerio, den die Pisaner zum Capitano ernannten, starb schon 1348, worauf die Familie ihre politische Bedeutung verlor. Mitglieder derselben leben noch in Florenz.

Gherardi del Testa, Tommaso, ital. Lustspieldichter, geb. 1818 zu Terriciuola im Gebiet von Pisa, studierte die Rechte zu Pisa und ließ sich dann als Advokat in Florenz nieder. Im J. 1848 kämpfte er gegen die Österreicher bei Montanara, dann bei San Silvestro, wo er in die Hände der Kroaten fiel, und wurde eine Zeitlang auf der Festung Theresienstadt gefangen gehalten. Einen schon vor Ausbruch der Revolution begonnenen Roman: "Il figlio del bastardo", gab er nachher zu Florenz heraus. Fortan aber wendete er sich dem Lustspiel zu. Die Lebhaftigkeit, Frische und Natürlichkeit des Dialogs bei toscanischer Reinheit der Sprache sowie die kecke Laune und der glückliche Humor seiner Erfindungen verschafften den ersten Versuchen sogleich einen bedeutenden Erfolg. Am populärsten sind aus dieser Epoche geworden: "Il sistema di Giorgio", "Cogli uomini non si scherza", "Il padiglione delle mortelle", "Il regno di Adelaide", "Il sistema di Lucrezia". Späterhin gab er seinen Komödien eine größere Vertiefung und verfolgte ernstere Zwecke, ohne von der ursprünglichen Wirkung seiner frischen Begabung etwas einzubüßen. Auch gestattete die nationale Wiedergeburt Italiens seit 1859 seinem Witz eine freiere Bewegung in politischer Richtung. "Le false letterate", "La moda e la famiglia", "Le scimmie", "La carità pelosa", "Le coscienze elastiche", "Oro ed orpello", besonders aber "Il vero blasone" und "Vita nuova" gehören dieser Richtung an. Seine ungemein zahlreichen Stücke erschienen gesammelt unter dem Titel: "Teatro comico" (Flor. 1856-58, 4 Bde.). Außerdem schrieb G. die Romane: "La farina del diavolo" und "La povera e la ricca" (1858), ein Sittengemälde, das hier und da an Gil Blas erinnert, sowie eine Anzahl sehr gelungener politischer Gedichte in der Weise Giustis. G. starb 13. Okt. 1881 auf seiner Villa bei Pistoja, wo er seit Jahren seinen Wohnsitz hatte.

Gherardini, Giovanni, ital. Sprachforscher, geb. 1778 zu Mailand, war erst als praktischer Arzt daselbst ansässig, beschäftigte sich aber mehr mit litterarischen und philologischen Studien, war 1806-14 Redakteur des "Giornale italiano", später Mitherausgeber der Mailänder Sammlung italienischer Klassiker und starb 8. Jan. 1861 daselbst. Sein Hauptwerk ist das umfassende "Supplemento al vocabolari italiani" (Mail. 1850-57, 6 Bde.), das in neuer Ausgabe unter dem Titel: "Vocabolario della lingua italiana, proposto a supplimento a tutti i vocabolari finora pubblicati" (das. 1878, 6 Bde.) erschien. Von seinen zahlreichen übrigen Arbeiten seien genannt: "Elementi di poesia ad uso delle scuole" (Mail. 1816, 3. Aufl. 1847) und "Appendice alle grammatiche italiane" (das. 1843, 2. Aufl. 1862). Auch als Dramatiker versuchte er sich, doch ohne Erfolg.

Ghetto (Getto, ital.), Judenviertel, Judengasse, in italienischen und orientalischen Städten der den Juden zur Wohnung angewiesene Stadtteil, wo sie abends eingeschlossen wurden. Das berühmte G. in Rom, das gegenwärtig beseitigt wird, errichtete Papst Paul IV. 1556. Auch deutsche Städte, wie Prag, Frankfurt a. M., Mainz u. a., hatten ihre Ghettos.

Ghezzi, Pietro Leone, ital. Maler, Radierer und Zeichner, geb. 1674 zu Rom, gest. 1755 daselbst, Schüler seines Vaters Giuseppe, war auch auf dem Gebiet der Fresko- und Emailmalerei thätig. Papst Benedikt XIV. ernannte ihn zum Direktor der Mosaizistenschule und der Galerien. Seinen Ruf verdankt er indessen seinem Geschick für die Karikaturzeichnung; er hatte die Gabe, seinen Personen trotz der Verzerrung der Gesichtszüge eine überraschende Ähnlichkeit zu geben.

Ghibellinen, im Mittelalter seit der Zeit der staufischen Kaiser Parteiname der Anhänger des Kaisers, im Gegensatz zu den Guelfen (s. d.) oder Welfen, den Verfechtern der päpstlichen Interessen. Über den Ursprung dieser Benennungen gibt es verschiedene Angaben. Nach italienischem Bericht sollen dieselben von zwei deutschen Brüdern in Pistoja, Guelf und Gibel, von denen es jener mit der päpstlichen, dieser mit der kaiserlichen Partei gehalten habe, herzuleiten sein. Dies ist gewiß unrichtig, aber ebensowenig verbürgt ist auch die Angabe späterer deutscher Chronisten, daß 1140 in der Schlacht bei Weinsberg zwischen König Konrad III., dem Staufen, und dem Herzog Welf VI. im Heer des erstern "Hie Waiblingen" (staufisches Hofgut im Remsthal), im Heer des letztern aber "Hie Welf" das Feldgeschrei gewesen, und daß die Parole sodann Parteibezeichnung in Deutschland und später seit den Kämpfen des Kaisers Friedrich I. mit dem Papst und den lombardischen Städten auch in Italien geworden sei. Nach Sepp ist der Name aus Gibello entstanden, mit welchem Worte die Araber in Sizilien den Namen Hohenstaufen übersetzten. Die Italiener gebrauchten die Form "Ghibellinen" und benannten damit alle diejenigen, welche für den Kaiser in die Schranken traten, während die national-italienische, den fremden Machthabern abgeneigte und deshalb an den Papst sich anschließende Partei die der Guelfen hieß. Der Kampf zwischen beiden Parteien, der ganz Oberitalien in zwei feindliche Heerlager spaltete, überdauerte die Herrschaft der Staufen, und dieselben Benennungen wurden nun auch für Gegensätze üblich, die mit ihrer ursprünglichen Bedeutung nichts zu thun hatten; häufig, z. B. in Florenz, ward der Adel als ghibellinisch und die Volkspartei als guelfisch bezeichnet. Erst lange nach dem Untergang der Staufen kamen im 14. Jahrh. die Namen mehr und mehr außer Gebrauch.

Ghibérti, Lorenzo, ital. Goldschmied, Erzgießer und Bildhauer, geb. 1378 zu Florenz, Sohn des Cione di Ser Buonaccorso, lernte die Goldschmiedekunst bei dem zweiten Mann seiner Mutter, Bartolo G., und daneben die Malerei, da er 1400, vor der Pest fliehend, nach Rimini ging, wo er für Pandolfo Malatesta Freskogemälde auszuführen begann. Im J. 1401 eilte er auf die Nachricht hin, daß eine Aufforderung an die ersten italienischen Bildhauer ergangen sei, sich durch eine Probearbeit um den Auftrag zu der nördlichen Bronzethür am Baptisterium in Florenz zu bewerben, nach seiner Vaterstadt zurück. G. trug den Sieg über