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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Gittelde - Giuliani.

pen der Division Tümpling in einem von Mitternacht bis gegen Morgen dauernden Straßenkampf genommen. Die preußischen Truppen kämpften hier gegen einen namentlich an Artillerie weit überlegenen Feind (14,000 Mann gegen 22,000). Die Schlacht kostete die Österreicher und Sachsen über 4000 Mann, worunter 2000 Gefangene; die Preußen verloren 160 Tote und 860 Verwundete. Der Sieg sicherte die Vereinigung der ersten Armee unter Prinz Friedrich Karl mit der zweiten Armee unter dem Kronprinzen; die Truppen von Clam-Gallas waren nach dieser Niederlage völlig unfähig zu weiterm Widerstand. Am 2. Juli bezog König Wilhelm von Preußen sein Hauptquartier in G. und übernahm den Oberbefehl über sämtliche Truppen. Hier wurde um Mitternacht, auf die Meldung des Prinzen Friedrich Karl hin, Kriegsrat gehalten und der Plan zur Schlacht bei Königgrätz (3. Juli) entworfen.

Gittelde (Gittel), Flecken im braunschweig. Kreis Gandersheim, 241 m ü. M., am Westfuß des Harzes und an der Linie Seesen-Osterode der Braunschweigischen Staatsbahn, hat 2 Kirchen, Sägemühlen, eine Spundfabrik, eine Flachsreinigungsanstalt und (1885) 1500 evang. Einwohner. Nahe dabei das Mundloch des Ernst-August-Stollens, welcher den Wasserabfluß der Bergwerke des Oberharzes sichert, und (nördlich) die Ruinen der Staufenburg, wo einst ein Vogelherd König Heinrichs I. gewesen sein soll, und wo Herzog Heinrich der jüngere seine Geliebte, Eva von Trott, verbarg. Seit dem 11. Jahrh. bis 1311 bestand hier ein Haus der Tempelherren.

Gitter, eine Umrahmung oder Umfriedigung eines Raums, ein Verschluß einer Fenster-, Thür-, Oberlicht- oder Dachlukenöffnung, welche durch eine rechtwinkelige oder schräge Durchkreuzung von Rundstäben oder Flachleisten oder von beiden zusammen gebildet werden. Das Material ist vorzugsweise Stein, Holz oder Metall. Am gewöhnlichsten ist die Verwendung von Schmiede- oder Gußeisen, im Mittelalter auch von Messing. Die aus Metall gefertigten Stäbe oder Leisten hielt man an ihren Schneidepunkten durch Bänder zusammen. In der Verschlingung dieser Stäbe wurde bald eine große Mannigfaltigkeit und Kunstfertigkeit erreicht. Die glatten Stäbe und Latten wurden dann später mit angeschmiedeten oder gegossenen Blättern, Blumen, Arabesken, Menschen- und Tierfiguren geschmückt, so daß die G. schließlich zu einem bedeutsamen Erzeugnis des Kunsthandwerks und mit dem größten Luxus ausgestattet wurden. Man fertigte G. zum Abschluß von Kapellen in Kirchen, zum Abschluß des Chors von den Schiffen, zur Umfriedigung der Grabdenkmäler in den Kirchen, zur Einfassung von Taufsteinen, Brunnen und öffentlichen Denkmälern an. In der Renaissancezeit wurden die G. auch in der Privatarchitektur allgemein und sind es auch bis jetzt in mannigfaltigster Verwendung als Thor-, Thür-, Fenster-, Grab- und Gartengitter geblieben. Zur Belebung der Eisenfarbe wird Vergoldung, Verkupferung, Vernickelung u. dgl. benutzt. Neben dem am meisten verbreiteten Guß von Gittern hat neuerdings auch wieder die Schmiedekunst bei der Anfertigung von Gittern große künstlerische Erfolge erzielt. Charakteristische Beispiele sind das gotische Gitterwerk am sogen. Quintin Massys-Brunnen in Antwerpen, die G. im Dom zu Freising, das G. am Grabmal Karls IV. im Dom zu Prag und das G. am Augustusbrunnen in Augsburg.

Gitterflügler, Ordnung der Insekten, s. v. w. Netzflügler (s. d.).

