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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gildemeister; Gildezwang; Gilead; Giles; Gilet; Gilford; Gilgal; Gilge; Gilgen; Gilgenberg

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Gildemeister - Gilgenberg.

Zweck und ihren Bestandteilen geistliche und weltliche Genossenschaften und unter den letztern sogen. Schutzgilden freier Stadtbürger, die er "Altbürgergilden" nannte, ferner Kaufmannsgilden und Handwerkergilden. Insofern überhaupt die kaufmännischen städtischen Genossenschaften und die Zünfte als Gilden aufgefaßt wurden, konnte auch von einem Gildezwang die Rede sein, nach welchem Zugehörigkeit zur betreffenden G. die Voraussetzung für Handels- und Gewerbebetrieb bildete. Nitzsch ("Über die niederdeutschen Genossenschaften des 12. und 13. Jahrhunderts", im "Monatsbericht der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin", Jahrgang 1879, S. 4 ff.) hat dagegen nachgewiesen, daß G. etwas von jenen andern mittelalterlichen Genossenschaften wesentlich Verschiedenes, daß sie ein rein norddeutsches Institut war, im 12. Jahrh. in Norddeutschland an den Handelsplätzen als eine Vereinigung für Verkehrsinteressen, und zwar für alle an diesen beteiligten Einwohner eines Platzes, sowohl der Kaufleute und Krämer als der Handwerker, erscheint, die weder kirchlichen noch hofrechtlichen Ursprungs ist und zunächst keine Scheidung nach einzelnen Gewerben kennt. Stets hat sie exklusive Rechte des Verkehrs an ihrem Platz und eine vollständige Autonomie. Verkehrsgenossenschaften dieser Art waren in Süd- und Westdeutschland nicht vorhanden, wohl aber in England, auch unter dem gleichen Namen (vgl. Zunftwesen). Bekannt sind heute noch in Deutschland die bestehenden bürgerlichen Vereinigungen der Schützengilden.

Gildemeister, 1) Johann, Orientalist, geb. 20. Juli 1812 zu Klein-Siemen im Mecklenburgischen, studierte in Göttingen und Bonn Theologie und orientalische Sprachen, lebte dann ein Jahr in Leiden und Paris, um die dortigen Handschriftenbibliotheken zu benutzen, lehrte seit 1839 als Privatdozent, seit 1844 als außerordentlicher Professor orientalische Sprachen und wurde 1845 Professor der Theologie und orientalischen Litteratur in Marburg, 1848 auch Bibliothekar. Seit 1859 ist er Professor für orientalische, speziell semitische, Sprachen in Bonn. Von seinen Schriften sind zu nennen: "De rebus indicis scriptorum arabum" (Bonn 1838); "Der heilige Rock zu Trier" (mit Sybel, Düsseld. 1845); "Bibliothecae sanscritae specimen" (Bonn 1847). Auch gab er Kalidâsas "Meghadûta" und "Çringaratilaka" (Bonn 1841) heraus sowie die Neubearbeitung von Lassens "Anthologia sanscritica" (3. Aufl., das. 1868). Außerdem hat er wertvolle Abhandlungen zur Kenntnis der orientalischen Litteratur in der "Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes" und andern Zeitschriften veröffentlicht.

2) Otto, Bürgermeister der Freien Stadt Bremen, geb. 13. März 1823 zu Bremen als Sohn des Senators Friedrich G., widmete sich in Bonn 1842-45 philosophischen, historischen und philologischen Studien und trat, nach Bremen zurückgekehrt, in die Redaktion der damals neubegründeten "Weserzeitung", der er seit 1850 als Hauptredakteur vorsteht. Zwei Jahre später wurde er Sekretär des Bremer Senats, 1857 Mitglied des Senats und ward für die Perioden 1872-75, 1878-81 und 1882-87 Bürgermeister von Bremen. G. hat den Vorsitz im Senat und leitet die auswärtigen und Handelsangelegenheiten und die Finanzen seiner Vaterstadt. Er ist seit 1871 zugleich Vertreter seiner Vaterstadt im Bundesrat des Deutschen Reichs. Litterarisch machte er sich durch seine gehaltvollen Leitartikel in der "Weserzeitung" und zahlreiche Abhandlungen litterarischen und volkswirtschaftlichen Inhalts in Journalen, namentlich aber durch seine im ganzen und großen meisterhafte Übersetzung von Lord Byrons Werken (Berl. 1864, 6 Bde.; 3. Aufl. 1877) bekannt, der die Übersetzung einer Reihe Shakespearescher Dramen (darunter die Historien) für die Brockhaus-Bodenstedtsche Ausgabe sowie der Sonette Shakespeares (Leipz. 1871) und von Ariosts "Rasendem Roland" (Berl. 1882-83, 4 Bde.) nachfolgten.