Gitterpflanze, s. Ouvirandra.

Gitterrost, s. Rostpilze.

Gitterschlange, s. Tigerschlange.

Gitterschwamm, Pilz, s. Clathrus.

Gitterspektrum, s. Beugung des Lichts, S. 842.

Gitterzellen, s. Siebröhren.

Giudecca (spr. dschudecka, Zueca), eine der Inseln von Venedig, im S. der eigentlichen Stadt gelegen und durch den Canale della G. von dieser getrennt. Früher ein vom Adel begünstigtes Quartier, ist es jetzt ein abgelegener Stadtteil mit etwa 3000 Einw., meist Fischern. Auf ihr liegt die berühmte Renaissancekirche Il Redentore, der vorzüglichste Kirchenbau Palladios, 1577 als Votivbau für das Erlöschen der Pest durch den Senat errichtet.

Giudicaria (ital., spr. dschu-), s. Judikarien.

Giudici (spr. dschuditschi), Paolo Emiliani, ital. Litterarhistoriker, geb. 13. Juni 1812 zu Mussomeli auf Sizilien, widmete sich dem Studium der Litteratur und erhielt 1848 eine Lehrkanzel an der Universität zu Pisa, verlor dieselbe aber beim Eintritt der politischen Reaktion nach wenigen Monaten wieder. Nun warf er sich ganz auf schriftstellerische Arbeiten und veröffentlichte seine sehr geschätzte "Storia della letteratura italiana" (zuletzt 1855, 2 Bde.). Auch eine "Storia del teatro italiano" begann er herauszugeben, von welcher jedoch nur der 1. Band (1860, später neu aufgelegt) erschienen ist, und welche ihren Gegenstand nur bis auf Lorenzo de' Medici verfolgt. Weiterhin betrieb er historische Studien, ging dem in zahllose ununterbrochene Fehden sich zersplitternden Leben der großen, kleinen und kleinsten italienischen Gemeinwesen der Vergangenheit nach und entwarf ein interessantes Bild davon in seiner "Storia dei comuni italiani", welche 1851 zu Florenz in 3 Bänden, aber arg von der Zensur verstümmelt, erschien und 15 Jahre später (1866), inhaltlich wieder ergänzt und formell neubearbeitet, ausgegeben wurde. Scharfsinn und gründliches Wissen zeichnen G. als Geschichtschreiber aus, doch wird sein Stil als inkorrekt angefochten. Er schrieb auch einen Roman: "Beppe Arpia" (1851), der nicht ohne Wert ist, und lieferte eine Übersetzung der englischen Geschichte Macaulays ins Italienische (1856, 2 Bde.). Erst die nationale Wiedergeburt Italiens verhalf ihm zu einer dauernden öffentlichen Anstellung als Professor der Ästhetik und Sekretär an der Akademie der schönen Künste zu Florenz; auch wurde er 1867 ins Parlament gewählt. Er starb während einer Reise in England 8. Sept. 1872 in Tunbridge.

Giugliano in Campania (spr. dschuljano), Stadt in der ital. Provinz Neapel, Kreis Casoria, hat ein Konservatorium für Waisenmädchen, Industrie, Handel und (1881) 11,748 Einw.

Giuliani (spr. dschu-), Giambattista, berühmter Dante-Erklärer und Philolog, geb. 4. Juni 1818 zu Canelli im Gebiet von Asti, widmete sich dem geistlichen Stand und lehrte sodann Mathematik und Physik an mehreren höhern Lehranstalten Italiens, zunächst in Rom, dann in Lugano, wo er 1841 einen "Trattato elementare di algebra" veröffentlichte. Um dieselbe Zeit wurde er durch Krankheit genötigt, seine Lehrthätigkeit zu unterbrechen, und fand erst in der milden Luft Neapels seine Gesundheit wieder. 1843 ging er wieder nach Rom und widmete sich von da an fast ausschließlich dem Studium Dantes. Im J. 1847 wurde ihm an der Universität zu Genua der Lehrstuhl der Moralphilosophie übertragen, welchen er später mit dem der geistlichen Beredsamkeit vertauschte. An den politischen Bewegungen der