Gildezwang, s. Gilde.

Gilead, ein im Altertum reichbewaldetes Gebirge in Palästina, jenseit des Jordans, zwischen dessen Zuflüssen Jabbok und Jarmuk, im Stammesgebiet Manasse, mit tiefen, engen, aber wasserreichen Thälern und schönen Weiden. G. heißt auch oft das ganze Ostjordanland, soweit es von Juden bewohnt war.

Giles (spr. dscheils), Ernst, Australienreisender, gebürtig aus Bristol in England, erhielt seine Erziehung in Christ's Hospital zu London und ging darauf nach Melbourne in Australien, wo er bis 1854 ein Regierungsamt bekleidete, machte dann mehrere kleine Reisen und unternahm, unterstützt durch F. v. Müller, 1872 seine erste große Reise von Chamber's Pillar im Zentrum von Australien westwärts, entdeckte den großen, von ihm Lake Amadeus benannten Salzsumpf und drang 1873-74 von der Peakestation des Überlandtelegraphen bis 125° östl. L. vor. Im J. 1875 durchzog er in der Richtung des 30.° südl. Br. einen noch ganz unbekannten Teil Westaustraliens unter den größten Entbehrungen, ging dann von Perth nordwärts und kehrte, das Land zwischen dem Wendekreis und 25° südl. Br. erforschend, zur Überlandtelegraphenlinie und von da nach Adelaide zurück, das er 29. Sept. 1876 erreichte. Seitdem lebt G. in Melbourne. Er schrieb: "Geographical travels in Central Australia" (Melbourne 1874) und "The journal of a forgotten expedition" (Adelaide 1880).

Gilet (franz., spr. schileh), Weste; ärmellose Jacke.

Gilet (franz., spr. schileh), Hasardspiel mit Pikettkarte unter vier Personen, wobei von jedem Teilnehmer zwei Einsätze gemacht werden, einer für den sogen. "Geh" (zwei gleiche Karten) und einer für die Augen. Jeder Spieler erhält drei Blätter; wer den höchsten Geh hat, zieht die hierfür bestimmten Einsätze, es sei denn, daß ein Dreiblatt heraus wäre. Das niedrigste Dreiblatt geht über den höchsten Geh. Wer die meisten Augen hat, gewinnt die andern Einsätze. Es steht jedem frei, auf seine Karte zu halten oder zu passen; ebenso darf "nachgeboten" (Einsatzerhöhung angeboten) werden.

Gilford (spr. gillförd), Fabrikstadt in der irischen Grafschaft Down, am Bann, unterhalb Banbridge, hat (1881) 1324 Einw. Dabei Tanderagee, Schloß des Herzogs von Manchester.

Gilgal, Ort in Palästina, zwischen dem Jordan und Jericho, bekannt als der erste Lagerplatz der einrückenden Israeliten; vielleicht auch der Ort, wo Saul zum König gesalbt wurde. Der Name bedeutet einen Steinkreis (Cromlech). Heute Tell Dscheldschul.

Gilge, der südliche Mündungsarm der Memel, der sich 8 km unterhalb Tilsit bei Kallwen abtrennt und in vier Mündungen ins Kurische Haff geht. Aus der G. führt der Seckenburger Kanal (s. Friedrichsgraben) zum Nemonien und vermittelt die Verbindung mit dem Pregel.

Gilgen, s. Iris.

Gilgenberg (Sankt G.), Irrenanstalt im bayr. Regierungsbezirk Oberfranken, Bezirksamt Baireuth, zum Dorf Donndorf gehörig, in hübscher und gesunder Lage. Nahebei das Lustschloß Fantasie (s. d.).